Nachricht
Verursacherprinzip statt kurzfristiger Reparaturlösungen
Für die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden sind die Wasserversorgung wie auch die Abwasserentsorgung unverzichtbar. Gerade letztere steht vor enormen Herausforderungen, wie der LDEW-Abwassertag vor einigen Tagen in Mainz belegte.
Die Diskussion zu Möglichkeiten und vor allem Grenzen weiterer Reinigungsstufen auf Kläranlagen steht auf der Tagesordnung.
Wir sprachen mit Horst Meierhofer, Geschäftsführer des LDEW-Landesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz e. V. zu wesentlichen Schwerpunkten der Fachtagung.
Foto: LDEW
Herr Meierhofer, was bestimmte die inhaltliche Diskussion auf dem nunmehr 5. LDEW-Abwassertag?
Ein Thema treibt aktuell die Abwasserentsorger aber auch viele Kommunalpolitiker und Bürgerinnen und Bürger in Hessen und Rheinland- Pfalz um: die Spurenstoffe und multiresistente Keime in unseren Gewässern. Zusätzliche Reinigungsstufen, Klärschlammverwertung, Energieeffizienz, Steuerrecht - der Branchentreff machte eines sehr deutlich: die Liste an Herausforderungen, vor denen die Abwasserentsorger kurz- und mittelfristig stehen, ist lang und wird immer länger. Deshalb waren sich die Experten einig, dass dringend eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber erforderlich ist, was Kläranlagen in Deutschland leisten sollen und was nicht.
Können Sie dies konkretisieren?
Spurenstoffe und multiresistente Keime auf Kläranlagen aus dem Abwasser zu entfernen, ist - wenn überhaupt in größerem Umfang möglich - enorm aufwendig und energieintensiv. Die Abwasserwirtschaft darf nicht als Reparaturbetrieb für die Versäumnisse der Verursacher missbraucht werden: Wenn wir nicht an der Quelle ansetzen, sprich die Hersteller von Produkten wie Medikamenten oder Industriechemikalien in die Verantwortung nehmen und die Verbraucher und Anwender nicht für einen umweltgerechten Umgang sensibilisieren, bekommen künftige Generationen die Quittung, sobald die technischen Möglichkeiten auf Kläranlagen an Ihre Grenzen stoßen. Eine 4., 5. und 6. Reinigungsstufe gibt uns lediglich ein Alibi, um die notwendigen, aber politisch vielleicht unangenehmeren Maßnahmen nicht angehen zu müssen.
Welche Forderungen stellt die Branche an die Politik?
Wollen wir den Großenergieverbraucher Kläranlage im Sinne des Klimaschutzes effizienter und möglichst energieneutral bekommen oder wollen wir auch noch den letzten nachweisbaren Spurenstoff aus dem Abwasser entfernen? Beides zusammen geht nicht. Alles, was gar nicht erst ins Abwasser gelangt, muss hinterher auch nicht aufwendig entfernt werden. Die Möglichkeiten für Energieeinsparungen auf Kläranlagen stoßen dagegen früher oder später an technische Grenzen.
Und wenn man schon punktuell Kläranlagen mit zusätzlichen Reinigungsstufen ausstattet, dann müssen wenigstens die Kosten hierfür verursachergerecht verteilt werden. Der Hersteller sowie der Nutzer bzw. Anwender einer Chemikalie oder eines Medikaments sind die Verursacher, nicht der Anwohner, der zufällig an einer der betroffenen Kläranlagen angeschlossen ist. Das heisst, gerade Pharmazieunternehmen, Industrie und Landwirtschaft müssen sich gerecht an den Kosten beteiligen. Ebenfalls wenig förderlich für die energetischen Bemühungen der Abwasserbetriebe ist die EEG-Umlage, die auch bei Eigennutzung von Klärgas zur Stromerzeugung gezahlt werden muss. Eine mehr als unsinnige Regelung. Dies muss endlich auch die Politik erkennen.
www.ldew.de