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09.12.2019 09:38 Alter: 5 yrs
Kategorie: Wirtschaftsfaktor Energie

Transformation des Energiesystems nur mit der Wirtschaft

Das Forum für Zukunftsenergien bietet Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik den optimalen Rahmen, sich intensiv zu den Themen der weiteren Gestaltung der Energiewende zu informieren und über neueste Entwicklungen anhand von Projektbeispielen zu diskutieren. Diesem Anspruch gerecht wurde auch der 8. Fortschrittskongress am 6. November 2019 in der Botschaft des Königreichs Belgien in Berlin.


Dr. Annette Nietfeld, Geschäftsführerin Forum für Zukunftsenergien e. V.

Ein Rückblick von Dr. Annette Nietfeld, Geschäftsführerin des Forum für Zukunftsenergien e. V.

Die Transformation des Energiesystems kann nur gemeinsam mit der Wirtschaft gelingen. Durch zahlreiche Kooperationen zeigen Unternehmen schon heute, mit welchen Innovationen sie diesen Wandel meistern wollen. Das Energiesystem befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Darum sollten Politik und Wirtschaft intensiver miteinander anstatt übereinander sprechen. Insbesondere wenn es darum geht zu erörtern, welche regulatorischen Rahmenbedingungen im Zusammenspiel zwischen staatlicher Industriepolitik und sozialer Marktwirtschaft von der Politik gesetzt werden können, betonte Joachim Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG GmbH sowie stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes des Forum für Zukunftsenergien bei der Eröffnung des Fortschrittskongresses.

Nichts geht ohne Sektorenkopplung

In einem einleitenden Vortrag beschrieb Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard F. Hüttl, Vizepräsident der acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V. sowie Mitglied des Vorstandes des Forum für Zukunftsenergien e. V., den aktuellen Stand der Energiewende und die daraus erwachsenden, dringenden Probleme.

Die Kopplung der Sektoren sei die Voraussetzung zur Erreichung der Klimaschutzziele. Hierfür bedürfe es einer systemischen Betrachtung und eines sektorenübergreifenden, einheitlichen und wirksamen CO2-Preises. Abschließend betonte Prof. Hüttl, dass Wissenschaftler evidenzbasierte Handlungsoptionen als Beitrag im Rahmen von Entscheidungsprozessen aufzeigen und in dieser Rolle nicht gleichzeitig als Aktivisten agieren sollten.

Beispiel: Big Battery Projekt Lausitz

Thomas Hörtinger, Leiter Technisches Kraftwerksmanagement der Lausitz Energie Bergbau AG, und Michael Kranhold, Leiter Kundenmanagement/Netzabrechnung bei der 50Hertz Transmission GmbH, stellten das Big Battery Lausitz Projekt der LEAG vor. Hörtinger betonte die Notwendigkeit, dass die Politik zugunsten der Speicherbetreiber Rahmenbedingungen schafft, die einen für die Betreiber auskömmlichen Betrieb ermöglichen. So könne der derzeit im Bau befindliche Batteriespeicher mit einer nutzbaren Kapazität von 53 MWh momentan nur am Regelleistungsmarkt wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden.

Podiumsdiskussion mit (v. l. n. r.) Joachim Rumstadt, Peter Bleser MdB, Johann Saathoff MdB, Prof. Dr.-Ing. Martin Neumann MdB, Foto: Forum für Zukunftsenergien e. V.

Kranholds Beitrag zielte darauf, den Beitrag der Speicher für die Systemstabilität zu unterstreichen. Er hob hervor, dass für die Netzbetreiber 50 MW-Speicherleistung durchaus hilfreich sei. Dabei könnten Batteriespeicher zusätzlich dazu beitragen, Strom aus erneuerbaren Energien für Systemdienstleitungen nutzbar zu machen und somit besser in das System zu integrieren.

„Missing Link“ für eine erfolgreiche Energiewende

Microgrids seien in vielen Anwendungsbereichen einsetzbar und der „Missing Link“ für eine erfolgreiche Energiewende, unterstrichen Thomas Wagner, CEO der GETEC Group, und Andreas Görtz, Vice President Power Generation Business bei der Rolls-Royce Power Systems AG. Als Multifunktionstool für verschiedenste Anwendungen – von der Energieerzeugung für Industriebetriebe bis zu Ladestationen für die Elektromobilität - schafften sie höchste Versorgungssicherheit.

Dies erläuterten sie am Beispiel des von ihren Unternehmen errichteten Microgrid des deutschen Automobilzulieferunternehmens Winkelmann am Hauptsitz in Ahlen. Dieses Microgrid übernimmt dort die komplette Strom- und Wärmeversorgung des Standorts in einer „Insellösung“. Mit dem Abkoppeln vom öffentlichen Stromnetz spart das Unternehmen zusätzlich Strom- und Netznutzungskosten: Ein zentraler Grund dafür, dass die Nachfrage nach diesen Insellösungen aus der Industrie rasch zunimmt. Offen blieb die Frage, welche Schlussfolgerungen daraus für die Netzentwicklung und die Kostengestaltung der Energiewende abzuleiten sind.

Diskussion zum Regelwerk der Energiewende

Auf Seiten der Gesellschaft wird die Frage, wie das Regelwerk der Energiewende im Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Industriepolitik und sozialer Marktwirtschaft gestaltet werden sollte, sehr intensiv diskutiert. Dieser Diskussion stellte sich der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Thomas Bareiß, MdB (CDU/CSU). In seinem Impulsvortrag betonte er, dass eine Verbotspolitik keine erfolgreiche Politik darstelle, vielmehr sei das Schaffen von Anreizen der richtige Weg. Er unterstrich zudem, dass Deutschland entgegen anderslautenden Behauptungen den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen seit Inkrafttreten des Kyoto–Protokolls deutlich gesenkt habe, ohne Wohlstand und Wirtschaftswachstum zu gefährden. Die Bundesregierung arbeite deshalb intensiv daran, mit den involvierten Branchen weitere Reduktionen zu realisieren.

Für Bareiß zeige gerade das Thema „Wasserstoff“, wie „hungrig“ die Energiebranche nach neuen Technologien sei, die nun durch eine Wasserstoffstrategie auch von der Bundesregierung stärker unterstützt würden. Im Rahmen der Transformation des Energiesystems stelle zudem die KWK eine wichtige Säule dar, weshalb das KWKG zeitnah novelliert werde. Des Weiteren hob Bareiß u. a. die Bedeutung von Biogas als eine zuverlässige Energiequelle hervor.

In einer abschließenden Podiumsdiskussion tauschte sich Joachim Rumstadt mit den Abgeordneten Peter Bleser, MdB (CDU/CSU), Johann Saathoff, MdB (SPD), und Prof. Dr. Martin Neumann, MdB (FDP) aus. Um die Klimaziele zu erreichen, seien Anreize die bessere Wahl, denn diese förderten Verhaltensänderungen schneller, betonte Bleser. Eine stärkere gesellschaftliche Beteiligung an der Energiewende würde zudem weite Abstandsregelungen bei Windkraftanlagen verhindern können.

Saathoff hingegen sprach sich ausdrücklich auch für das Mittel des Verbotes aus; allerdings sollte der Staat keine Entwicklungsperspektiven verstellen. Grundsätzlich teilte Saathoff die positive Bilanz von PStS Bareiß bezüglich der Energiewende, auch wenn es in einigen Punkten keine einheitliche Position zwischen den Koalitionspartnern gäbe. Als Beispiel dafür verwies er auf die Beratungen über die Abstandsregelung von Windkraftanlagen zu bebauten Gebieten. Besonders wichtig seien die jährlichen Überprüfungen im Klimaschutzpaket - diese böten Raum für rechtzeitige Gegenmaßnahmen, so Saathoff.

Prof. Dr. Neumann übte deutliche Kritik an der Bundesregierung. Die derzeitigen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Energiewende zu realisieren. Eine staatliche Industriepolitik könne allerdings auch nicht die Lösung sein. Und er plädierte für einen europäischen Ansatz, denn ein nationaler Alleingang sei keineswegs effizient.

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