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Oesterreichs Energie fordert temporären Strommarkteingriff
Im Zuge des Sondertreffens der EU-Energieminister fordert Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft von Österreich, weitergehende Schritte. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass sich die europäischen Energiemärkte derzeit im roten Bereich befinden, unterstreicht Dr. Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie im Gespräch mit THEMEN!magazin.
Oesterreichs Energie vertritt seit 1953 die gemeinsam erarbeiteten Brancheninteressen der E-Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. Die rund 140 Mitgliedsunternehmen erzeugen mit rund 20.000 Mitarbeitern etwa 90 Prozent des österreichischen Stroms mit einer Engpassleistung von über 27.500 MW. Insgesamt wurden im Jahr 2021 rund 70 TWh Strom erzeugt, davon rund 75 Prozent aus erneuerbarer Energie.
Frau Dr. Schmidt, warum die aktuelle Wortmeldung zum EU-EnergieGipfel?
Die europäischen Energiemärkte befinden sich derzeit im roten Bereich und die Sicherheit der Energieversorgung steht auf dem Spiel. Um in dieser Situation die Sicherheit und die Leistbarkeit der Energieversorgung weiterhin wahren zu können, müssen nun rasch zielführende Maßnahmen auf europäischer Ebene gesetzt werden. Besondere Priorität hat dabei neben Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Gruppen die temporäre Entkoppelung der Strompreise von den Gaspreisen.
Die internationale Mangellage bei Gas, die durch die Reduktion der russischen Gasliefermengen ausgelöst wurde, führt derzeit auch im Strombereich zu stark steigenden Großhandelspreisen. Die österreichische EWirtschaft, die sich auch auf nationaler Ebene intensiv mit diesem Thema beschäftigt, würde hier einen Vorstoß auf europäischer Ebene begrüßen.
Sind Eingriffe in den Strommarkt der Königsweg?
Wesentlich aus Sicht der Branche ist, dass jeder Eingriff in den Strommarkt gut konzipiert und zeitlich klar begrenzt werden muss. Bei Eingriffen in das Strommarktdesign müssen die Auswirkung auf den Markt ebenso mitbedacht werden wie die Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, die Nachfrage nach Gas und die Investitionssicherheit für den Ausbau der Erneuerbaren Anlagen. Hierfür benötigen wir ein konzertiertes Vorgehen auf europäischer Ebene. Zudem sind auf europäischer Ebene Maßnahmen zur Liquiditätsunterstützung von Energieunternehmen bei der Erbringung von Sicherheitsleistungen bei Geschäften am Großhandelsmarkt zu schaffen. Zu beachten ist, Marktdesign und Liquidität müssen in einem gesunden Verhältnis bleiben.
Welche Wege schlagen Sie vor?
Im Hinblick auf den bevorstehenden Winter müssen umgehend klare Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs ergriffen werden. Neben der Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere im Industriebereich, sowie Unterstützungsmaßnahmen im Gewerbebereich, müssen aus Sicht der Branchenvertretung auch Maßnahmen zum Schutz von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen gesetzt werden.
Und wir müssen das Angebot an Erneuerbarer Energie ausbauen. Denn ein wesentlicher Schlüssel um die Situation an den Energiemärkten mittelfristig wieder in den Griff zu bekommen, ist ein forcierter Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten. Es gilt, dass umgehend alle Hürden beseitigt werden – bei den Genehmigungsverfahren ebenso wie bei der Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Und es ist ebenso zu sichern, dass auch Wasserkraft in diesem System wieder wirtschaftlich wird. Im Energiebereich selbst haben wir derzeit nur zwei wirksame Hebel um die Preise zu beeinflussen: Wir können in den Markt eingreifen oder den Bedarf an Energie senken. In der aktuellen Situation müssen wir von beiden Gebrauch machen.