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Öffentlich-private Partnerschaften für mehr Effizienz
Aktuell beziffert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Investitionsrückstand bei Infrastruktur in Deutschland auf rd. 150 Mrd. Euro. Trotz dieses Defizits will die neue Bundesregierung die Hürden für Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) im Infrastrukturbereich erhöhen. Der falsche Weg, meint Dr. Oliver Rottmann, Geschäftsführender Vorstand des Kompetenzzentrums Öffentliche Wirtschaft, Infrastruktur und Daseinsvorsorge (KOWID) an der Universität zu Leipzig im Gespräch mit THEMEN!magazin.
„Auf die enormen Effizienzund Innovationspotenziale, die ÖPP generieren kann, sollte die Politik nicht aus ideologischen Gründen verzichten. Es wäre fatal, privatwirtschaftliches Knowhow bei Management und Planung von öffentlicher Infrastruktur auszublenden. Dazu sind die Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Infrastruktur viel zu groß.“ Dr. Oliver Rottmann
Herr Dr. Rottmann, Sie befürworten mehr Effizienz durch privates Know-how, warum?
Bilder maroder Brücken, Straßen oder Schulen zeigen anschaulich den Zustand öffentlicher Infrastruktur in Deutschland. Woher sollen neue Investitionen kommen? Die kommunalen Steuereinnahmen sind in den Jahren 2020 und 2021 um rund 20 Milliarden eingebrochen, bis 2024 dürften weitere knapp 20 Milliarden in den kommunalen Kassen fehlen. Auch werden die aktuellen Herausforderungen durch den Ukraine-Krieg noch größere Anforderungen an die öffentlichen Haushalte stellen. Deshalb ist damit zu rechnen, dass diese Haushaltslöcher negative Folgen auf die Investitionen haben.
Gäbe es aus dieser Sachlage heraus eine Lösung?
Ein mögliches Instrument, den Ausbau zu beschleunigen und Effizienzpotentiale zu heben, sind öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP). Kooperationschancen ergeben sich dabei nicht nur im Hoch- und Tiefbau, den klassischen ÖPP-Bereichen. Auch bei der Energieversorgung und der Mobilität, in der Kreislaufwirtschaft oder der digitalen Infrastruktur sind ÖPP-Projekte von Nutzen. Darum ist es umso erstaunlicher, dass die Ampel-Koalition künftig ÖPPProjekte erschweren will, etwa im Fernstraßenbau.
Man hat den Eindruck, die Debatte scheint ideologiegetrieben?
Bereits in den vergangenen Jahren ist das Pendel der Liberalisierung in Richtung einer verstärkten Rekommunalisierung zurückgeschlagen. Es werden vor allem die Bedenken von Kritikern herangezogen, dass private Unternehmen Ertragsziele vor öffentliche Versorgungsansprüche stellen und damit zum Nachteil der öffentlichen Hand agieren. In dieser scheinbar ideologiegetriebenen Debatte sollte man allerdings den Blick auf die Fakten richten. Denn bei ÖPP handelt es sich nicht um Privatisierungen. Es geht vielmehr um eine längerfristige Kooperation zwischen der öffentlichen Hand und einem privaten Unternehmen oder Konsortium. Mit dem Ziel, gleichermaßen bei Planung, Bau, Betrieb, Instandhaltung und gegebenenfalls Finanzierung aus einer Hand Effizienzvorteile bei den Kosten und bei der Qualität zu realisieren.
Die Erfahrungen mit ÖPP-Projekten waren in der Regel positiv. Neue Autobahnstrecken, Schul- und Kitabauten, aber auch kommunale Versorgungs- oder Digitalisierungsvorhaben wurden effizient und in hoher Qualität erstellt – während rein staatliche Projekte oft erst mit großem Zeitverzug und explodierenden Kosten fertig waren. Und dem Vorwurf, dass ÖPP-Projekte dazu genutzt würden, Schulden in öffentlichen Haushalten zu verschleiern und Kosten möglichst intransparent darzustellen, ist mit der Umstellung der Kommunen auf die „doppische Haushaltsführung“ weitestgehend der Boden entzogen.