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15.11.2016 10:11 Alter: 8 yrs

Nur keine „weichgespülte“ Diskussionsveranstaltung

Die Qualität der Führungskräfte zeigt sich vor allem in Zeiten des Umbruchs, wie sie die Energiebranche aufgrund von Energiewende und zunehmenden Wettbewerb aktuell erlebt. Coaching kann Topmanagern dabei helfen, das eigene Führungsverhalten zu verbessern und die Mitarbeiter von Befehlsempfängern zu Mitstreitern zu machen, um zu neuen Lösungen zu gelangen. Coaching erweist sich als ein probates Mittel zum Anstoßen von Veränderungsprozessen. In seinem Gastbeitrag erläutert Dr. Ralf Biele, Senior Director Board & Executive Mercuri Urval, wie Topmanager durch Coaching vom Chef zum Anführer eines Teams werden. Foto: Mercuri Urval


Es gibt, etwas vereinfacht dargestellt, zwei Arten von Führungskräften. Die eine Art erklärt ihren Mitarbeitern in der Besprechung am Vormittag das Konzept, fragt sie, wie sie ihre Aufgabe angehen wollen und geht am Nachmittag auf den Golfplatz. Am Abend lässt sie sich dann die Ergebnisse berichten. Die andere Art erklärt ihren Mitarbeitern am Morgen, was und wie es zu tun ist, kontrolliert den ganzen Tag, ob alles funktioniert und geht am Abend erschöpft nach Hause. Die meisten Führungskräfte gehören zur zweiten Art und fühlen sich deshalb oft am Rande der Erschöpfung. Allerdings sind sie daran nicht ganz unbeteiligt, denn Variante eins setzt voraus, dass die eigenen Mitarbeiter soweit entwickelt werden, dass sie selbstständig und eigenverantwortlich die Grundaufgaben bewältigen können, weil sie wissen, welchen Beitrag ihre Aufgabe im Gesamtkontext leistet.

Google und Co. machen es vor

Wenn Unternehmen im Markt bestehen oder wachsen wollen, dann sollten sie das in ihnen schlummernde kreative Potenzial heben, um neue Lösungen zu erarbeiten. Hier müssen sowohl die Führungskräfte als auch die Mitarbeiter dazulernen. Das gilt auch für viele Unternehmen in öffentlich-rechtlicher Hand wie etwa Sparkassen, Krankenhäuser oder kommunale Energieversorgungsunternehmen. Die alte Arbeitsteilung, wo die Führungskraft sagt, hier geht es lang und der Mitarbeiter als Zahnrad im Getriebe lediglich seinen Dienst erledigt, funktioniert in einem zunehmend dynamischen Marktumfeld nicht mehr. Es geht in Sachen Führungskultur und Eigenverantwortung der Mitarbeiter aber auch anders, wie die Beispiele aus anderen Branchen zeigen. In den Unternehmen der IT-Branche herrscht aufgrund des Wettbewerbs und des dynamischen Wandels in der Technik ein ganz anderes Verständnis des Umgangs miteinander und in Bezug auf die Kunden. Hier sind Flexibilität und eigenverantwortliches Handeln der Mitarbeiter wesentlich für den Erfolg. Oft genug kommen Anregungen und Lösungsvorschläge von den Mitarbeitern, die im engen und regelmäßigen Kontakt mit den Kunden stehen. Um die besonderen Herausforderungen der Energiewende meistern zu können, benötigen die traditionellen Energieversorgungsunternehmen eine neue Unternehmenskultur, die vom obersten Management initiiert und von den Führungskräften der zweiten und dritten Reihe vorgelebt werden muss. Nur so können die Mitarbeiter und ihr kreatives Potenzial erschlossen und wichtige Ziele wie mehr Kundenorientierung und effizientere Aufgabenerfüllung erreicht werden. Coaching ist dabei ein wesentliches Element, um diesen Veränderungsprozess in Gang zu bringen, denn der Coach ist nicht nur für die Theorie, sondern auch für die Umsetzung mit verantwortlich.

Coaching in vier Schritten

Als Coach hat man einen neutralen Blickwinkel auf das Geschehen in den Unternehmen und verfügt über Einblicke in viele unterschiedliche Unternehmen. Und fast immer sieht

man findige und lernfähige Menschen, die teils unentdeckte und nicht geförderte Kompetenzen haben und die selbst gerne mehr Verantwortung für ihr Tun übernehmen würden. Dieses positive Menschenbild sollte auch die Haltung der Führungskraft sein, die die Erfahrung aus dem Coaching in den Führungsalltag einfließen lassen will.

Das Coaching von Führungskräften basiert oft auf dem sogenannten GROW-Modell und soll den Teilnehmern helfen, ihr Führungsverhalten in vier Schritten zu verbessern. Der Name des Modells stammt von den vier Anfangsbuchstaben der englischen Wörter dieser Schritte: Goals (Ziele vereinbaren), Reality (Ist-Zustand analysieren), Opportunity (Möglichkeiten abwägen) und Will (Wille zum Handeln).

Der Ausgangspunkt im Coaching ist die klare Formulierung des Ziels. Zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitern muss die Richtung klar sein, in die das Unternehmen oder die Abteilung steuern soll. Diese Übereinstimmung erkennt man am besten daran, dass die Mitarbeiter von sich aus in der Lage sind, ihre Ziele zu formulieren. Im zweiten Schritt muss es daher eine Diskussion über den aktuellen Zustand geben, denn es ist für Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen wichtig, dass möglichst alle Facetten und Sichtweisen auf die Lage berücksichtigt werden.

Gemeinsam Lösungen suchen

In einem dritten Schritt geht es um die Suche nach Lösungen und konkreten Handlungsoptionen. Dazu sind in einem kreativen Prozess innerhalb der Abteilung die Möglichkeiten auszuloten, mit denen ein bestimmtes Projekt verwirklicht oder ein Ziel erreicht werden könnte. Liegen alle Möglichkeiten auf dem Tisch, werden diese nach zielführenden Prinzipien bewertet, denn neben den zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen spielen auch die Durchführbarkeit und der zu erwartende Nutzen eine wichtige Rolle. Wurde dann ein praktikabler Lösungsvorschlag gefunden, ist entscheidend, ihn in konkrete Teilschritte zu zerlegen, Verantwortlichkeiten zu verteilen und die Umsetzung abzustimmen. Das hohe Maß an Verbindlichkeit in dieser vierten Phase führt dazu, dass Coaching von den teilnehmenden Führungskräften nicht als weichgespülte Diskussionsveranstaltung wahrgenommen wird, sondern als zielorientiertes Instrument zur Aufgabenerfüllung.

Eine Führungskraft, die mit den Elementen des GROW-Modells führen will, sollte vor allem zuhören können. Das setzt nicht nur die richtigen Fragen voraus, sondern auch ein ehrliches Interesse und ein Gespräch auf Augenhöhe. Andere Ideen sollten zugelassen und durch relevante Fragen auf ihre Umsetzbarkeit geprüft werden. Ein positives und konstruktives Feedback ermutigt die Mitarbeiter, auch bei nicht umsetzbaren Ideen weiter am Ball zu bleiben. Die Entwicklung der eigenen Mitarbeiter setzt sich aus vielen kleinen Bausteinen zusammen, die Geduld erfordern.

Eigenes Führungsverhalten auf den Prüfstand

Oft wird das Argument eingebracht, die Haltung einiger Mitarbeiter würde dem Coaching- Ansatz entgegenstehen. Hier sollte man wohl die Ursachen ausleuchten. Denn es ist kein Wunder, wenn die Mitarbeiter keine eigenen Ideen und Lösungen entwickeln, weil sie bislang immer wieder die Erfahrung machen mussten, dass der Chef seine eigenen Ideen durchsetzt und ihre Lösungsvorschläge nicht willkommen sind. Kennt der Chef bei jedem Problem ohnehin die beste Antwort, dann nimmt man halt den bequemen Weg ins Büro des Vorgesetzten. Diese Haltung bei den Mitarbeitern zu verändern, beginnt für die Führungskraft damit, dass eigene Führungsverhalten zu verändern.

www.mercuriurval.com