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26.10.2023 10:24 Alter: 1 year

Standortbestimmung auf dem VKU Stadtwerkekongress

„Unser Rat ist der Rat aus der Praxis. Denn wir sind die Praktiker der Energiewende. Aber für unsere Leistungen, brauchen wir stabile und verlässliche Rahmenbedingungen mit Planungssicherheit und Anreizen für Investitionen.“


Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer, Verband kommunaler Unternehmen e. V. Foto: VKU/Chaperon

Der VKU-Stadtwerkekongress ist seit 1999 der Branchentreffpunkt für Stadtwerke und kommunale Energieversorger. Übergreifend ging es in diesem Jahr um eine aktuelle Standortbestimmung der kommunalen Familie zu Fragen der Energiepolitik der Bundesregierung.

Zum gerade in Köln beendeten Kongress sprach THEMEN!magazin mit Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU).

Herr Liebing, was machte den VKUStadtwerkekongress 2023 aus?

Auf dem VKU-Stadtwerkekongress vernetzt sich die Branche. Nirgends sonst kommen mehr Entscheider, Experten und Praktiker zusammen, um sich auszutauschen, aktuelle Herausforderungen zu diskutieren und gemeinsam Perspektiven zu schaffen. Auch in diesem Jahr gab es wieder ein interaktives Programm, vielfältige Netzwerkmöglichkeiten und die Diskussion zu topaktuellen Themen der Branche. Erstmalig war der VKUStadtwerkekongress mit über 600 Teilnehmern vor Ort ausverkauft. Das Feedback unserer Gäste freut uns und bestätigt unser Konzept.

Stadtwerke und Klimaneutralität, wie passt das zusammen?

Ohne uns kann Klimaneutralität nicht erreicht werden. Denn nichts passiert, wenn es nicht vor Ort geschieht. Die kommunale Wirtschaft verantwortet einen großen Teil der relevanten Infrastruktur und Dienstleistungen, die für das Gelingen der Transformation zentral sind. Sie sind die Experten mit viel Verantwortung: Weder in der Pandemie, als ganz Deutschland in den Lockdown ging, noch in der Energiekrise ist in irgendeinem Haushalt das Licht ausgegangen, keine Wohnung blieb kalt. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit! Auch unsere Wasserwirtschaft ist auf Generationen sehr gut ausgelegt. Selbst die Wetterextreme kann sie weitgehend so kompensieren, dass es bisher nicht zu wesentlichen Versorgungsausfällen gekommen ist. Damit dies so bleibt, müssen wir jetzt aber die sinnvollen richtigen Weichen stellen und auch investieren. Dafür brauchen wir aber ohne Frage gute politische Rahmenbedingungen.

Zum Kongress gehört der STADTWERKE-AWARD. Was zeichnet die Siegerprojekte des Jahrgangs 2023 aus?

Der Award ist der Preis für ganzheitliche Vorbildprojekte von Stadtwerken und kommunalen Unternehmen. Die Bewertung der Experten-Jury wurde auch in diesem Jahr durch ein starkes Votum der Leserschaft der Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) ergänzt. Die Sieger des STADTWERKE AWARD 2023 sind Projekte der Stadtwerke Lübeck Gruppe GmbH, der badenovaNETZE GmbH und der WSW Wuppertaler Stadtwerke. Sie zeigen, dass sich Stadtwerke ihrer Verantwortung für moderne Daseinsversorge bewusst sind und Themen wie Digitalisierung, Wärmeplanung, dynamische Tarife und Smart-City bereits erfolgreich in der Stadtwerke-Welt umgesetzt werden.

Ein Streitpunkt vor der Sommerpause war das GEG, welche Bewertung trifft hier der VKU?

Es gibt nur wenige Gesetzentwürfe, über die zuletzt so heftig diskutiert wurde. Die öffentlichen Debatten waren aber notwendig. Das Gesetz sieht vor, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Bei bestehenden Gebäuden soll die Heizreform erst dann gelten, wenn die jeweilige Kommune einen Wärmeplan vorlegt. Doch es bleibt Kritik an diesem Gesetz, das vieles sehr kleinteilig regelt und leider auch von Misstrauen gegenüber Betreibern von Fernwärme- und Gasnetzen geprägt wird. Zwar konnten wir einige Punkte und Änderungen erfolgreich platzieren, aber: zentrale Fragen bleiben offen und Herausforderungen bestehen. Rechtliche Unsicherheiten müssen gelöst werden, sonst könnte sich die Wärmewende verzögern, weil auch notwendige Investitionen in den Umbau der Gasverteilnetze ausbleiben könnten. Auch die finanziellen Bedingungen, die Förderungen für Hauseigentümer und Infrastrukturbetreiber müssen noch dringend geklärt werden, um wirklich Planungssicherheit zu bekommen. Das Gebäudeenergiegesetz wird uns also weiterhin beschäftigen.

Wie ist der Diskussionsstand zum Wärmeplanungsgesetz?

Die parlamentarischen Beratungen zum Entwurf des „Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ (Wärmeplanungsgesetz) sind am Laufen, jetzt haben die Parlamentarier das Wort. Notwendig ist aus unserer Sicht ein beschleunigter Ausund Umbau von Wärmenetzen sowie praxisorientierte Regelungen für die Aufstellung von Wärmeplänen. Und ebenso eine deutliche Aufstockung der Bundesförderung angesichts knapper finanzieller Ressourcen, denn dies ist zur Transformation von Wärmenetzen essenziell. Das Programm ist bisher mit nur drei Milliarden Euro insgesamt bis 2026 ausgestattet- mit Blick auf die bevorstehenden Aufgaben viel zu wenig. Zum Thema Wärmeplanungsgesetz hat der VKU gemeinsam mit dem Fernwärme-Spitzenverband AGFW Vorschläge unterbreitet, die einen beschleunigten Aus- und Umbau von Wärmenetzen sowie praxisnahe Regelungen für die Aufstellung von Wärmeplänen beinhalten.

Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt über 1.550 Stadtwerke und kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/ Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Im Endkundensegment haben die VKU-Mitgliedsunternehmen signifikante Marktanteile in zentralen Ver- und Entsorgungsbereichen: · Strom 66 Prozent, · Gas 60 Prozent, · Wärme 88 Prozent, · Trinkwasser 89 Prozent.

Was sagt der VKU zum Energieeffizienzgesetz?

Energieeffizienz ist ein wichtiger Baustein der Energiewende, deshalb ist das vom Bundestag Ende September verabschiedete Energieeffizienzgesetz (EnEfG) richtig. Der VKU hat sich während des laufenden Gesetzgebungsprozesses vor allem für praktikable und konkrete Regelungen sowie flexible Vorgaben eingesetzt. Richtig ist, dass die geplanten Zwischenziele für das Jahr 2040 gestrichen wurden und auch das Primärenergieziel für 2045 komplett entfallen ist. Wir begrüßen, dass in den Regelungen zur Vermeidung und Nutzung der Abwärme nun die technischen, wirtschaftlichen und betrieblichen Belange berücksichtigt werden sollen. Diese Anpassung stellt eine Verbesserung gegenüber dem Gesetzentwurf dar. Jedoch bleibt der Bundestag damit hinter der VKU-Forderung zurück, dass die verpflichtende Abwärmenutzung auf wirtschaftlich erschließbare Potenziale, z. B. auf Grundlage einer definierten Kosten-Aufwand-Rechnung begrenzt werden muss. Das Gesetz definiert erstmals Effizienzstandards für Rechenzentren. Positiv ist, dass der Bundestag mit seiner Verabschiedung am 21. September 2023 die zusätzlichen Energieeffizienzanforderungen für Rechenzentren, die vor dem 1. Januar 2024 den Betrieb aufnehmen, aufgehoben hat. Kritisch bewerten wir, dass nicht der Empfehlung des Bundesrates gefolgt wurde, den Begriff der öffentlichen Stellen anzupassen. Damit fehlt die vom VKU geforderte Klarstellung, dass Organisationseinheiten der Kommunen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wie Eigenbetriebe, kommunale Zusammenschlüsse oder Zweckverbände ebenfalls keine öffentlichen Stellen im Sinne des Gesetzes sind und damit genau wie Kommunen nicht besonderen Einsparvorgaben des Bundes unterliegen. Für kommunale Unternehmen, die in regulierten Bereichen tätig sind, ist daher nicht hinreichend klar geregelt, welche Gesetzesvorschriften sie denn zu erfüllen haben.

Bleibt die Diskussion zu Umsatzsteuersatz und Preisbremsen?

Grundsätzlich sind sowohl beim Umsatzsteuersatz als auch bei den Preisbremsen, verlässliche und konsistente Regelungen notwendig, an denen sich die Marktakteure frühzeitig orientieren können. Ein Umsetzungsdruck in wenigen Wochen, wie im letzten Jahr, muss unbedingt vermieden werden. Verlässlichkeit gibt Systemen bekanntlich Stabilität. Die diskutierte Umsatzsteuererhöhung auf Gas- und Wärmelieferungen hat die Bundesregierung kürzlich formell auf den Weg gebracht und damit das parlamentarische Verfahren gestartet. Der Ball liegt jetzt im Bundestag und Bundesrat. Wir halten diese Entscheidung in der aktuellen Situation für falsch. Diese Steuererhöhung würde die Gas- und Wärmepreise ab 1.1.2024 um 12 Prozent-Punkte verteuern und damit die Bürger mitten in der Heizsaison im Winter belasten. In der kalten Jahreszeit wird ohnehin eine Phase größerer preislicher Unsicherheit befürchtet. Allein die Staatskasse profitiert. Wir hoffen, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags besonnen diese Entscheidung korrigieren und die Steuererhöhung im Parlament stoppen.

Der VKU hat kürzlich „KOMMUNAL KANN“ als bundesweite ArbeitgeberInitiative gestartet ...

Der Fach- und Arbeitskräftebedarf wird zu einem echten Flaschenhals für gesellschaftliche relevante Großprojekte. Sei es bei der Jahrhundertaufgabe der Energie-, Wärme- und Mobilitätswende in den Stadtwerken, der notwendigen Anpassung der Wasserwirtschaft an die Folgen des Klimawandels, beim Ausbau der Glasfasernetze für schnelles Internet in Stadt und Land oder beim Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in der Abfallentsorgung. Ob Klimaschutz, Versorgungssicherheit oder Nachhaltigkeit: Kommunale Unternehmen befassen sich mit vielen Themen, die gerade auch die junge Generation bewegen. Dass sie potenzielle, gut bezahlende und zudem sichere Arbeitgeber sind, nehmen Arbeitsuchende aber nicht unbedingt wahr. Unsere Fach- und Arbeitskräfte-Initiative möchte deshalb die Bedeutung und das geballte Können von den mehr als 1.550 Mitgliedsunternehmen deutschlandweit sichtbarer machen, damit viele neue Mitarbeiter für das „Team Kommunalwirtschaft“ gewinnen und sie auch halten. Bereits in den ersten Wochen nach dem Start freuen wir uns über das Feedback und Engagement unserer Mitgliedsunternehmen. Schauen Sie gern auf unserer Website „kommunal-kann.de“ vorbei.

Abschließend die Frage, warum sind Kommunale Unternehmen unersetzbar?

Die kommunalen Unternehmen erfüllen die wichtigen Aufgaben der Daseinsvorsorge stets mit höchster Professionalität und zu akzeptablen Preisen für die Verbraucher. Wir sind modern, innovativ, umwelt- und klimabewusst. Wir sorgen für Versorgungssicherheit und tragen erheblich zur wirtschaftlichen Stärke Deutschlands bei. Unser Slogan heiß daher auch seit Jahren: „Wir halten Deutschland am Laufen“. Wir stehen zu unserer Verantwortung - Wir wollen alle diese wichtigen Aufgaben weiterhin bestmöglich erfüllen. Gerade weil wir noch nicht aus der Krise raus sind und viele andere gesamtgesellschaftliche Herausforderungen in den Vordergrund drängen, wie Digitalisierung oder Fachkräftemangel. Das wollen wir gemeinsam hinbekommen, damit Daseinsvorsorge auch in Zukunft sicher ist.

Herr Liebing, wir bedanken uns für das Gespräch.

www.vku.de