Nachricht
Resilienz und Versorgungssicherheit – Stark in unsicheren Zeiten
Als Leitkongress der Energie- und Wasserwirtschaft ist die gat | wat 2022 am 18. – 19. Oktober 2022 in Berlin wieder ganz nah an den relevanten Themen der Branche. Über 100 Referenten werden die aktuellen Herausforderungen der Energie- und Wasserbranche diskutieren und unterschiedliche Formate innerhalb des Kongresses bieten ausreichend Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch im Plenum und in kleinerer Runde. THEMEN!magazin sprach mit Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) zum aktuellen Anliegen des Kongresses.
„Wasserstoff gilt als entscheidender Baustein im künftigen klimaneutralen Energiemix. Er ist die einzige Möglichkeit, um eine Klimaneutralität und unabhängige Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Prof. Gerald Linke
Herr Prof. Linke, welchen Stellenwert hat die gat/wat in diesem Jahr 2022?
Ukrainekrieg und Klimawandel führen in unseren Branchen zu signifikanten Umwälzungen in der Energie- und Wasserversorgung und stellen uns vor besondere Herausforderungen. Resilienz ist hier das Schlüsselwort, wenn es um die Sicherung der Versorgung geht.
Mit Innovationskraft, Ingenieurs-Knowhow und technischen Lösungen werden wir es gemeinsam schaffen, die Herausforderungen zu meistern. Wir wollen in Gesprächen mit den Teilnehmern und der Politik den Antworten auf die drängendsten Fragen unserer Branchen ein Stück näher zu kommen. Deshalb auch das Kongressthema: Resilienz und Versorgungssicherheit – Stark in unsicheren Zeiten.
Zur Versorgungssicherheit Deutschlands gehört eine diversifizierte Importstrategie – heute mit Gas & LNG, morgen mit Wasserstoff. Wie sehen Sie die aktuelle Diskussion?
Die Diversifizierung mit LNG – Terminals als wichtige Infrastruktur für Versorgungssicherheit hat in der aktuellen Situation eine große Bedeutung. Parallel müssen wir jedoch die Wasserstoffwirtschaft auf- und ausbauen. Technologisch sind schon heute bis zu 20 Prozent und perspektivisch 100 Prozent Wasserstoff in den Gasnetzen machbar. Hier ist die Strategie der Bundesregierung hinsichtlich neuer Energiepartnerschaften für klimaneutrale Gase mit Lieferländern, wie etwa Kanada, ein richtiger Weg. Zusätzlich müssen wir allerdings auch die Potenziale von Biomethan nutzen. Bis 2045 kann die heimische Biomethanerzeugung rund ein Drittel des heutigen Gasverbrauchs substituieren. Über allem stehen klimafreundliche Gase in der Anwendung sowie Lösungsansätze für die Industrie und den Wärmemarkt.
Mit der Roadmap Gas 2050 hat die Branche den Weg in die Klimaneutralität aufgezeigt. Nun steht die Netzentwicklungsplanung Gas und Wasserstoff auf der Agenda. Welche Maßnahmen sind für ein zu - kunftsfähiges Verteilnetz notwendig?
Die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen müssen schnellstens angepasst werden, um eine Umstellung auf 100 Prozent Wasserstoff zu ermöglichen. Konkret benötigt wird die regulatorische Anerkennung der Kosten für die Ertüchtigung der Gasverteilnetze zur Nutzung von 100 Prozent Wasserstoff.
Auch der Bau von H2 -ready Gaskraftwerken muss vorangehen, denn so können wir russische Gasmengen durch neues LNG und Gasmengen aus anderen Lieferländern ersetzen und damit auch gleichzeitig alles für den fließenden Wechsel zu Wasserstoff vorbereiten. Hier sollten pragmatische Ansätze gefunden werden.
Wasserstoff- bereit für den Hochlauf: VNG bündelt H2 - Kompetenzen unter einem Dach im Energiepark Bad Lauchstädt
Der Kongress bietet mit der wat 2022 die einzige bundesweite Plattform für Information und Diskussion. Warum muss das Thema Wasser auf der Agenda bleiben?
Auch wenn es bislang hierzulande nicht zu flächendeckenden Engpässen gekommen ist, so zeigen die Extremwetterlagen, wie in diesem Sommer, deutlich die Grenzen einer sicheren Versorgung und die Vulnerabilität der Infrastruktur auf. Deshalb müssen wir jetzt die Weichen mit entsprechenden Anpassungs- und Resilienzmaßnahmen richtig stellen. Eine resiliente Wasserversorgung braucht jedoch klare politische Leitplanken zum Ressourcenschutz, zu Wasserrechten und zur Infrastrukturentwicklung. Die vom Bundesumweltministerium vor gut einem Jahr vorgelegte Wasserstrategie enthält Grundforderungen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft, die wir vollkommen mittragen. Sie sollte nun schnellstmöglich als Regierungsstrategie verabschiedet werden. Nur dann kann die zeitnahe Umsetzung der notwendigen Maßnahmen erfolgen
Herr Prof. Linke, wir bedanken uns für das Gespräch.
180 Gasverteilnetzbetreiber deutschlandweit haben Planungsdaten für den Gasnetzgebietstransformationsplan 2022 (GTP) abgegeben.
Der erste konsolidierte Gesamtbericht auf Basis der Einzelplanungen der Unternehmen liegt seit Anfang September 2022 vor. Im Fokus des GTP steht dabei die Umstellung der Gasverteilnetze auf klimaneutralen Wasserstoff, Biomethan sowie weiteres klimaneutrales Methan bzw. Mischgase. Mit 180 teilnehmenden Netzbetreibern im ersten Planungsdurchgang wird bereits die Mehrheit der Netzanschlüsse und Verteilnetzkilometer in Deutschland abgedeckt. Die Mehrheit der teilnehmenden Netzbetreiber sieht den ersten regulären Einsatz von Wasserstoff in ihren Verteilnetzen sehr zeitnah, in großen Teilen Deutschlands schon innerhalb der nächsten acht Jahre. Großflächige Umstellungen auf 100 Prozent Wasserstoff werden dann vielfach in den 2030er Jahren antizipiert. Je nach Region wird auch von einem langfristigen und umfangreichen Einsatz von lokal erzeugtem Biomethan ausgegangen. Im GTP ist die jeweilige Situation vor Ort die Ausgangsbasis für die Transformation der Kommunen und Regionen zur Klimaneutralität. Die Gasverteilnetzbetreiber bringen in ihren Planungen jetzt die Bedarfe der Kunden sowie die Planungen der Fernleitungsnetzbetreiber und Betreiber dezentraler Erzeugungsanlagen zusammen. Nur durch diesen Brückenschlag kann ein kohärentes Zielbild einer klimaneutralen Versorgungsinfrastruktur mit Gas geschaffen werden.