Nachricht
Reformen statt Regulierung und mehr strategische Weitsicht
„Das Prinzip Krise und die damit verbundene Dauerselbstbeschäftigung müssen enden. Die Politik muss Herausforderungen im Vorhinein antizipieren und proaktiv handeln – statt nachträglich zu reagieren. Nur so können wir die Kraft und die Ressourcen managen und Resilienz gegen Krisen entwickeln.”
Auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes der Automobilindustrie VDA Ende Januar forderte Präsidentin Hildegard Müller im Namen ihrer Branche von der Politik einen Paradigmenwechsel. Im Klartext: Reformen statt Regulierung und mehr strategische Weitsicht für eine erfolgreiche Transformation. In einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin unterstreicht die VDA-Präsidentin, warum für den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Automobilindustrie ein Umdenken der Politik so wichtig ist. →
Für eine erfolgreiche Transformation und einen starken Wirtschaftsstandort Deutschland brauchen wir dringend einen Paradigmenwechsel von der Politik, denn wir blicken mit zunehmender Sorge auf den Wirtschaftsstandort Deutschland und den daraus resultierenden möglichen Verlust unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Entscheidend dabei ist: Die Politik muss wieder agieren, statt bloß zu reagieren.
Krisenmodus durch strategische Souveränität überwinden
Durch den Dauer-Krisenmodus der vergangenen Jahre erleben wir eine zu defensive Politik: Sie reagiert – statt zu agieren, zu gestalten. Damit offenbart sie zwei eklatante Mängel: Die Ampel schafft es nicht eine selbstbestimmte und vorausschauende Handlungsfähigkeit zu entwickeln. Und noch weniger schafft sie es - auch öffentlich - den Eindruck zu vermitteln, eine Strategie und ein klares Zielbild für die Zukunft zu haben. Wir erleben darüber hinaus, wie Überregulierung und Bürokratie Wachstum und Innovationskraft lähmen. Das führt zu einem zunehmenden Vertrauensverlust – bei Industrie und Bevölkerung. Damit ist klar: Das Prinzip Krise und die damit verbundene Dauerselbstbeschäftigung müssen enden. Die Politik muss Herausforderungen antizipieren und proaktiv handeln – statt nachträglich zu reagieren. Nur so können wir die Kraft und die Ressourcen managen und Resilienz gegen Krisen entwickeln. Wichtig ist dabei mehr Mut zu Reformen – und weniger Mikromanagement. Die Politik braucht eine Strategie, die Orientierung gibt und die Kernaufgaben wieder in den Mittelpunkt stellt. Dazu gehört vor allem, den Standort Deutschland wieder international wettbewerbsfähig aufzustellen, Handels- und Rohstoffabkommen sowie Energiepartnerschaften abzuschließen, die Entbürokratisierung voranzutreiben und durch Technologieoffenheit Innovationskraft zu erzeugen. Entwicklungen müssen regelmäßig gemessen und evaluiert werden, um gegebenenfalls nachzusteuern, damit die Zielerreichung sichergestellt wird.
Standort wird zur Achillesferse einer erfolgreichen Transformation
Es ist an der Zeit, dass Deutschland wieder zum Motor Europas wird. Dass wir die Innovationen und Technologien entwickeln und exportieren, die weltweit klimaneutrales Wachstum ermöglichen. Das Problem ist jedoch: Das, was dafür von zentraler Bedeutung ist, ist zu unserer größten Schwachstelle geworden: der Wirtschaftsstandort Deutschland. Er verliert zunehmend an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Dabei ist klar: Ein wettbewerbsfähiger, attraktiver, weltweit begehrter Standort ist die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Doch im zurückliegenden Jahr sind wir in vielen wichtigen Punkten nicht entscheidend weitergekommen: nicht in puncto wettbewerbsfähige Energiepreise, nicht beim Thema wettbewerbsfähiges Steuersystem, nicht beim Thema Bürokratieabbau. Rohstoff- und Energiepartnerschaften wurden kaum geschlossen, bei Freihandelsabkommen geht es praktisch nicht voran.
Spielraum für Wirtschaft sichert Gestaltungsspielraum für Politik
Statt ambitionierter Standortpolitik sehen wir immer mehr Regulierung. Doch Regulierung wirkt bremsend, vor allem, wenn nicht nur Ziele, sondern auch die Instrumente politisch festgelegt werden. Ich bin überzeugt: Spielraum für die Wirtschaft sichert Gestaltungsspielraum für die Politik. Denn sie schafft die Grundlage, ambitionierte Ziele tatsächlich realisieren zu können. So können wir die Transformation meistern und dabei gleichzeitig eine führende Wirtschaftsnation bleiben. Nötig ist eine moderne Mischung aus marktorientierter Wirtschaftspolitik und gestaltender Industriepolitik, gerade mit Blick auf internationale Entwicklungen. So können Subventionen etwa zur Förderung von Zukunftstechnologien oder zur Stärkung der Resilienz als unterstützende Maßnahmen notwendig sein, Stichwort Halbleiter oder Batteriefabriken. Gleichzeitig gilt: Symptombekämpfung – statt langfristiger strategischer Behebung der Ursachen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit – ist keine langfristig wirkende Transformationsstrategie.
Immense Investitionen in Zukunftstechnologien
Als deutsche Automobilindustrie stehen wir zu den Klimazielen von Paris. Für uns ist klar: Wir wollen klimaneutrale Mobilität so schnell wie möglich realisieren und nehmen unsere Verantwortung zum Gelingen der Transformation voll an. Mehr noch: Wir sind Treiber der Transformation: Allein von 2024 bis 2028 werden Hersteller und Zulieferer der deutschen Automobilindustrie weltweit voraussichtlich rund 280 Mrd. EUR in Forschung und Entwicklung investieren, insbesondere in Elektromobilität inklusive Batterietechnik, in autonomes Fahren sowie in die Digitalisierung. Hinzu kommen weitere 130 Milliarden Euro, die weltweit von der deutschen Automobilindustrie unter anderem in den Aufbau neuer Fabriken sowie in den Umbau von Werken und deren Ausstattung fließen. Diese gewaltigen Investitionen zeigen die Entschlossenheit unserer Branche, die Transformation zu einer internationalen Erfolgsgeschichte zu machen und sind gleichzeitig Ausdruck unseres Willens, international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die deutsche Automobilindustrie will auch in Zukunft die klimafreundlichsten, sichersten, effizientesten und modernsten Autos der Welt bauen. Diese Erfolgsgeschichte wollen wir hierzulande weiterschreiben und Wertschöpfung, Beschäftigung sowie Wohlstand in Deutschland halten. Dazu jedoch sind politische Rahmenbedingungen nötig, die international wettbewerbsfähig sind – und genau deshalb ist er so wichtig, der Paradigmenwechsel der Politik: hin zu Aktion, hin zu Reformen, hin zum Mut.
www.vda.de