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30.04.2013 18:01 Alter: 12 yrs
Kategorie: Grüne Gase

Ohne uns wäre es nur nass

Seit über 150 Jahren versorgen die Berliner Wasserbetriebe 3,5 Millionen Menschen in Berlin und Umgebung mit Trinkwasser und behandeln das Abwasser von 3,9 Millionen Menschen. Damit sind sie eines der größten Unternehmen mit langer Erfahrung in der Wasserbranche. Nachhaltigkeit und Verantwortung stehen für die Verantwortlichen des Unternehmens ganz oben auf der Agenda. Wir sprachen darüber mit Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe.


Fotos: Joachim Donath, Berliner Wasserbetriebe
Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe, erläutert das expo-Projekt Uferfiltration
Klärwerk Ruhleben der Berliner Wasserbetriebe

Herr Simon, das Unternehmen hat 2012 erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Folgen Sie damit einem aktuellen Trend?

Mitnichten. Die Berliner Wasserbetriebe sind ein Teil unserer Gesellschaft, somit trägt das Unternehmen auch Verantwortung für die Umwelt und seine Beschäftigten. Wärme aus Abwasser, die Gewinnung von Dünger aus Klärschlamm, der Schutz der natürlichen Ressourcen und die Gesundheit unserer Beschäftigten — das sind nur vier von zahlreichen Aspekten des nachhaltigen Managements bei den Berliner Wasserbetrieben. In ihrer Vielfalt haben wir sie nun erstmals anschaulich im Nachhaltigkeitsbericht beschrieben. Die ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte — die drei Säulen der Nachhaltigkeit — werden im Bericht in ihren Wechselwirkungen und Zusammenhängen betrachtet und sind somit auch für unsere Kunden transparent. Zahlreiche Zahlen und Fakten untermauern dazu unser Engagement. Wir wollen künftig alle zwei Jahre einen solchen Bericht vorlegen.

Warum sprechen Sie vom Kerngeschäft Nachhaltigkeit?

Wasser ist unser Auftrag und die langfristige Sicherung der Trinkwasserversorgung Berlins ist unser wichtigstes Anliegen. Als größtes integriertes Unternehmen für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in Deutschland organisieren wir Wasser-Dienstleistungen für fast 4 Millionen Berliner sowie Einwohner benachbarter Kommunen in Brandenburg.

Wasser ist ein Naturprodukt, das wir in einem Kreislauf nutzen. Wir entnehmen das Grundwasser aus der Natur und bereiten es zu Trinkwasser auf. Das entstehende Abwasser reinigen wir und leiten es als Klarwasser wieder in die Natur zurück. Dazwischen liegen rund 18.655 km Leitungen, Kanäle sowie zahlreiche Anlagen und Prozesse, die wir steuern, instand halten und ausbauen.

Investitionen von mehr als 5 Milliarden Euro seit 1990 allein in die Berliner Abwasser-Infrastruktur haben bewirkt, dass seither 81 % weniger Phosphor und 98 % weniger Ammoniumstickstoff in Spree und Havel eingetragen werden.

Zusammen mit den 3 Milliarden Euro, die in derselben Zeit in den Bereich Trinkwasser geflossen sind, sichern wir ein Trinkwasser, dessen Qualität es mit teuren Flaschen-Wassern mehr als aufnehmen kann.

Sie stehen als Vorstandsvorsitzender für eine ökologisch, ökonomisch und sozial ausgerichtete Unternehmenspolitik. Ist dies eine besondere Verantwortung für Berlin?

Berlin wird, das ist für eine Stadt dieser Größenordnung ungewöhnlich, nahezu komplett mit Trinkwasser aus dem eigenen Stadtgebiet versorgt. Darum liegt ein besonderes Augenmerk auf dem gleichermaßen ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Management dieses Wasserkreislaufs. Ökologisch, weil wir den Rohstoff für unser Produkt aus derselben Natur und Umwelt beziehen, in der wir leben und auf die auch künftige Generationen angewiesen sind. Ökonomisch, weil die langfristige Lösung dieser Aufgabe Investitionen erfordert, die nur ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen tätigen kann. Sozial, weil wir erfahrene und qualifizierte Experten brauchen und darüber hinaus als einer der größten Arbeitgeber in der Region eine besondere Verpflichtung gegenüber den Menschen haben.

Wenn wir konsequent nachhaltig wirtschaften, profitiert davon ganz Berlin. Heutige und künftige Berlinerinnen und Berliner, weil wir über das Wasser hinaus Umwelt- und Klimaschutz im Blick haben. Unsere Kunden, weil wir ein Spitzenprodukt anbieten, in dessen Qualität wir ständig investieren. Und unsere Mitarbeiter, weil wir attraktive und anspruchsvolle Arbeitsplätze mit Entwicklungsperspektive bieten.

Gibt es dafür Beispiele?

Nehmen wir als Beispiel die Wasserschutzgebiete, für Berlin rund 25 % des Stadtgebietes, was einer Fläche von 221 km² oder rund 31.000 Fußballfeldern entspricht. Wer Wasserwerke betreibt, ist für aktiven Umweltschutz verantwortlich. Denn das Einzugsgebiet solcher Werke wird zum Wasserschutzgebiet erklärt. Davon profitieren nicht nur die Pflanzen- und die Tierwelt, gutes Wasser ist auch gut für die Luft. Unsere Wasserschutzgebiete sind nicht nur grün, sie liegen auch mitten in der Stadt, wie jeder Besucher der Stadt erleben kann. Anderes Beispiel: Phosphor ist bekanntlich wesentlicher Bestandteil von Pflanzendünger und wird schon bald zu einer knappen Ressource werden. Jeder EU-Bürger nimmt täglich ungefähr zwei Gramm dieses Elements mit der Nahrung zu sich. Was der Körper nicht braucht, landet in der Kläranlage. Phosphor-Recycling aus Klärschlamm steht heute in Deutschland weit oben auf der Agenda. Wir haben uns früh auf diese Herausforderung eingestellt. So gewinnen wir bereits seit einiger Zeit und mit einem selbstentwickelten Verfahren Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP) aus Klärschlamm — ein wertvoller Dünger, den wir unter dem Namen "Berliner Pflanze" vertreiben.

Verlangt das nicht Forschung mit langem Atem?

Solche Lösungen fallen nicht vom Himmel. Da braucht es den festen Willen, Projekte anzugehen, für die manchmal ein langer Atem nötig ist. Berlin ist ein wichtiges Zentrum der Wasserforschung. Mit unserer hauseigenen Forschungsabteilung und unseren Partnern, vor allem mit dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin und der TU Berlin, sind wir in zahlreiche Forschungsvorhaben rund um den Wasserkreislauf eingebunden. Die ständige Weiterentwicklung von Technologien und Verfahren erfordert deshalb auch die permanente Weiterentwicklung des Wissens unserer Mitarbeiter. Wir fordern von ihnen, das ganze Berufsleben lang hinzuzulernen, neue Qualifikationen zu erwerben und neueste Technologien zu beherrschen und anzuwenden. Das macht unsere Arbeitsplätze attraktiv, anspruchsvoll und spannend.

Welche Herausforderungen stehen aktuell für die Berliner Wasserversorgung?

Künftig stehen wir vor zwei großen Herausforderungen. Die sinkende Wasserabnahme wirkt sich direkt auf die Wasserpreise je Kubikmeter aus. Denn rund 80 % unserer Betriebskosten sind nutzungsunabhängig, sie fallen in erster Linie für Unterhalt und Instandhaltung der Infrastruktur an. Wir streben daher eine Tarifgestaltung an, in der Grundpreis und mengenabhängige Komponenten dieser Entwicklung Rechnung tragen. Trinkwasserqualität, Investitionen und Wasserpreis stehen in einem Zusammenhang. Wir stehen für eine transparente Preisbildung in der Wasserwirtschaft.

Ebenso stellt uns der demografische Wandel vor die Herausforderung, unseren Bedarf an qualifizierten Fachkräften auch künftig sicherzustellen. Eine Aufgabe, dessen bin ich mir sicher, die wir durch die konsequente Positionierung als attraktiver und nachhaltiger Arbeitgeber in der Region lösen werden.

Wir stehen für unsere Unternehmensphilosophie: Wasser ist unser Auftrag. Das nachhaltige Management des Wasserkreislaufs ist unser Kerngeschäft, dem wir verpflichtet sind.

Opens external link in new windowIm Internet: www.bwb.de