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Versorgungssicherheit gibt es nicht zum Nulltarif
Am 8. Januar 2021 stand Europas Stromnetz kurz vor einem Blackout. Ein massiver Frequenzabfall in Rumanien brachte das europaische Stromnetz an seine Grenzen. Noch konnten flachendeckende Ausfalle verhindert werden. Der Vorfall hat aber gezeigt, dass die europaische Zusammenarbeit auch im Ernstfall funktioniert und die Schutzmechanismen gegriffen haben. THEMEN!magazin sprach zum Ereignis mit Mag. Dr. Michael Strugl, Prasident der Interessenvereinigung von Osterreichs E-Wirtschaft.
„Das Stromsystem ist eine zentrale Säule unserer Volkswirtschaft und unsere Versorgungssicherheit – angesichts des enormen Schadenpotentials – ein hohes Gut. Sein Schutz hat in der E-Wirtschaft oberste Priorität. Mit dem Beschluss der Netzreserve wurde jetzt eine erste wichtige Maßnahme gesetzt – für eine langfristige Lösung braucht es aber weitere Schritte“.
Herr Präsident, wie bewerten Sie aus Sicht Ihres Landes den Störfall?
Noch läuft die Analyse der Daten durch die Vereinigung der europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E und die Suche nach dem Auslöser für den massiven Frequenzabfall. Nur durch automatische Schutzeinrichtungen und das Zusammenwirken der wesentlichen Marktakteure konnte die kritische Situation rasch beherrscht und eine Stunde nach dem Vorfall das normale Betriebsniveau wieder erreicht werden. Wesentliche Grundvoraussetzung für die Bewältigung der Störung waren die ausreichend vorhandenen Reservekapazitäten. Deutlich wurde aber auch, die EU-Vorgabe 70 Prozent der grenzüberschreitenden Kapazitäten für den Handel zu reservieren, ist in diesem Zusammenhang problematisch.
Welche Sicht hat Oesterreichs Energie auf den Störfall?
Dieser Störfall hat gezeigt, dass die Sicherheitsvorkehrungen schnell und zuverlässig wirken, aber auch, dass es Versorgungssicherheit nicht zum Nulltarif gibt. Auch wenn der Störfall nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Erneuerbaren Ausbau steht, erfordert die Transformation des Energiesystems in Richtung erneuerbare Energieträger deshalb mehr den Ausbau der Netzinfrastruktur und der Speicherkapazitäten sowie von Kraftwerksreserven, um die Versorgungssicherheit auch zu gewährleisten. Kritisch sehen wir ebenfalls die Anforderung von Seiten der europäischen Ebene, dass 70 Prozent der österreichischen Grenzkapazitäten dem Stromhandel zur Verfügung gestellt werden müssen. Denn durch seine geographische Lage ist Österreich eine wichtige Drehscheibe im europäischen Stromsystem – mit dieser Vorgabe müssen wir unsere Leitungskapazitäten ausreizen, so dass wenig Reserven für Krisenfälle zur Verfügung stehen.
Können Sie diese Aussage noch konkretisieren?
Im Jahr 2019 lag die durchschnittliche ungeplante Nichtverfügbarkeit von Elektrizität im österreichischen Stromnetz bei rund 25,14 Minuten pro Kunde. Damit ist eine Versorgungssicherheit von 99,99 Prozent für Österreich gewährleistet. Ein längerer großflächiger Ausfall würde einen enormen wirtschaftlichen Schaden bedeuten. Schätzungen zufolge belaufen sich die volkswirtschaftlichen Kosten für einen großflächigen Stromausfall in Österreich auf 1,18 Mrd. Euro pro Tag. Deshalb verlangen die Ausbaupläne im Netzentwicklungsplan eine Schärfung des Problembewusstseins und eine Verbesserung der Akzeptanz für diese Projekte in Österreich.
Herr Präsident, wir danken für das Gespräch.
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