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Verteilnetze spielen Schlüsselrolle bei Umsetzung der Energiewende
In Deutschland wird die starke Zunahme der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien insbesondere in lastschwachen Regionen zu einer wesentlichen Herausforderung der Energiewende. Lösungen für Netzausbau und Netzstabilität sind gefordert. Die Verteilnetze spielen dabei eine Schlüsselrolle. Der Geschäftsführer des größten regionalen Verteilnetzbetreibers in Ostdeutschland MITNETZ STROM, Dr.-Ing. Adolf Schweer, verdeutlicht in seinem Gastbeitrag die Aufgaben der Verteilnetze beim Umbau der Energieversorgung.
Rund 97 Prozent der installierten Leistung aus erneuerbaren Energien in Deutschland sind schon heute an die Verteilnetze, sprich an das Hoch-, Mittel- und Niederspannungsnetz angeschlossen. In Ostdeutschland wachsen die erneuerbaren Energien deutlich stärker als in anderen Regionen Deutschlands.
Das Netz der MITNETZ STROM hat eine Länge von rund 74.000 Kilometern. Es erstreckt sich über Teile der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien in unserem Netzgebiet stieg 2013 gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent auf rund 9,9 Milliarden Kilowattstunden. Dies entspricht einem Stromverbrauch von mehr als 3,8 Millionen Haushalten in Ostdeutschland pro Jahr. Die Zahl der Anlagen nahm 2013 um mehr als 10 Prozent auf über 34.000 zu. Die installierte Leistung erhöhte sich um mehr als 6 Prozent auf über 6.700 Megawatt. Damit ist die installierte Leistung doppelt so hoch wie die Maximal-Last des Netzgebietes. Im Gegensatz dazu ging die Einspeisevergütung an die Anlagenbetreiber leicht um rund 0,8 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro zurück. Ursache ist die zunehmende Direkt vermarktung erneuerbarer Energien. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Letztverbraucherabsatz in unserem Netzgebiet beläuft sich mittlerweile auf 65 Prozent. Die Ausbauziele der Bundes regierung für das Jahr 2035 sind folglich bei Mitnetz Strom bereits jetzt erreicht. Wir sind den anderen Regionen D e u t s c h l a n d s zwanzig Jahre voraus.
Steigende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in lastschwachen Gebieten
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein regionales Ungleichgewicht zwischen dem Norden und Osten und dem Süden und Westen Deutschlands festzustellen. Gerade in Ostdeutschland treten in Folge der raschen Zunahme der erneuerbaren Energien wesentliche Herausforderungen der Energiewende sehr viel früher und intensiver auf als in anderen Regionen der Bundesrepublik. Ein Beleg dafür ist die Entwicklung der im Netzgebiet der MITNETZ STROM durchgeführten Netzsicherheits- und System sicherheits-Abschaltungen von Einspeisern aus erneuerbaren Energien auf Grund von Netzengpässen. Im Jahr 2006 gab es lediglich eine Abschaltung. Im Jahr 2013 waren es bereits 159 Abschaltungen. Im laufenden Jahr liegen wir bei 105 Abschaltungen bis Ende Mai.
In zehn Jahren werden wir in Ostdeutschland 25.000 bis 45.000 Megawatt Einspeisung aus erneuerbaren Energien verzeichnen. Dem stehen aber nur 12.000 Megawatt Last gegenüber. Denn die Industriedichte ist hierzulande wesentlich dünner als in den großen Wirtschafts- und Ballungszentren in Westdeutschland. Lediglich vier Stromleitungen ermöglichen momentan den Transport des überschüssigen Stroms aus erneuerbaren Energien von Ost nach West. Die Netze von Polen und Tschechien nehmen diesen nicht mehr auf, da sie darauf nicht eingestellt sind. Erforderlich ist deshalb ein rascher Ausbau der Stromnetze. Dies gilt neben den Über tragungsnetzen, sprich den Höchst spannungsnetzen, auch und vor allem für die Verteilnetze, an die wie eingangs beschrieben ein Großteil der Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angeschlossen ist. Die Arbeitsgemeinschaft der ostdeutschen Verteilnetzbetreiber kommt in ihrem 2013 vorgelegten Netzausbauplan Ost zu dem Schluss, dass in den nächsten zehn Jahren allein rund 2.900 Kilometer Hochspannungs leitungen neu gebaut, ersetzt oder erweitert werden müssen. Hinzu kommen 38 ÜbergabeUmspannwerke an das Höchstspannungsnetz, die es neu zu bauen oder zu erweitern gilt.
Verteilnetze werden Flächenkraftwerke
Schon heute wird an manchen Tagen nicht nur die Last unseres Netzgebietes vollständig von Einspeisern aus erneuerbaren Energien gedeckt. Es werden auch noch bis zu 2.500 Megawatt an das Übertragungsnetz abgegeben. An solchen Tagen müssen die konventionellen Kraftwerke stark gedrosselt oder teilweise sogar abgeschaltet werden. Ein vollkommener Verzicht auf alle konventionellen Kraftwerke in Ostdeutschland ist aus Stabilitätsgründen noch nicht möglich. Dies führt dazu, dass die Verteilnetze mit den dezentralen Einspeisern zunehmend mehr Systemdienstleistungen erbringen müssen. Die Verteilnetze entwickeln sich damit zu Flächenkraftwerken. Die Verteilnetzbetreiber werden im Zuge dessen zu wichtigen Koordinatoren für System dienstleistungen. Zukünftig werden die dezentralen Einspeiser verstärkt über Datennetze und Kommunikationseinrichtungen aus dem Verteilnetz gesteuert werden. Dabei gewinnt die Daten- und Kommunikationssicherheit stark an Bedeutung, um unerwünschten Hackerangriffen vorzubeugen. Die Energiewende führt folglich zu einer Aufwertung der Verteilnetzbetreiber insbesondere in großflächigen, ländlichen Räumen. Dies gilt vor allem mit Blick auf die Aufrechterhaltung der Systemstabilität. Dies belegt auch die im Februar 2014 erschienene Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) „Systemdienstleistungen 2030“, an der MITNETZ STROM mitgewirkt hat. Eine verstärkte Zusammenarbeit von Verteilnetzbetreibern und Übertragungsnetzbetreibern ist deshalb nicht nur beim Thema Netzausbau, sondern auch beim Thema Systemstabilität erforderlich.
Systemdienstleistungen auf die Agenda setzen: 10-Punkte-Programm zur Systemstabilität
Die Arbeitsgemeinschaft der Verteilnetzbetreiber in Ostdeutschland hat deshalb mit dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz ein gemeinsames 10-Punkte-Programm zur Systemstabilität erarbeitet, welches in Kürze veröffentlicht wird. Das bundesweit wegweisende Programm enthält eine Reihe von Maßnahmen zur Wahrung der System stabilität. Der Bogen spannt sich von der Frequenzhaltung und Spannungshaltung über den Versorgungswiederaufbau bis zur Betriebsführung. Eine vergleichbare Verein barung gibt es bisher in keiner anderen Region Deutschlands.
www.mitnetz-strom.de