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< Bewältigung der europäischen Wasserproblematik: Blueprint to Safeguard Europe’s Water
30.04.2013 15:45 Alter: 12 yrs
Kategorie: Grüne Gase

Transparenz und Effizienz in der Wasserwirtschaft

Wo steht die Wasserwirtschaft heute in der ordnungspolitischen Diskussion und welche strategischen Schlussfolgerungen lassen sich hieraus ziehen? Laufende Kartellverfahren befassen sich mit Ordnungspolitik, Preisen und Transparenz. Die Begriffe Fracking, Nitrate und Pestizide stehen in der Diskussion. Themenfelder, die auch die Wasserwirtschaftliche Aussprachetagung wat 2012 Ende September in Dresden prägten.   Wulf Abke, Vizepräsident Wasser des BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und Geschäftsführer der Hessenwasser AG zeigt in seinem Beitrag Ansätze für Antworten.


Foto: BDEW
Wasserwerk Schierstein, Wiesbaden Foto: marieH

Ich will meinen Beitrag mit drei Thesen zu Ordnungspolitik, Kartellverfahren und Benchmarking beginnen.

These 1: Die laufenden Kartellverfahren lassen sich in zwei Aussagen zusammenfassen:

• Die Kostenkontrolle beziehungsweise die Überprüfung aufgrund kostenbasierter Entgelte ist seit dem BGH Urteil zu Calw entschieden und für die Kartellbehörden zulässig.

• Bei den Verfahren in Wetzlar und Berlin steht im Kern die Frage zur Diskussion, ob gebührengeregelte oder quasi-gebührengeregelte Unternehmen auch unter die Kartellaufsicht fallen. Schon jetzt sind auch Gebührenunternehmen im Trinkwasserbereich gegenüber dem Kartellamt auskunftspflichtig. Vor diesem Hintergrund haben BDEW und Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) gemeinsam ein Gutachten zur geltenden Regelung in Auftrag gegeben. Gleichzeitig wurde ein Kostenkalkulationsleitfaden vorgelegt, der eine gute fachliche Grundlage für die Substantiierung der Kostendiskussion, insbesondere bei Kartellverfahren, darstellt.

These 2: Das Kartellrecht und damit die Aufsicht durch die Kartellbehörden bei Entgelten ist weiterhin die maßgebliche Kontrollinstanz:

• Die aktuelle 8. GWB-Novelle führt stringent die jetzige Systematik fort, die um den Aspekt der Kostenkontrolle erweitert wird.

• Regulierung wird aus vielfältigen Gründen in der Politik nicht als sachgerechtes Instrument für die Wasserwirtschaft angesehen. Aber Gesundheits- und Umweltschutz sind unteilbar mit der Wasserversorgung verbunden. Eine weitere Ökonomisierung der Wasserversorgung ist kein erstrebenswertes Ziel.

These 3: Benchmarking ist auch weiterhin das zentrale Element, um Effizienz in der Wasserwirtschaft zu beurteilen und voranzubringen. Dies wird ergänzt um Instrumente wie Transparenz, Kundenbilanz sowie dem Kostenkalkulationsleitfaden. BDEW, DVGW und VKU haben sich darauf verständigt, die Kennzahlensystematik zu vereinheitlichen, um damit die Voraussetzung für eine breitere Beteiligung zu schaffen. Die vielfältigen Projekte der einzelnen Landesorganisationen bestätigen die weitgehende Bereitschaft, Benchmarking in der Wasserwirtschaft weiter voranzubringen.

Mehr Augenmaß in der EU-Wasserpolitik

Viele neue Vorschläge aus Brüssel sind für die deutsche Wasserwirtschaft ungeeignet,weil sie nicht primär der eigentliche Adressat einer Initiative ist. In diese Kategorie fällt die EU-Konzessionsrichtlinie. Eigentlich stehen die osteuropäischen Staaten Pate für die Schaffung einer solchen Richtlinie und sicherlich besteht dort ein gewisser „rechtschaffender Lenkungsbedarf“. Aber ist dies das Argument, um Deutschland in die gleiche Schublade ein zu sortieren?

Positiv werten wir den Ansatz der EU Kommissionfür eine neue Sichtweise im Rahmen einer integrierten „Europäischen  Wasserstrategie“. Damit werden die unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Wasserversorgung zusammengeführt und im Hinblickauf die „Wasserverträglichkeit“ sortiert. Erkannt wird von der EU-Kommission, das beim Wassersparen regional differenzierte Ansätze erforderlich sind. Eine Mangelsituation in Spanien lässt sich nicht mit dem „Wasserreichtum“ in Deutschland vergleichen. Das vermeintlich gut Gemeinte würde genau das Gegenteil bewirken: Der Rückgang des Wassergebrauchs in Deutschland bedeutet schon jetzt höhere Kosten für das Spülen der Leitungen und Desinfektionsmaßnahmen, z. B. in Kanalnetzen. Dieser Effekt wird auch noch durch den demografischen Wandel verstärkt. Anders als etwa in Spanien und Portugal brauchen wir auch keine Verstärkung der variablen Entgelt komponente, sondern einen höheren Anteil des Grundpreises zur Finanzierung der Infrastruktur. Wir werden hierfür noch einspannendes Modell vorgestellt bekommen.

Verbindliche Zielvorgaben verankern

Hohe Übereinstimmung besteht mit der EU Politik, bis 2015 den guten Gewässerzustand nach der Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen. Wichtig ist, dass Brüssel weitere zeitliche Ausnahmen bei der Erreichung der Nitratgrenzwerte abgelehnt hat. Als BDEW haben wir die Diskussion um den nachgewiesenen Anstieg der Nitratkonzentrationen in einigen Regionen nachhaltig in die politische Diskussion hineingetragen und sehen erste Reaktionen der Landwirtschaftskammern in Niedersachen im Hinblick auf die Umsetzung durch die Landwirte vor Ort.

Auch die öffentliche Diskussion über die Pestizidpolitik hat jetzt erst richtig Fahrt aufgenommen, obwohl das Pflanzenschutzgesetz bereits verabschiedet wurde. Auslöser war der gemeinsame Ausstieg des BDEW und der Umweltschutzverbände aus dem Prozess des nationalen Aktionsplans Pestizide. Es kann nicht sein, dass die Vorschläge des Landwirtschaftsministeriums noch hinter die Vorgaben der EU zurückfallen. Die Politik marschiert hier in die falsche Richtung. Wenn Zielvorgaben nicht erreicht werden, sind rechtsverbindliche Vorschriften zur Trendumkehr einzuleiten. Es müsste uns allen zu denken geben, wenn die Gesundheit von Bienenvölkern auf dem Lande in stärkerem Maße gefährdet ist, als in Großstädten wie Berlin. Unser Ziel muss es sein, verbindliche Zielvorgaben für Deutschland zu verankern.

Schutzwürdigkeit der Wasserversorgung sichern

Der Gewässerschutz muss auch die Messlatte zur Bewertung neuer Fördertechniken wie Fracking sein. Fracking hat in Wasserschutzgebieten oder sensiblen Gebieten wie den Bergbauregionen nichts zu suchen. Dazu haben wir uns in einer gemeinsamen Stellungnahme mit den Gasförderunternehmen verständigt. Dies bedingt auch eine Änderung des jetzigen Bergrechts mit der Einführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und das Einvernehmen mit den Wasserbehörden. Fraglich ist, ob die Bundespolitik noch in dieser Legislaturperiode entsprechend initiativ wird. Deshalb hat sich die Diskussion zunehmend auf die Bundesländer verlagert. Hier stehen wir in einer fachlichen Diskussion mit Ministerien und Landesparlamenten. Gemeinsame Lösungen sind ebenfalls in der Biogasnutzung gefragt, um nachhaltigen Gewässerschutz auch in den Zeiten der Energiewende zu gewährleisten. Denn die Schutzwürdigkeit der Wasserversorgung war vor zehn Jahren umweltpolitisch richtig und an dieser Bewertung hat sich auch mit der Energiewende nichts verändert. Dabei geht es nicht darum wie Franz Kafkaim „Prozess“ von der Balustrade allen ein „Stopp“ vor die Füße zu werfen, sondern das jetzige Schutzniveau für die Wasserwirtschaft mit der Energiewende zu verknüpfen. Ein Beispiel hierfür ist der Windenergieerlass in Baden-Württemberg, der nach Intervention des BDEW jetzt in vollem Umfang die Wasserschutzgebietsverordnung berücksichtigt, die vorher keine Berücksichtigung gefunden hat.

Alle diese Beispiele machen deutlich, Trinkwasserschutz ist in Deutschland kein Selbstläufer sondern muss immer wieder im gesellschaftlichen und politischen Prozess erstritten werden. Gerade weil wir in Deutschland eine gute Trinkwasserqualität haben, ist die Betroffenheit für viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr greifbar und wird als Selbstverständlichkeit gesehen. Dass muss uns aber gleichzeitig Ansporn sein, auch für die zukünftigen Generationen einen nachhaltigen Schutz der Wasserversorgung zu gewährleisten.


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