Nachricht

< Endlich die Chancen der Gebäudeeffizienz nutzen
08.04.2025 12:12 Alter: 20 days

Transformation nicht ohne wettbewerbsfähige Energieversorgung

„Weitere drängende Themen benötigen eine Lösung. Darunter das Kraftwerksicherungsgesetz zur mittel- und langfristigen Gewährleistung von Versorgungssicherheit mit Strom, dringend notwendige Entlastungen bei den Netzentgelten oder der Einstieg in die Abscheidung, Transport und Speicherung von bei Verbrennungsprozessen freigesetztem Kohlenstoff (CCU/S).“


Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer, VIK

Der Wirtschaftsstandort Deutschland steht unter Druck. Besonders die energieintensive Industrie sieht sich mit drastisch gestiegenen Energiepreisen, wachsenden Unsicherheiten in der Versorgung und einem immer komplexeren regulatorischen Umfeld konfrontiert. Vor allem in der Energiepolitik besteht dringender Handlungsbedarf. Ein Gastbeitrag für THEMEN!magazin von Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V.

Der Rückgang der industriellen Produktion ist ein unübersehbares Warnsignal, das die neue Bundesregierung nicht ignorieren darf. Jetzt sind entschlossene Maßnahmen gefragt, um Deutschland als Industriestandort langfristig wettbewerbsfähig und widerstandsfähig zu halten.

Versorgungssicherheit stärken – Keine Abschaltung ohne neue Erzeugungskapazität

Wirtschaftliche Stabilität basiert auf einer sicheren Energieversorgung. Deshalb muss die Politik garantieren, dass keine weiteren gesicherten Erzeugungskapazitäten – sprich regelbare Kraftwerke – vom Netz genommen werden, bevor nicht gleichwertiger Ersatz vollständig errichtet und betriebsbereit an das Netz angeschlossen wurde. Das bisherige Versäumnis, den Bau neuer Kraftwerke etwa durch ein Kraftwerkssicherungsgesetz (KSWG) voranzutreiben, hat bereits erhebliche Unsicherheiten geschaffen und muss schnellstmöglich angegangen werden. Die kommende Bundesregierung sollte umgehend Maßnahmen veranlassen, um die mittel- und langfristige Versorgungssicherheit mit Strom zu gewährleisten.

Energiepreise senken – Strompreiskompensation ausweiten

Ein drängendes Problem für die energieintensive Industrie sind die enorm gestiegenen Energiepreise. Die kurzfristigen Gaspreise liegen aktuell bis zu 70 % über dem Niveau des Vorjahres, und auch die Strompreise belasten Unternehmen massiv. Hier muss die neue Regierung gezielt gegensteuern. Um für Entlastung zu sorgen, gilt es insbesondere, die Gasspeicherumlage schnellstmöglich abzuschaffen und in den Bundeshaushalt zu überführen. Sie schadet den Unternehmen, die auf Erdgas angewiesen sind, massiv im internationalen Wettbewerb.

Ein bereits bewährtes Instrument, um bei den Stromkosten Abhilfe zu schaffen, ist die Strompreiskompensation. Sie sollte in Ihrer Wirkung und hinsichtlich des Berechtigtenkreises ausgeweitet werden. Dies könnte kurzfristig und effektiv Entlastung für die betroffenen Unternehmen schaffen. Allerdings stellen die reinen Erzeugungskosten nur einen Teil der Gesamtkosten für den Energiebezug dar.

Die Netzentgelte sind einer der wesentlichsten Kostentreiber für industrielle Verbraucher und müssen umgehend spürbar gesenkt werden. Der Kostenblock, der sich aus Netzentgelten, Umlagen und Abgaben zusammensetzt, ist für Unternehmen kaum noch tragbar und eine deutsche Besonderheit. Die Kosten der Transformation werden über die Netzentgelte zudem einseitig den Verbrauchern auferlegt.

Ein zusätzlicher Ansatz zur Senkung der Strompreise kann die gezielte Markteinbindung von Kraftwerken, die derzeit in der Netzreserve gehalten werden, sein. Gerade in den kritischen Wintermonaten könnten diese Kraftwerke dazu beitragen, das Stromangebot auszuweiten und die Preise zu stabilisieren. Ähnliche Maßnahmen hat man bereits in der Vergangenheit erfolgreich genutzt. Die neue Bundesregierung sollte eine solche Markteinbindung kurzfristig prüfen.

Rahmenbedingungen für die CO₂- Speicherung schaffen

Während wichtige Fortschritte in der Transformation der Industrie erzielt wurden, bleiben zentrale Herausforderungen ungelöst. Ein entscheidendes Versäumnis ist die fehlende gesetzliche Grundlage für den Transport und die Speicherung von CO₂ (Carbon Capture and Storage, CCS). Das Kohlenstoffspeicherungsgesetz (KSpTG) konnte in der letzten Legislaturperiode aufgrund von Unstimmigkeiten in der Koalition nicht mehr verabschiedet werden – eine Lücke, die nun dringend geschlossen werden muss. Ohne diese Technologie werden CO₂-intensive Industrien ihre Emissionen nicht entscheidend reduzieren können. Ohne einen Rechtsrahmen für CCS und CCU (Carbon Capture and Utilization) ist das Ziel der Klimaneutralität nicht zu erreichen.

Transformation darf nicht auf Kosten der Industrie gehen

Nachhaltige Stahlproduktion der Stahlwerk Bous GmbH (ein Unternehmen der GMH Gruppe) Foto: Oliver Pracht

Die Transformation hin zu einer klimaneutralen Industrie ist notwendig, aber sie darf nicht einseitig zu Lasten der Unternehmen gehen. Investitionen in neue Technologien, Infrastruktur und alternative Energiequellen sind mit hohen Kosten verbunden. Diese dürfen nicht ausschließlich der Industrie aufgebürdet werden, wenn Deutschland ein starker Wirtschaftsstandort bleiben soll. Vielmehr braucht es gezielte staatliche Unterstützung, um die Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven Branchen im internationalen Vergleich zu erhalten. Die nächste Bundesregierung muss entschlossen handeln, um den Industriestandort Deutschland zu erhalten.

Wer jetzt nicht handelt, riskiert weitere Produktionsverlagerungen

ins Ausland, den dauerhaften Verlust von Arbeitsplätzen und eine sich beschleunigende Deindustrialisierung. Deutschland braucht eine starke und wettbewerbsfähige Industrie – und das gelingt nur mit einer Energiepolitik, die Versorgungssicherheit, bezahlbare Preise und nachhaltige Innovationen miteinander in Einklang bringt. Die Politik hat es in der Hand. Jetzt ist die Zeit zu handeln!

vik.de

Das Stahlwerk Bous im Saarland ist auf die Herstellung von Blöcken und Stranggussprodukten in großen Dimensionen spezialisiert. Die Produkte bilden wichtiges Rohmaterial für Rohr- und Ringwalzwerke sowie Freiform- und Gesenkschmieden. Das Unternehmen zeichnet sich durch eine umweltfreundliche ertschöpfungskette aus. Schrott wird im Elektrolichtbogenofen eingeschmolzen und zu neuem Stahl recycelt. Hierdurch wird ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft erbracht. Als Vorreiter in der nachhaltigen Stahlproduktion werden die verarbeitenden Produkte vor allem in der Energieerzeugung, im Maschinenbau und in der Bahntechnik eingesetzt.