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< Smart Metering: Vielseitige Lösungen für die neue Energiewelt
15.05.2014 09:30 Alter: 11 yrs

Wir brauchen mehr echte Direktvermarktung des grünen Stroms

Matthias Berz ist Geschäftsführer der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH (SWU) und Chef der VKU-Landesgruppe Baden-Württemberg. Im Interview äußert er sich zu den anstehenden Reformen auf dem Energiesektor.


Matthias Berz ist Geschäftsführer der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm GmbH (SWU) und Chef der VKU-Landesgruppe Baden-Württemberg. Im Interview äußert er sich zu den anstehenden Reformen auf dem Energiesektor.

 

Herr Berz, was erwarten Sie von der Energiepolitik der Großen Koalition?

Dass sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend reformiert. „Grundlegend“ heißt: Es wird nicht ausreichen, lediglich ein paar Stellschrauben zu verändern. Wir müssen das bisherige, auf Subvention gestützte System Stück um Stück auf den marktwirtschaftlichen Weg zurückbringen. Daher ist es dringlich, den Energiemarkt neu zu ordnen. 

Es muss auf diesem Markt eine Kapazitätskomponente eingeführt werden, damit konventionelle Kraftwerke wieder Geld verdienen können. Solche Kraftwerke sind zur sicheren Versorgung unabdingbar, wenn der Wind einmal nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Sicher verfügbare Leistung braucht wieder einen Preis, damit Kraftwerke, die Reserveleistung schnell und energieeffizient bereitstellen, rentabel betrieben werden können. Bleibt alles, wie es ist, wird doch kein Unternehmen mehr Geld in solche Kraftwerke investieren. Einen Investitionsstau jedoch kann niemand wollen, weil durch den beschlossenen Atom ausstieg schon in wenigen Jahren in beträchtlichem Maß gesicherte Kraftwerks leistung wegfallen wird. Süd deutsch land kann sich einen solchen Inves titionsstau am wenigsten leisten: Schon Ende 2015 geht das Kernkraftwerk Grafen rheinfeld vom Netz, Block B von Gundremmingen folgt 2017. 

Reformiert werden muss zudem die Berechnung der Netznutzungsentgelte. Denn immer mehr Eigenerzeuger sparen sich die Netzentgelte plus die zugehörigen Um lagen. Wenn die Eigenerzeugung aber einmal stillsteht, hätten sie ohne ihren Netz anschluss keinen Strom. Deshalb sollte es auch für Eigenerzeuger künftig ein Leistungs preismodell geben.

Inwiefern trifft ein solcher Investitionsstau die Energiewirtschaft bereits?

Zwei Beispiele aus der Region Ulm/Neu-Ulm sind bekannt, die aktuell nur stark gebremst weiterentwickelt werden. Das Pumpspeicherkraftwerk im Blautal westlich Ulms und das Gas- und Dampfturbinen kraftwerk Leipheim, ganz in der Nähe Gund remmingens gelegen, mit einer geplanten Leistung von 1200 Megawatt. Das sind allerdings Vorhaben, die selbst bei geänderten Rahmenbedingungen die Stadt werke Ulm/Neu-Ulm auf keinen Fall alleine stemmen würden. Um die beiden Vorhaben zusammen mit interessierten Partnern weiterverfolgen zu können, sind wir dabei, Projekt entwicklungsgesellschaften zu gründen.

Welche Folgen haben die geschilderten Probleme auf dem Erzeugermarkt für die Stadtwerke?

Die unmittelbare Folge ist, dass die SWU wegen der drohenden Verluste aus der Vermarktung des in ihren Kraftwerks beteiligungen Hamm und Lünen erzeugten Stroms Rückstellungen in zweistelliger Millionenhöhe bilden muss. Das belastet unsere Bilanz nun schon im dritten Jahr. Belastet wird aber ebenso der städtische Haushalt, weil die Städte Ulm und Neu-Ulm ihrer SWU unter die Arme greifen für die Zeit, bis der Markt neu geordnet ist – und dies, damit letztlich der Ulm/Neu-Ulmer Nahverkehr finanziert ist. Denn im Querverbund hat die SWU die Aufgabe, über Gewinne aus der Energie versorgung die Ver luste aus der Verkehrs sparte auszugleichen. Die geschilderte Lage trifft uns nicht alleine, sondern viele andere Stadtwerke, die ihre Strategie frühzeitig auf das Auslaufen der Kernkraft ausgerichtet hatten. Viel Zeit bleibt nicht, um den Energie markt umzugestalten. Denn das wollen wir doch alle: die Versorgung absichern, den Strompreis akzeptabel halten und die Energie wende meistern.

Wirtschafts- und Energieminister Gabriel will den Ausbau der regenerativen Erzeugung deckeln und die EEGFörderung zügeln. Und er will die Direktvermarktung von Ökostrom ausweiten. Wie bewerten Sie diese Reformvorschläge?

Die Vorschläge sind zu begrüßen. Vor allem muss regenerativ erzeugter Strom – unabhängig davon, ob aus großen oder kleinen Anlagen – künftig direkt dem Markt zugeführt werden. Dann nämlich konkurrieren die wirtschaftlichen Projekte mit den weniger wirtschaftlichen. Die Direktvermarktung, wie sie derzeit praktiziert wird, verdient diesen Namen nicht. Es ist Vermarktung ohne Marktrisiko: Zu dem garantierten EEG-Vergütungssatz gibt es einen Vermarktungs bonus obendrauf! Das alles läuft über den Spotmarkt. Eine gesicherte Lieferung und eine tragende Rolle im System sehe ich bislang nicht. Spätestens dann, wenn die ersten EEG-Anlagen aus der Förderung fallen, wird ein Direkt ver marktungs modell notwendig, das System ver antwortung honoriert. Es ist also sinnvoll und vorausschauend, so bald wie möglich ein Vermarktungssystem zusammen mit flankierenden Absicherungssystemen einzuführen, Stichwort: Optionen für abgesicherte Leistung zur Sicherung der Belieferung bei vorwiegend volatiler Erzeugung. Das gibt Planungssicherheit für künftige Investitionen und hilft, die kostengünstigsten Lösungen zu finden. Als möglichen Dienstleister für die Direktvermarktung von regional erzeugten Ökostrommengen sehe ich mittelgroße Stadtwerke durchaus.

www.swu.de