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09.09.2016 16:16 Alter: 8 yrs

Wetterwissen für Energieprognosen

Effizienz steigern, Risiken minimieren und Kosten sparen – diese Ziele für den Energiemarkt können mit Wetterdatenlösungen und -services erreicht werden.


Ein weltweit aufgestellter Player ist die EWC Weather Consult GmbH aus Karlsruhe. Hochwertige punkt- und zeitbezogene Wettermessdaten, meteorologische Kurz- und Mittelfristvorhersagen für Kunden aus dem Energiebereich gehören zum Leistungsportfolio. Diplom-Meteorologe Alexander Lehmann, Managing Director des Unternehmens und TV-Experte informiert im Gespräch zu Erwartungen und Anforderungen an zeitnahe Prognosen für die Energiebranche.

Herr Lehmann, was kann EWC dem Energiemarkt bieten?

EWC hat im Zuge der Liberalisierung sehr rasch erkannt, wie wichtig qualitativ hochwertige und branchenspezifisch aufbereitete Wetterdaten für diesen Sektor sind und hat deshalb einen eigenen Energie-Geschäftszweig aufgebaut. In diesem beschäftigen sich rund 20 Mitarbeiter mit der Optimierung von Erzeugungsprognosen mit Hilfe sogenannter Meta-Prognosen. Hierbei werden fortlaufend anhand von Ist-Daten die Stärken und Schwächen verschiedenster Modelltypen analysiert und zu einem Best-of-Mix verheiratet.

Zu unseren Hauptkunden gehören in erster Linie Unternehmen, wie Direktvermarkter und Netzbetreiber, für die fehlerhafte Prognosen bares Geld bedeuten. Aber es sind ebenso auch Stadtwerke, die unsere punkt- und netzbezogenen Prognosen im Zusammenhang mit der Bedarfsermittlung von Gas und Strom benötigen. Spezial- und Individuallösungen wie historische energiemeteorologische Zeitreihen für die Bereiche der Standort- und Netzplanung runden das Portfolio ab.

Warum sind optimierte Wetterprognosen in der Energiewirtschaft bares Geld wert?

Das hat diverse Gründe. Im Stromhandel liegt es auf der Hand. Weiß ich schon vorher und besser, in welche Richtung sich der Markt bewegt, dann kann ich mich entsprechend positionieren und davon finanziell profitieren. Unabhängig davon sind Erzeuger und Verbraucher im Sinne einer sicheren Stromversorgung verpflichtet, bestmögliche Prognosen abzugeben. Wer schlechte Prognosen einstellt, wird über die Ausgleichsenergiekosten bestraft. Der Haupttreiber aber ist die Tatsache, dass sich das Wetter eben nicht für jeden Tag, jede Stunde und schon gar nicht für jede Viertelstunde gleich gut vorhersagen lässt – Stichwort Chaostheorie - die kleinste Änderung im Ausgangszustand der Atmosphäre kann große Auswirkungen in der Zukunft haben. Genau deshalb aber rechnen sich optimierte Prognosen. Nicht umsonst gibt es immer mehr Unternehmen in der Branche, die entsprechendes In-house- Know-how aufbauen. Und wir können diesen Prozess unterstützen.

Welchen Vorteil bietet der EWC-Langzeitindex?

Das „Problem“ an den Erneuerbaren ist die mangelnde Vergleichbarkeit mit historischen Daten. 10 Stunden Sonnenschein im August werden immer 10 Stunden Sonnenschein bleiben und ein stürmischer Dezember ebenso. Die daraus resultierende Stromproduktion allerdings ist abhängig von der installierten Leistung und davon, wo die Anlagen stehen. Durch den enormen Erneuerbaren- Zubau der letzten Jahre hat sich dieser Aspekt der Nicht-Vergleichbarkeit noch erheblich verstärkt.

Mit unserem Langzeitindex machen wir die Erzeugungswerte aus Wind und Solar vergleichbar mit historischen Daten. Hierbei berechnen wir jeden Monat den Ertrag aus Solar- und Windenergieproduktion und setzen ihn dann ins Verhältnis zu den Erträgen aus den vergangenen mehr als 30 Jahren, und zwar immer bezogen auf die aktuell installierte Leistung. Dies hilft umgekehrt natürlich auch beim Blick in die Zukunft, wenn es um die Modellierung realistischer Zukunftsszenarien geht.

EWC gilt als der Wetterdienstleister mit den präzisesten Wetterdaten. Worauf beruht diese Einschätzung?

Bei Wetterprognosen ist es wie im Restaurant. Der Name auf der Speisekarte kann identisch sein, am Ende aber entscheiden Zutatenmix und Koch über die Qualität eines Gerichts. Und selbstverständlich freuen wir uns dann auch, wenn unsere Leistung anerkannt wird und wir positive Referenzen erhalten. Die Regel aber ist es leider nicht, denn meist werden wir zur Verschwiegenheit verpflichtet - eben weil die Prognosequalität wie auch die „Dienstleisterfarbe“ in den Prognosen einen Handelsvorteil bedeuten können.

Heute kauft kaum ein Energieunternehmen mehr die Katze im Sack. Dies heißt, dass wir im Normalfall viele der Kunden nur über einen Benchmark gewinnen können. Dabei werden über 3 bis 6 Monate unsere Prognosen mit jenen anderer Anbieter verglichen: Ein aufwendiger Prozess, aber zugleich eine gute Gelegenheit, unsere Qualität und damit den (Mehr-) Wert unserer Prognosen wirklich unter Beweis zu stellen – gerade dieser letzte Punkt ist ja bei Datensätzen nicht immer so einfach. Insofern sind Benchmarks für uns effektiver und wichtiger als Hochglanzbroschüren, in denen sowieso jeder Anbieter der jeweils beste und tollste ist.

Sie bieten auch Wetterwissen für Energieprognose-Manager an?

Fast überall in der Energiewirtschaft, wo es um Prognosen geht, fließen auch Wetterdaten und -prognosen mit ein. Ohne das entsprechende Hintergrundwissen ist es für einen Energieprognose-Manager nahezu unmöglich, all jene Optimierungspotenziale zu heben, die in der Verwendung von Wetterinformationen liegen. In der gleichnamigen Seminarreihe von EUROFORUM wird das nötige Basiswissen zum Thema Wetter vermittelt. Die Teilnehmer erfahren mehr über Datenquellen, die unterschiedlichen Modelle und wie Prognosen entstehen.

Praxisnah wird aufgezeigt, wo genau die Stellschrauben liegen, mit deren Hilfe Prognosen optimiert werden können. Ein kleines, aber effektives Beispiel ist die Berechnungsund Bereitstellungszeit der Prognosen. Je später eine Prognose berechnet wird, desto besser wird sie in der Regel sein. Werden die Daten aber früher als nötig vom Kunden angefordert und damit früher als nötig berechnet, verzichtet man - zwar ungewollt - aber unnötigerweise auf bessere Prognosen.

Warum plant EWC eine Kooperation mit dem Informationsdienstleister GET AG?

Die GET AG erfasst Entgelte von Energielieferanten sowie Netzbetreibern. Ebenso werden Informationen zur Wechselaktivität von Endkunden erhoben und im GET- eigenen Cockpit aufbereitet. Genau hier fließen nun auch unsere Wetterdaten ein. Durch die Kooperation besteht damit die Möglichkeit, unsere Wetterinformationen zusammen mit den von der GET AG aufbereiteten Energiemarktdaten dann über eine gemeinsame Schnittstelle zu erhalten. Wir versprechen uns somit eine Win-Win- Win-Situation. Für die Kunden, weil diese für die Wetterdaten keine zweite Schnittstelle benötigen. Für GET, weil diese ihre Datenvielfalt um die wichtige Komponente Wetter ergänzen. Für uns, weil wir über GET in kürzester Zeit deutlich mehr Unternehmen adressieren können.

Welche Empfehlung gibt der Experte den Akteuren der Energiewirtschaft in Sachen Wetterdaten?

Die Wetterbranche befindet sich gerade in einem Umbruch – die immer größer werdenden Rechnerkapazitäten eröffnen Möglichkeiten, von denen man noch vor wenigen Jahren nicht zu träumen gewagt hatte. Wer hier nicht am Ball bleibt und flexibel ist, wird den Anschluss verlieren. Insofern ist mein Rat, sich nicht zurückzulehnen, den Wettermarkt kontinuierlich zu sondieren, offen zu sein für Tests und wenn möglich, nicht nur einem, sondern einer Auswahl von Dienstleistern das Vertrauen zu schenken. Schon über eine ganz simple Kombination lassen sich Prognosen verbessern und gleichzeitig das Datenausfallrisiko minimieren.