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< Notwendiger Netzaus- und -umbau trotz sinkendem Energiebedarf
18.11.2014 12:36 Alter: 10 yrs

Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland ist notwendig

Die Energiewende kann nur erfolgreich sein, wenn auch eine "Wärmewende" erfolgt und die Wärmeversorgung tatsächlich als integraler Bestandteil des gesamten Energieversorgungssystems neu gedacht und strukturiert wird. Dieses Ziel begleitet das Zwanzig20 Forum „Masterplan Energiewende – Wärme neu gedacht!“. Mit Daniel J. Acksel, Forschungsreferent beim Leadpartner Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam sprachen wir zu Zielstellung und Aufgaben des Forums zum Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland unter Einbeziehung eines spezifischen ostdeutschen Fokus.


Foto und Grafik: Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Mit Daniel J. Acksel, Forschungsreferent beim Leadpartner Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ in Potsdam sprachen wir zu Zielstellung und Aufgaben des Forums zum Umbau der Wärmeversorgung in Deutschland unter Einbeziehung eines spezifischen ostdeutschen Fokus.

Herr Acksel, warum muss Wärme „neu gedacht“ werden?

Der Wärmesektor macht mehr als die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs der Bundesrepublik aus. Der Anteil der Erneuerbaren Energie in diesem Bereich beträgt bisher nur ca. 11 % (ca. 140 TWh/a) und bleibt hinter den Zielen der Bundesregierung und auch im Vergleich zum Stromsektor zurück. Hierbei birgt insbesondere die systemische Verknüpfung der Wärmeerzeugung, -verteilung und -speicherung mit den analogen Strukturen im Strommarkt ein erhebliches und bis dato wenig beachtetes Innovationspotenzial mit wichtigen Ansätzen zur Steigerung der Energieeffizienz durch Nutzung von Rest und Überschussenergie in quantitativ relevantem Umfang.

 

Welche Ziele verfolgt das Wärmeforum?

Das Zwanzig20 Forum „Masterplan Energiewende – Wärme neu gedacht!“ entwickelt Strategien und Handlungsoptionen für den zielgerichteten Einsatz von Innovationen aus dem Wärmesektor zur Realisierung einer „Wärmewende“. Dabei soll durch das Forum eine Innovations- und Informationsplattform zur Thematik „Wärme“ entstehen, die Entscheider und Nutzer mit der Wissenschaft und den technologisch innovativen Firmen sowie den Erzeugern von Wärme und Strom vernetzt. Der dazu notwendige Strategieprozess wird begleitet durch thematisch fokussierte Vorhaben, die systemrelevante Impulse geben und exemplarisch die zu erwartenden Wertschöpfungspotentiale belegen.

Dabei werden der Sanierungsrückstau und die vorhandenen Fernwärmenetze der Neuen Bundesländer berücksichtigt und systemangepasste Lösungen vorgeschlagen. Das Forum stellt ferner heraus, dass der Prozess der Wärmewende nicht nur einzelne Technologien, Komponenten oder Vermarktungsstränge des bestehenden Energieversorgungssystems erfassen sollte, sondern das System insgesamt neu strukturiert und kostenoptimiert verändert werden muss. Systemoptimierung geht vor Einzeloptimierung.

Neben der primären Aufgabe des Umbaus der Wärmeversorgung in Deutschland verfolgt das Forum auch ein strukturelles Ziel: Es soll die führende Position deutscher Unternehmen in diesem Technologiemarkt und dabei die besonders kleinteilig geprägte ostdeutsche Wirtschaftsstruktur durch ein auf Ostdeutschland ausgerichtetes Konsortium gestärkt werden.

Wer sind die Player im Forum?

Das Forum versteht sich als offene Cluster- Struktur und basiert auf einem Projektkonsortium mit über 100 Partnern, angeführt durch das Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. Alle vereint der Leitgedanke: „Keine Energiewende ohne Wärmewende“. Im Forum vertreten sind Forschungseinrichtungen, Universitäten sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft aus dem Energiesektor unter Beteiligung von Kommunen und Landkreisen.

Es ist eng vernetzt mit bestehenden Innovationsnetzwerken wie z. B. dem Cluster Energietechnik Berlin-Brandenburg. Dieses ist ein Innovationsnetzwerk der beiden Bundesländer mit dem Ziel, Informationen zu bündeln, Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zu vernetzen und F&E-Kooperationen anzustoßen.

Warum erachtet das Forum die Speicherung von Wärme als so wichtig?

Um dem Anspruch an Versorgungssicherheit im Wärmebereich auch zukünftig gerecht zu werden, ist die Integration von Speichertechnologien unverzichtbar. Diese sollen in der Lage sein, einerseits kurzzeitig mit geringer Trägheit Spitzen zu puffern und andererseits saisonal für eine zeitliche Entkopplung von Wärmeangebot und -verbrauch zu sorgen. Technologien zur Wärmespeicherung gehören zwar zu den Standardsystemen der Energietechnik, doch bewegen sich besonders die unkonventionellen Techniken wie z. B. „Phase Change Materials“ noch immer am Rande der Wirtschaftlichkeit.

Dagegen zeichnen sich thermische Aquiferspeicher durch hohe Speicherkapazitäten und hohe Wärmerückgewinnungsgrade im saisonalen Betrieb aus, und können sowohl als Wärmequelle als auch als Wärmesenke genutzt werden. In Deutschland ist auf ca. 70 % der Fläche eine Nutzung des Untergrunds als Aquiferspeicher mit einer Kapazität von je 1- bis mehrere 10 GWh, die saisonal abgerufen werden können, grundsätzlich möglich. Weitergehende Möglichkeiten zur Speicherung und gleichzeitiger Wandlung von Wärme/ Kälte/mechanischer Energie in Sorptionssystemen (z. B. Honigmann-Prozess) sind derzeitig noch wenig entwickelt.

 

Welche Rolle spielt das Thema Intelligentes Lastmanagement?

Netzgebundene Wärme stammt in Deutschland zu einem Großteil aus mit fossilen Brennstoffen betriebenen KWK-Anlagen und wird über Nah- oder Fernwärmenetze verteilt. Diese enthalten im Regelfall nur wenige Erzeugungseinheiten, die durch einen lokalen Wärmeversorger betrieben werden. Eine verstärkte Einbindung von Wärme aus regenerativen Energien verlangt neue Organisationsmodelle, die eine Öffnung der geschlossenen Netzstrukturen ermöglichen und eine Einspeisung dezentraler erneuerbarer Wärme erlauben. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Einspeisung in bestehende Netze unterscheiden sich erheblich von denen für Strom aus erneuerbaren Energien. Demzufolge müssen die genauen Möglichkeiten für eine Integration erneuerbarer Wärme bei rentabler Nutzung neu beurteilt werden. Technisch bedarf es neuer Konzepte zur Regelung sowie zur Abdeckung von Spitzenlasten und Speicherung von Wärme in einem Wärmenetz, um die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleisten zu können.

Welche konkreten Arbeitsschritte stehen jetzt an?

Das Zwanzig20-Forum hat vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ein Projekt zur Strategieentwicklung bewilligt bekommen. Das zweijährige Vorhaben wird im Programm „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ mit einer Million Euro gefördert.

Mit dem Schwerpunkt auf Speicher- und Lastmanagement für die Wärmeversorgung urbaner Strukturen werden durch thematische Arbeitsgruppen Umsetzungsstrategien für die Wärmewende erarbeitet. Die wichtigen Themen Wärmeinnovationen/Wärmewende werden adressiert, Kompetenzen gebündelt und neue Projekte vorbereitet. Die nächste Themen-Konferenz ist für das Quartal 1/2015 geplant.

www.gfz-potsdam.de