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Vertrauensanker und kompetente Systemmanager vor Ort
Die Bedeutung von Stadtwerken wird auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Sie sind bereits heute ein zentraler Bestandteil der deutschen Daseinsvorsorge und leisten einen wichtigen Beitrag für die Bewältigung aktueller Herausforderungen. Als kommunale Unternehmen stehen sie für Nachhaltigkeit und Gemeinwohl, übernehmen regionale Verantwortung und erbringen Wertschöpfung für den urbanen Raum.
Stadtwerke sind Vertrauensanker und kompetente Systemmanager vor Ort, unterstreicht Katherina Reiche, Geschäftsführendes Präsidialmitglied und Hauptgeschäftsführerin im Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) in Ihrem Gastkommentar.
Foto: Laurence Chaperon
Stadtwerke sind die Akteure des Wandels und werden in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Sie kennen als Systemmanager vor Ort die lokalen Bedürfnisse und Anforderungen am besten. Mit ihrer Hilfe werden die drängendsten Aufgaben Deutschlands auf kommunaler Ebene gelöst: Digitalisierung, Energiewende und Klimaschutz sowie der Erhalt leistungsfähiger und bezahlbarer Infrastrukturen. Mit ihren Leistungen sind Stadtwerke eine wichtige Säule für die zuverlässige Versorgung mit Strom und Gas. Im Jahr 2016 lag die Versorgungsunterbrechung bei Strom durchschnittlich bei 12,8 Minuten. Dieser Wert wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesenkt und liegt im europäischen Vergleich im Spitzenfeld.
Bürger vertrauen „ihren“ Stadtwerken
Ein Blick auf die Kennzahlen zeigt, dass Stadtwerke zu diesem Erfolg beitragen. Sie verantworten einen Großteil (45 Prozent) der Stromverteilnetze mit einer Länge von 1,7 Mio. Kilometern. Sie verteilen nicht nur Strom, sie produzieren auch eigenständig 66 Mrd. Kilowattstunden pro Jahr. Zusätzlich sind 334.000 Kilometer Gasnetz in ihren Händen. All diese Zahlen sind ein Merkmal von Verlässlichkeit. Das wird auch von den Bürgern belohnt: Laut einer forsa-Umfrage vertrauen 75 Prozent der Bevölkerung ihren Stadtwerken.
Wollen Stadtwerke auch künftig erfolgreich sein, müssen bereits jetzt die Weichen gestellt und Antworten auf das sich wandelnde Marktumfeld gefunden werden. Die Studie „Stadtwerke 2030“, sie wurde mit Unterstützung des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) von der Wirtschaftsprüfungsund Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) durchgeführt, identifiziert aktuelle Herausforderungen: sinkende Netzrenditen, intensiverer Wettbewerb, Regulierungsdruck und eine Veränderung der Netzinfrastruktur aufgrund der Energiewende.
Neue Anforderungen verlangen Kooperationen
Am besten kann diesen Anforderungen mit Kooperationen begegnet werden, so das zentrale Ergebnis der Studie. Diese helfen dabei Synergien zu nutzen und gemeinsam Lösungen umzusetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Effizienzsteigerung, Kostensenkung, Zugang zu weiteren Geschäftsfeldern, Wissenstransfer oder Minderung des Risikos, um nur einige zu nennen. Als Partner kommen dabei nicht nur andere Stadtwerke in Frage, auch Kooperationen mit branchenfremden Akteuren sind möglich.
Hierbei ist es wichtig, vorab klare Rahmenbedingungen und Gestaltungspielräume festzulegen. Kooperationen zwischen Stadtwerken sind zum Beispiel dort sinnvoll, wo standardisierte Prozesse ablaufen. Das kann die Abrechnung von Zählerdaten, das Zusammenschalten von Photovoltaikanlagen oder schlicht der Betrieb von Rechenzentren sein.
Wird gemeinsam nach einer Lösung gesucht und zusammen eine Plattform aufgebaut, spart es letztlich Ressourcen und hilft bei der Bewältigung komplexer, kontinuierlicher Aufgaben, etwa IT-Sicherheit. Die Zusammenarbeit mit externen Partnern macht dort Sinn, wo es aktuell noch Wissenslücken gibt und andere bereits über größeres Know-how verfügen. Ein solcher Bereich könnt die aktuell viel diskutierte Blockchain-Technologie sein.
Regulierungsdruck abbauen
Eine besondere Herausforderung ist der Regulierungsdruck. Aktuell erweist sich beispielsweise das in einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gestaltete Gemeindewirtschaftsrecht als Hindernis für den Aufbau von Kooperationen. Aber auch andere gesetzliche Vorgaben stellen eine Hürde dar, die angesichts der Herausforderungen möglichst niedrig gehalten werden sollten. Neben einem passgerechten gesetzlichen Rahmen, der zielgerichtete Anreize für Investitionen setzt, muss auch über die Finanzierung der entstehenden Kosten verhandelt werden. Denn die Energiewende und die damit verbundene Gestaltung der neuen Energiewelt stellen einen erheblichen Mehraufwand dar. Ein nächster Schritt ist der Einstieg in eine intelligente Sektorkopplung. Hier richtet die neue Bundesregierung den Fokus zu Recht auf Stadtwerke und Verteilnetzbetreiber. Sie stellen die Nahtstellen zwischen den Sektoren her: Kraft-Wärme-Kopplung und die aufeinander abgestimmten Infrastrukturen von Fernwärme, Erdgas und Strom bieten Möglichkeiten, die Klimaziele in anderen Sektoren zu erreichen. Dieser Umbau erfordert jedoch Investitionen in neue Technologien, Verfahren und Intelligenz. Für Stadtwerke, die mit sinkenden Renditen in der konventionellen Energieerzeugung zu kämpfen haben, ist das eine herausfordernde Situation.
Antworten auf Digitalisierung finden
Neben Energiewende und Klimaschutz stellt auch die Digitalisierung Stadtwerke vor neue Aufgaben. Die große Koalition hat das Ziel formuliert, jeder Haushalt soll bis 2025 über einen Glasfaseranschluss verfügen. Das schließt selbstverständlich auch ländliche Regionen mit ein, in denen der Ausbau nicht immer wirtschaftlich ist. Dafür braucht es neben gezielter Förderung auch passende Akteure. Stadtwerke können hier einen entscheidenden Beitrag leisten und die Rolle als Partner übernehmen. Digitalisierung heißt auch, IT-Sicherheit im eigenen Betrieb zu garantieren und mit Hilfe neuer Technologien eigene Ressourcen effizienter zu nutzen. Die Effizienzgewinne können dann in neue Produkte und Dienstleistungen investiert werden. Dafür braucht es Ideen, die richtigen Mitarbeiter, eine Innovationskultur, aber auch passende Rahmenbedingungen. Denn Bemühungen, mit der privatwirtschaftlichen Konkurrenz mitzuhalten, werden oftmals eingeschränkt bevor es richtig losgehen kann. Rechtliche Rahmenbedingungen, wie das bereits benannte Gemeindewirtschaftsrecht, setzen den Aktivitäten der Stadtwerke zu enge Grenzen.
Die deutsche Wirtschaft verändert sich unter dem Druck der Digitalisierung zusehends. Auch Stadtwerke müssen passende Antworten finden, um neu entstehende Chancen bestmöglich nutzen zu können. Am Ende hängt der Erfolg im digitalen Zeitalter weniger von der Größe ab, entscheidender ist Schnelligkeit, Flexibilität, Agilität und die Fähigkeit, neue Kooperationen einzugehen. Oberstes Ziel sollte es stets bleiben, den Menschen und der Wirtschaft vor Ort leistungsfähige Infrastrukturen und gute Produkte anzubieten.
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