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Redispatch2.0 – punktgenaue, verlässliche EE-Prognosen
Das Wetter war schon immer eine Determinante des Energiesystems. Heute steht die Forderung nach einer verbesserten Energiewetterprognose. Davon ausgehend können Stromnachfrage und Stromerzeugung verlässlicher geplant und das Management von Netzengpässen bei Redispatch-Prozessen besser beherrscht werden. Wir sprachen mit Alexander Lehmann, Diplom- Meteorologe und Geschäftsführer der deutschen UBIMET-Niederlassung zu einem der Kernthemen der Energiewirtschaft 2021: Redispatch 2.0.
„Einfach zum Hörer greifen und das Expertengespräch zu uns Energiemeteorologen suchen, dazu laden wir herzlich ein. Solch ein Austausch hilft beiden Seiten“.
Alexander Lehmann
Herr Lehmann, Redispatch 2.0 ist eines der Kernthemen 2021 für Netzbetreiber – worin besteht der Zusammenhang zu Ihnen im Bereich der Energiemeteorologie?
Die Energiewirtschaft erlebt gerade den wahrscheinlich größten Transformationsprozess ihrer Geschichte. Früher war alles relativ einfach: Netzengpässe wurden in erster Linie über das Regeln konventioneller Kraftwerke im Hochund Höchstspannungsnetz gelöst. Nach und nach fallen nun diese „alten“ Kraftwerke weg, dezentrale Erzeuger, vor allem Erneuerbare, kommen immer mehr hinzu. Letztere aber hängen ganz überwiegend in den tieferen Spannungsebenen. Damit wird es aus Kosteneffizienzgründen unabdingbar, Netzengpässe lokal, also in den Verteilnetzen zu beheben. Um die Redispatch 2.0-Anforderung umsetzen zu können, benötigen die Verteilnetzbetreiber (VNB) punktgenaue, verlässliche meteorologische Informationen zu den dezentralen Erzeugungseinheiten. Genau hierin besteht der Brückenschlag zur Energiemeteorologie.
Steigt die Bedeutung meteorologischer Daten für den Betrieb von Wind- oder PV-Anlagen?
Im noch geltenden, bisherigen Regime ist es für VNB ausreichend, im Groben zu wissen, was Erneuerbare einspeisen. Allerspätestens aber zum 1. Oktober 2021 werden für alle Anlagen >100 kW punktgenaue Ist- und Prognosedaten zur Erzeugung gefordert. Die Relevanz meteorologischer Daten wird damit auf einen Schlag nach oben katapultiert.
Gibt es neben rein technischen/ regulatorischen Anforderungen weitere Gesichtspunkte für die Netzbetreiber?
Die Frage der meteorologischen Daten bzw. Datenqualität hat auch stark kommerzielle Aspekte oder anders ausgedrückt – neben Chancen, die Redispatch 2.0 eröffnet, stecken darin potentiell auch erhebliche finanzielle Risiken. Falsche Prognosen können im Rahmen des neuen Redispatch- Bilanzkreises sehr teuer werden – Stichwort Ausgleichsenergie -, ebenso auch resultierende (zu hohe) Kostenerstattungen an Anlagenbetreiber. Daneben muss die entsprechende Energiebeschaffung optimiert werden. All dies funktioniert nur mit entsprechenden, validen Daten.
Welchen Rat geben Sie aus Sicht des Energiemeteorologen?
Beim Wetter wird es in den seltensten Fällen eine 100 %ige Sicherheit geben. Umso wichtiger ist es, das Risiko einschätzen zu können. Auch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) verarbeiten deshalb mehrere Prognosen unterschiedlicher Anbieter. Auf diese Weise reduziert man das Risiko für Fehlvorhersagen. Das ist aus meteorologischer Sicht sinnvoll, und es reduziert nebenbei die finanziellen Risiken. So könnte auch ein erfolgreiches Zukunftsmodell der VNB in der neuen Redispatch- Landschaft aussehen.