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< Für klimafreundlichen Lkw muss politisch mehr passieren
27.02.2023 10:58 Alter: 2 yrs

Strategie für Hochlauf CO2-neutraler Kraftstoffe notwendig

„Die Bundesregierung sollte dringend eine Strategie für den Hochlauf aller CO2 - neutralen Kraftstoffe auf den Weg bringen!“


RA Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer UNITI Foto: UNITI

Der Verkehrssektor muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Nur mit der Einbeziehung von E-Fuels lassen sich die ambitionierten Klimaziele erreichen, unterstreicht RA Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer des UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e.V., in seinem Gastbeitrag für THEMEN!magazin.

Gemäß des deutschen Klimaschutzgesetzes muss der Ausstoß an CO2 -Emissionen im Verkehrssektor in Deutschland bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 nahezu halbiert werden. 2045 soll die Bundesrepublik dann vollständig CO2 -neutral sein, das heißt, es darf kein CO2 aus fossilen Quellen mehr emittiert werden. Zum Erreichen dieser ambitionierten Ziele werden alle verfügbaren Defossilisierungsoptionen benötigt und vor allem muss der Kraftfahrzeugbestand, der absehbar auch zukünftig vom Verbrennungsmotor dominiert wird, in die Klimaschutzbemühungen einbezogen werden. Dafür sind klimafreundliche Kraftstoffe, grünstrombasierte wie auch biogene, unverzichtbar.

Über 98 Prozent der in Deutschland rund 48,5 Mio. zugelassenen Pkw verfügen über einen Verbrennungsmotor und werden vor allem mit herkömmlichen flüssigen Kraftstoffen angetrieben – mit synthetischen E-Fuels wäre das zukünftig CO2 -neutral möglich. Bislang wird der E-Fuels-Hochlauf vom deutschen und vom europäischen Gesetzgeber allerdings politisch wie regulatorisch ausgebremst. Das halten wir für einen Fehler, denn ohne eine Kraftstoffstrategie wird der Verkehr keinen ausreichenden Beitrag zur CO2 -Reduzierung leisten können. Wenn die nationalen Klimaziele im Verkehrssektor aber nicht eingehalten werden, drohen Sofortmaßnahmen in Form von Fahrverboten.

Deutschland wird Energieimporteur bleiben

Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung und bedarf daher auch einer globalen Lösung. Auf globaler Ebene ist ausreichend Potential vorhanden, den Energiebedarf der Weltbevölkerung auf der Basis von Erneuerbaren zu decken. Das Problem: Viel Sonne oder Wind gibt es vor allen in Ländern, in denen ein vergleichsweise geringer Energiebedarf besteht. In vielen energieintensiven Industriestaaten, wie etwa Deutschland, gibt es dagegen deutlich zu geringe Erzeugungspotentiale! Die Schlussfolgerung daraus lautet: Die Bundesrepublik ist zwingend auf den Import erneuerbarer Energien in allen Formen angewiesen, um bis 2045 CO2 -Neutralität zu erreichen. Strom (Elektronen also) etwa für die Elektromobilität lässt sich nur schwer speichern sowie über große Entfernungen (per Kabel) nicht kostengünstig transportieren. Daher werden wir auf den Import von grünstrombasierten flüssigen Energieträgern angewiesen sein. Sie ermöglichen es, die Energie grüner Elektronen in Form grüner Moleküle mit hoher Energiedichte zu speichern, zu lagern und zu transportieren. Weltweit existiert ein enormes Erzeugungspotential für E-Fuels. Die Potentialregionen zur Herstellung sind rund um den Globus verteilt, was einseitige Abhängigkeiten Deutschlands in Energiefragen von einzelnen Staaten verhindert.

E-Fuels als „One size fits all“-Lösung

E-Fuels als Lösung für eine CO2 -neutrale Mobilität wirken nicht nur im Pkw, sondern auch in allen anderen Fahrzeugen bzw. Verkehrsträgern wie etwa Schiffen, Flugzeugen, Lkw sowie Landwirtschafts- oder Baufahrzeugen. Sie sind weltweit einsetzbar und können in den bestehenden Infrastrukturen distribuiert und genutzt werden. Ein besonderer Vorteil: Synthetische Kraftstoffe wirken nicht nur bei Neufahrzeugen, sondern ohne die Notwendigkeit für technische Anpassungen sowohl als Beimischung als auch in reiner Form ebenso im Fahrzeugbestand. Der EU-weite Pkw-Bestand be­

Über UNITI: Der UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e. V. repräsentiert rund 90 Prozent des Mineralölmittelstandes in Deutschland und bündelt die Kompetenzen bei Kraftstoffen, im Wärmemarkt und bei Schmierstoffen. Rund 70 Prozent der freien Tankstellen und rund 40 Prozent der Straßentankstellen sind bei UNITI organisiert. Die rund 1.000 Mitgliedsfirmen von UNITI erzielen einen jährlichen Gesamtumsatz von etwa 35 Milliarden Euro und beschäftigen rund 80.000 Arbeitnehmer in Deutschland.

trägt rund 246 Millionen Fahrzeuge, knapp 10 Millionen Neuzulassungen sind jährlich zu verzeichnen. Das heißt, schon eine Beimischung von 4 Prozent E-Fuels zu herkömmlichen Kraftstoffen würde bilanziell alle Neufahrzeuge eines Jahrgangs CO2 -neutral stellen. EFuels würden zu Beginn nur in geringen Anteilen fossilen Kraftstoffen beigemischt. Durch den Ausbau von Produktionskapazitäten und durch wirtschaftliche Skaleneffekte können die Herstellungskosten deutlich gesenkt werden. E-Fuels wären auch in den Jahren des Markhochlaufs für den Autofahrer bezahlbar, denn ihr Beimischungsanteil würde allmählich steigen, während auf der anderen Seite die Produktionskosten stetig sinken. Es ist daher davon auszugehen, dass Kraftstoffe mit E-Fuels-Beimischung von Beginn an für den Autofahrer nur einige Cent je Liter teurer als rein fossile wären. Experten erwarten, dass die Produktionskosten der E-Fuels mittelfristig auf rund einen Euro je Liter sinken.

Zahlreiche wirtschaftliche Vorteile

E-Fuels bieten eine ganze Reihe weiterer Vorteile, wie Studien zeigen. Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs gefährdet bis zu 116.000 Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie. E-Fuels würden hierzulande dagegen mehr als 470.000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig sichern E-Fuels europäische Wertschöpfungsketten und generieren neue ökonomische Potentiale. Bei einer innereuropäischen Produktion von Power-to-X (PtX)-Anlagen für globale Standorte entstehen bis zu 80 Milliarden Euro an zusätzlicher europäischer Wertschöpfung und bis zu 1,2 Millionen neuer Arbeitsplätze in der europäischen Industrie. E-Fuels können dazu beitragen, die Rohstoffabhängigkeit Deutschlands von China, die mit der Elektromobilität einhergeht, zu begrenzen. So fördert und verarbeitet China rund 87 Prozent der weltweiten Vorkommen Seltener Erden und weist bei weiteren besonders für die E-Mobilität benötigten Rohstoffen wie Kobalt, Kupfer oder Lithium ebenfalls hohe diesbezügliche Anteile auf.

Bundesregierung muss auf Technologieoffenheit setzen

Wenn die Energiewende ein Erfolg werden soll, müssen geeignete regulative Anreize für den industriellen Produktionshochlauf und damit die Marktdurchsetzung CO2 -neutraler synthetischer Energieträger geschaffen werden. Die Politik sollte nicht länger einzig auf die Elektromobilität setzen.

Vielmehr bedarf es in der Klimaschutzpolitik eines marktbasierten Ansatzes, der die Entwicklung verschiedener Lösungen technologieoffen zulässt. Eine glaubwürdige und verlässliche Kraftstoffstrategie der Bundesregierung, die den Hochlauf aller CO2 -neutralen Kraftstoffe vorantreibt, wäre dafür ein wichtiger und notwendiger Schritt.

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