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Wärme aus der Raffinerie
Für die Stadtwerke Karlsruhe bilden Nachhaltigkeit und Klimaschutz die Grundlage für die Glaubwürdigkeit und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Seit längerem arbeiten die Stadtwerke in einer Projektkooperation mit der Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) an der Nutzung von Prozessabwärme für die Fernwärmeversorgung der Stadt Karlsruhe. Dr. Karl Roth, Technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Karlsruhe beleuchtet im folgenden Beitrag den aktuellen Stand dieses Projektes und benennt die Vorteile für den Klimaschutz.
Pünktlich zum Winterhalbjahr 2015/2016 haben die Mineraloelraffinerie Oberrhein (MiRO) und die Stadtwerke Karlsruhe die zweite Ausbaustufe der Wärmeauskopplung aus der Raffinerie in Karlsruhe abgeschlossen. Die Nutzung von Prozessabwärme für die Fernwärmeversorgung hat die nächste Stufe erreicht, die Raffinerie speist jetzt auch überschüssige Niedertemperatur-Prozessabwärme aus dem Werkteil 1 in das Karlsruher Fernwärmenetz ein. Damit stammt nun mehr als die Hälfte der Karlsruher Fernwärme aus der Raffinerie.
Das Projekt mit Gesamtinvestitionen in Höhe von rund 24 Millionen Euro erhöht die Energieeffizienz der Raffinerie und die Versorgungssicherheit bei der Fernwärme. Den größten Nutzen hat die Umwelt: Da diese Wärme nicht extra erzeugt wird, entstehen auch keine zusätzlichen CO2- Emissionen und keine zusätzlichen Abgase. Es ist Wärme, die sowieso da ist. Daher macht diese Prozessabwärme die Karlsruher Fernwärmeversorgung noch umwelt- und klimaschonender.
Wärme für noch mehr Wohnungen
Bisher nutzten die Stadtwerke Karlsruhe rund 300.000 Megawattstunden Wärme aus dem Werkteil 2 der MiRO für die Fernwärmeversorgung. Mit der zweiten Ausbaustufe kommen weitere 220.000 Megawattstunden hinzu. Das entspricht einem Wärmebedarf von rund 43.000 Wohnungen. Aktuell versorgt das Unternehmen fast 32.000 Wohnungen mit Fernwärme. Hinzu kommt die Fernwärmeabgabe an Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Industrie in der gleichen Größenordnung.
Weiterer Ausbau des Fernwärmenetzes
Die zusätzliche Wärme aus der Raffinerie ist höchst willkommen: Fernwärme in Karlsruhe „boomt“. Seit 2011 konnten die Stadtwerke 11.000 Wohneinheiten und 270 Gewerbebetriebe mit insgesamt 103 Megawatt Wärmeleistung als neue Fernwärmekunden gewinnen. Die zuverlässige Wärmelieferung aus der Raffinerie ist eine Voraussetzung für den geplanten weiteren Ausbau der Fernwärmeversorgung und die Verdichtung entlang der bestehenden Leitungstrassen.
Zurzeit ist das Fernwärmenetz rund 180 Kilometer lang. In den nächsten Jahren kommen neue Leitungen nach Durlach und in die Rheinstrandsiedlung hinzu. Die Bauarbeiten für die 3. Fernwärme-Hauptleitung im Süden der Stadt sind inzwischen weitgehend abgeschlossen. Aktuell wird die Südschiene bis zum Hauptbahnhof verlängert und über mehrere Querspangen mit dem Bestandsnetz verbunden.
Wärme aus Abwärme
Das Heizwasser für die Karlsruher Fernwärme stammt nun zu über 90 % aus Kraft-Wärme- Kopplung bei der Stromerzeugung im Rheinhafen-Dampfkraftwerk der EnBW und aus Prozessabwärme der MiRO. Dort fällt Abwärme mit Temperaturen unter 130 °C an, die nicht wirtschaftlich genutzt werden kann, für die Fernwärmeversorgung aber ideal ist.
Diese Prozessabwärme wird vorrangig durch innovative Wärmetauscher, die für eine effektive Wärmeübertragung auf engstem Raum sorgen, aus den Anlagen der Raffinerie ausgekoppelt und über eine Transportleitung zur Fernwärmezentrale der Stadtwerke Karlsruhe im Heizkraftwerk West geleitet. Hier wird sie in das Fernwärme-Stadtnetz eingespeist. Diese Leitung wurde von vornherein so dimensioniert, dass sie nun auch die zusätzliche Wärme der zweiten Ausbaustufe transportieren kann.
Eine weitere Fernwärmeleitung führt von der Raffinerie über das Neubaugebiet Knielingen 2.0 nach Norden und endet im Neubaugebiet Kirchfeld-Nord. Sie beheizt die beiden neuen Karlsruher Wohngebiete auf militärischen Konversionsflächen komplett und nahezu CO2-frei mit Fernwärme aus der Raffinerie. Der Primärenergiefaktor des Karlsruher Fernwärme- Stadtnetzes liegt mit der zweiten MiRO-Ausbaustufe zukünftig bei ungefähr 0,30, die spezifischen CO2-Emissionen wurden auf rund 70 Gramm pro Kilowattstunde Heizwärme reduziert. Das ist ein Spitzenwert, so dass Fernwärme auch alle Anforderungen der Energie-Einsparverordnung und der Erneuerbaren Wärmegesetze des Landes und des Bundes erfüllt.
Beitrag zum Klimaschutz
Die Vorteile der erweiterten Wärmenutzung aus der Raffinerie liegen auf der Hand. Wärme aus der Raffinerie ist sowieso vorhanden, sie muss nicht extra erzeugt werden und ist daher quasi CO2-frei. Beide Unternehmen rechnen mit einer CO2-Einsparung von über 100.000 Tonnen pro Jahr - unter der Annahme, die verdrängte Wärme würde mit neuester Erdgas-Brennwerttechnik erzeugt. Damit ist die Wärmenutzung aus der Raffinerie zugleich das größte Karlsruher Umweltprojekt.
Trotz der hohen Investitionskosten ist die MiRO-Wärme nicht teurer als die anderen Wärmequellen, wird aber aufgrund des hohen Umweltvorteils bevorzugt ins Netz eingespeist. Wir verzeichnen eine Erhöhung der Versorgungssicherheit durch die weiteren Wärmequellen auf dem Raffineriegelände und sichern eine äußerst zuverlässige Wärmelieferung das ganze Jahr über. Auch für die Raffinerie ist das Ergebnis positiv, sie kann durch die Niedertemperatur-Abwärmenutzung eine Erhöhung der Energieeffizienz um bis zu fünf Prozent ausweisen.
Mit diesem Pilotprojekt für die Nutzung von industrieller Prozessabwärme in einem großen städtischen Fernwärmenetz geben wir eine Signalwirkung für andere Städte und Betriebe im In- und Ausland. Nicht zuletzt ist die Ressourcenschonung entscheidend, da die Fernwärme sonst mit fossilen Energieträgern oder in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt werden müsste. Mit der Nutzung von Prozessabwärme aus der Raffinerie werden zukünftig jährlich über 100.000 Tonnen CO2 vermieden.
www.stadtwerke-kalrsruhe.de