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15.02.2016 11:36 Alter: 9 yrs
Kategorie: Digitalisierung

Smart Energy — der Weg in die Energiewelt von morgen

ENTEGA AG zählt als Versorger zur „Gewichtsklasse 8KU“ und ist mit dem Konzept einer modernen Daseinsvorsorge – vom Versorger hin zum Vorsorger erfolgreich.   Wie wir denken, wie wir machen, lernen und besser machen, diesem Credo fühlt sich Dr. Marie-Luise Wolff-Hertwig, Vorstandsvorsitzende des Unternehmens verpflichtet.   In Ihrem Gastbeitrag zeigt sie exemplarisch auf, wie man den Megatrend „Digitalisierung“ aufnehmen kann: Für das Unternehmen und seine Kunden.


Foto: Jürgen Mai

Zur Handelsblatt Jahrestagung Energiewirtschaft 2016 wurde ich mehrfach gefragt: „Schafft Ihr das eigentlich bei ENTEGA?“ Meine Antwort: „Diese Frage haben wir in 2015 mit einem klaren wirtschaftlichen JA beantwortet!" Aber natürlich — sind die Taschen nicht so tief, muss man schon gut überlegen, wie man sich aufstellt, wenn am Markt Energiewende und Digitalisierung anstehen. Die Frage ist dann: wie können wir als „Mittelgroßer“ damit umgehen? Und vor allem: wie können wir SMART damit umgehen?
Zur Wegfindung hilft oft ein Blick auf den Bedeutungsbereich eines Wortes. Die Bedeutung von „smart“ reicht von „erfrischend“ über „intelligent“ und „auf den Punkt“ bis zu „sozial kompetent“. In meiner persönlichen Interpretation verstehe ich „Smartness“ als „Chancenintelligenz“. Jene Intelligenz, Chancen zu ergreifen und die Kompetenz, auf Trends schnell reagieren zu können. Diese Anforderungen haben wir bei ENTEGA auf fünf Handlungsfelder heruntergebrochen.

Lernen, die Welt mit den Augen unserer Kunden zu sehen

Häufig ist zu hören, die Kunden entwickeln sich von Abnehmern zu mündigen Kunden. Ich finde diese Formulierung völlig unzeitgemäß. Der Markt ist doch hier schon viele Schritte weiter. Wir erleben Kunden, die informieren sich ausführlich in Foren und wollen mit ihren Dienstleistern absolut „auf Augenhöhe“ kommunizieren und diskutieren. Das ist sicher anstrengend und ungewohnt. Aber gehen wir nicht darauf ein, können einige dieser „Augenhöhe-Kunden“ mit ihrer Meinung zu wichtigen Beeinflussern für nachfolgende Kunden werden. Andere Kunden wiederum wollen sich eigentlich gar keine Zeit für den Kontakt mit uns nehmen. Ihr Kontakt über digitale Kanäle ist sehr ungeduldig! Was ist also wirklich relevant für die Kunden? Wie finden wir heraus, womit wir das Interesse wecken können?

Das lernen wir nicht mehr nur über klassische Marktforschung oder Kunden-Beiräte. Wir müssen die Welt aus den Augen des Kunden sehen: Welche Bedürfnisse hat ein Kunde genau? Wie und wo informiert er sich? In welcher Situation beschäftigt er sich mit uns: samstagnachmittags gemütlich auf dem Sofa oder montagmorgens gehetzt in der Straßenbahn? Und warum genau entscheidet er sich für unser Angebot – oder dagegen?

Bei ENTEGA haben wir zu einer Reihe von Themen (Heizen, Mobilität, Wohnen im Alter, etc.) ganze Serien von Interviews durchgeführt. Wir erkannten über diese „Customer Journey“, „DEN" Kunden gibt es nicht. Denn die Bedürfnisse und Kommunikationswege können je nach Segment und je nach Lebenssituation sehr unterschiedlich sein.

Das heißt in der Konsequenz: „DAS Produkt“, dass wir einmal bauen und 500.000 mal verkaufen, das gibt es auch nicht. Und „DIE Kommunikation“, mit der wir alle Kunden ansprechen, die gibt es auch nicht. Wir müssen unsere Kunden viel individueller behandeln.

Big DataKompetenz entwickeln

Dies benötigt natürlich einen sehr klugen Umgang mit Daten. Wir gehen davon aus, dass Daten im „Internet of Things“ aus allen Richtungen kommen. Wenn wir lernen, solche Daten strukturiert zu erheben, zu sammeln und ihnen Sinn zu geben, können daraus wieder neue Dienste entstehen. Oder: Je mehr Daten wir haben, desto besser werden unsere Dienste, umso mehr Ideen können sich ergeben. Das neue Paradigma für Daten lautet also: „Mehr ist mehr.“

In der Praxis merken wir bei ENTEGA, dass gute Ansätze da sind, Daten zu erheben und auszuwerten, aber dass es noch viel Arbeit brauchen wird, den technischen und organisatorischen Flickenteppich in eine gute Struktur zu bringen. Da sind wir noch unterwegs.

Agile Fähigkeiten aufbauen

Bei ENTEGA haben wir entschieden, dass wir neue, digitale Produkte in eine separate Prozesslandschaft bringen. Wir wollen schnell am Markt testen, dazulernen und anpassen können. Diese Prozesslandschaft heißt intern die „Fahrradspur“ — wir sehen die Teams, die an Neuprodukten arbeiten sozusagen wie Fahrradkuriere: sie müssen ordentlich strampeln, damit sie rechtzeitig abliefern. Aber wenn mal irgendwo Stau ist, dann dürfen sie auch rechts vorbeiziehen.

Innerhalb der Fahrradspur führen wir gerade die „SCRUM-Methodik“ ein: da arbeiten „Teams auf Zeit“ mit möglichst wenig Sicht auf Bereiche und Hierarchien, eigenverantwortlich und hochmotiviert. Die Teams arbeiten in „Sprints“, in intensiven Arbeitsphasen von meist drei Wochen, mit sehr schneller Zuarbeit aus zentralen Funktionen wie Recht und Einkauf.

Ein ENTEGA-Beispiel ist unser Kleinst- Contracting-Produkt „Wärme komplett“, hier betreiben wir die Heizung bei Privatkunden. Beim ersten Launch Ende 2014 wurde das Produkt noch kommuniziert wie ein Gastarif: Cent pro Kilowattstunde, Grundgebühren, fiktive Einsparung. Damit haben wir die Kunden nicht begeistern können. Im zweiten Schritt haben wir die Kommunikation aufgeräumt und emotionalisiert. Wir hatten gemerkt: unser Slogan „Das macht ENTEGA für mich“ ist bei vielen Kunden eine wichtige Nachricht! Im dritten Schritt sind wir jetzt noch weiter auf die Kundenseite gegangen, indem wir ein „Customer Development“ gemacht haben. Da haben wir viel gelernt, wie die relevanten Zielgruppen „ticken“ und kaufen.

 

Eine „konstruktive Koexistenz“ von Alt und Neu schaffen

Das Neugeschäft braucht eine Menge Freiräume, damit es sich entwickeln kann. Zugleich wollen wir erreichen, dass sich die unterschiedlichen Sichtweisen ergänzen, anstatt zu polarisieren. Wir können uns keine Lagerbildung leisten. Das ist ein Kulturthema. Deshalb haben wir uns auch entschieden, mehr als 1.000 Personentage unseres Führungs kreises in Kulturentwicklung zu investieren. Denn wir werden in der digitalen Zukunft nur dann erfolgreich sind, wenn wir die kulturellen Voraussetzungen in der ganzen Organisation schaffen.

 

Auf Disruption vorbereiten und lernen, „innovativ zu zerstören“!

Wir müssen bereit sein, auch das eigene Geschäft innovativ zu zerstören. Wenn wir unseren Kunden keine Energieeffizienz-Beratung anbieten, machen es andere. Bieten wir den Kunden keine Lösungen zur Eigenerzeugung an, dann kaufen sie woanders und wir haben die Schnittstelle verloren.

Für uns ist das Rational, den Kunden nicht nur anzubieten, was sie rund um unser Produkt brauchen — sondern auch, was sie statt unseres Produktes brauchen könnten. Das können wir nur in Kooperation mit anderen Branchen, mit Startups und jungen Gründern. Darm stadt und das Rhein-Main-Gebiet haben hier eine sehr aktive Szene.

Für uns bei ENTEGA ist „Smartness“ eine Frage des Umgangs mit Chancen. „Smartness“, das ist: die schon angesprochene „Chancenintelligenz“ prozessual und kulturell in die Organisation zu bringen.

Ein wenig ist es auch wie im Fitness-Studio. Das ist nicht immer bequem, aber auch das steckt im Wort „smart“. „Smart“ kommt aus dem mittelenglischen „smerten“ und hat damit denselben Wortstamm wie „schmerzen“! Das gehört auch dazu, wenn man sich fit macht für den Wettkampf, in dem man gewinnen will!

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