Nachricht

< Wege öffnen für die Wasserstoff-Ökonomie
22.08.2023 14:55 Alter: 1 year

Wasserstoff-Betriebsversuch in Wiener Gasturbine gestartet

„Gemeinsam testen und forschen wir hier an einer neuen und klimaneutralen Art, unsere Kraftwerke zu betreiben und um die Dekarbonisierung des Gassektors voranzutreiben.“


Robert Koubek, Geschäftsführer VERBUND Thermal Power

Im Kraftwerk Donaustadt erfolgte die weltweit erstmalige Beimischung von Wasserstoff in eine Gasturbine. Beteiligte Projektpartner sind Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND. Gemeinsam realisieren sie eine Wasserstoff-Kooperation über Ländergrenzen. In einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin informiert Robert Koubek, Geschäftsführer von VERBUND Thermal Power über das gemeinsame Projekt.

Als Projektpartner arbeiten Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und VERBUND an der klimaneutralen Energiezukunft. Im Juli startete nun ein gemeinsamer Betriebsversuch in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage von Wien Energie, dem Kraftwerk Donaustadt. Dort mischen die Projektpartner erstmals Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas bei. Dieser Versuch ist weltweit der erste dieser Art an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen Anlage in dieser Leistungsklasse

Vernetzung der Energiesektoren entscheidend

Wasserstoff spielt für das Erreichen der Klimaziele und eine nachhaltige Dekarbonisierung eine entscheidende Rolle und gilt als ein Schlüssel-Energieträger auf dem Weg zur Klimaneutralität. Er lässt sich als sogenannter „grüner“ Wasserstoff unter Verwendung von Erneuer[1]barer Energie erzeugen, dadurch wird er komplett klimaneutral. Experten rechnen mit einem allmählichen Markthochlauf ab Anfang des nächsten Jahrzehnts. Zudem kann Wasserstoff auch ein Medium sein, um den Überschuss aus der Produktion von Erneuerbarer Energie zu speichern. Damit leistet er auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems und erhöht dessen Flexibilität. Da hohe Mengen an Erneuerbarer Energie oft in den Zeiten anfallen, in denen der Bedarf vielleicht eher gering ist, aber nicht zur Verfügung stehen, wenn es hohe Nachfrage gibt (Winter, Dunkelheit, niedrige Temperaturen, …), kann Wasserstoff als Ausgleich zwischen Bedarf und Angebot dienen.

Bis zu 15 Prozent Wasserstoffbeimischung

Man kann es durchaus so sagen, in Wien werden die Weichen für die Energiezukunft gestellt. Der Betriebsversuch im Kraftwerk Donaustadt ist ein Meilenstein für die Umstellung des Energiesystems auf klimaneutrale Quellen. Denn wir werden auch in Zukunft flexible Energieerzeugungsarten brauchen. Mit dem Versuch bis zu 15 Prozent Wasserstoff-Beimischung in eine Gasturbine kommen wir dem grünen Kraftwerk hier in Wien einen großen Schritt näher. Neben beantragten Förderungen im Rahmen des Programms „Vorzeigeregion Energie“ vom Klima- und Energiefonds investieren die Projektpartner gemeinsam rund 10 Millionen Euro in das Projekt. Von Mitte Juli bis Mitte September werden an mehreren Testtagen unterschiedliche Mengen an Wasserstoff beigemischt. Beginnend bei 5 Volumenprozent, steigern die Projektpartner im Rahmen des Versuchs den Wasserstoff-Anteil auf bis zu 15 Prozent. In einem Nachfolge-Projekt ist eine Steigerung des Anteils auf rund 30 Volumenprozent geplant. Ist der Versuch erfolgreich, soll im Ergebnis die Anlage für den Dauer[1]betrieb zertifiziert werden. Schon bei 15 Volumenprozent Beimischung von grünem Wasserstoff im Kraftwerk Donaustadt würden jedes Jahr rund 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Länderübergreifende Kooperation

Mit dem Versuch wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme Kopplungsanlagen auf grüne Gase gewinnen. Die Bedeutung des Versuchs geht weit über die Projektpartner hinaus. Als Kooperationspartner ist das Projekt für Michael Strebl, den Vorsitzenden der Wien Energie-Geschäftsführung ein Schritt, um für Wien bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Dafür braucht es neben den etablierten Technologien auch neue Ansätze. Der Wasserstoff Betriebsversuch im Kraftwerk Donaustadt ist dafür ein besonderer Meilenstein, um künftig grüne Gase in großen Kraftwerken einzusetzen. Mit dieser länderübergreifenden Kooperation werden zudem entscheidende Impulse für die Energiewende in ganz Europa gesetzt. Als Kooperationspartner sieht auch Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie in Köln die dekarbonisierte Wärmebereitstellung als einen der wichtigsten Bausteine für effektiven Klimaschutz. Der Betriebsversuch wird helfen, neue Wege für eine zukunftssichere Wärmeversorgung zu gehen.

Ähnliche Gasturbinen als Vorteil

Die Gasturbinen von Wien Energie, RheinEnergie und VERBUND sind nahezu baugleich. Sie erzeugen je nach Bedarf und Betriebsweise Strom und Wärme, die in Fernwärmenetze eingespeist werden kann. Kaum ein anderer Kraftwerkstyp ist so flexibel wie eine Gas-und Dampfturbinenanlage. Denn die Gasturbinen lassen sich schnell an- und abfahren. Damit gleichen die Turbinen Schwankungen im Stromnetz aus, die zwangsläufig durch die volatile Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom entstehen. Der Betriebsversuch wird an einer Gasturbine vom Typ SGT5-4000F vorgenommen. Dieser Anlagentyp trägt in seiner Klasse die Hauptlast der Versorgung am Strommarkt in Österreich und speziell für das gesamte Versorgungsgebiet Wien. Von dem im Kraftwerk Donaustadt eingesetzten Gasturbinenmodell sind allein in Europa über 115 Anlagen dieser Klasse mit einer installierten Leistung von mehr als 31 Gigawatt in Betrieb. In Köln steht sie am Standort Niehl (HKW Niehl 2, Inbetriebnahme 2005, Leistung 400 Megawatt). Wichtige Grundlage der Kooperation, dieser Gasturbinentyp ist bei allen beteiligten Unternehmen im Einsatz.

Wichtige Erkenntnisse für Energiezukunft

Der Plan dafür steht seit 2021, im Sommer 2022 wurde die Gasturbine in Wien für den Betriebsversuch umgerüstet. Für Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria ist dies ein wichtiges Zeichen, dass die Gasturbinen wasserstofffähig werden. Zudem kommt, dass der Turbinentyp, der bei diesem Versuch zum Einsatz kommt, besonders weit verbreitet ist. VERBUND erwartet wie alle beteiligten Unternehmen vom Betriebsversuch wichtige Erkenntnisse und Daten zur Effizienz und den Emissionen der Wasserstoffmitverbrennung über den gesamten Betriebsbereich. Denn diese Erkenntnisse sind zur Weiterentwicklung der wasserstofffähigen Gasturbinen-Komponenten und Kraftwerksinfrastrukturen hoch relevant. Die Experten der teilnehmenden Unternehmen werten die Ergebnisse bis Anfang 2024 gemeinsam aus und treffen daraus Folgerungen für die weitere Anpassung an neue künftige grüne Energieträger.

Das Kraftwerk Donaustadt in Wien ist eine der modernsten Kraft-Wärme[1]Kopplungsanlagen Österreichs. Hier wird jetzt eine der größten Gasturbinen Europas umgebaut. Mit dem Betriebsversuch einer Beimischung von Wasserstoff wollen die Kooperationspartner wichtige Erkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Quellen gewinnen. Das Kraftwerk wurde von Wien Energie 2001 in Betrieb genommen und erzeugt Wärme mit 350 Megawatt Leistung und Strom mit bis zu 395 Megawatt. Im kombinierten Betrieb liegt der Wirkungsgrad bei über 86 Prozent. Die Anlage ist damit besonders effizient. Im Jahr 2020 konnte das Kraftwerk Donaustadt umgerechnet Strom für 850.000 Haushalte und Wärme für mehr als 150.000 Haushalte produzieren.