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18.11.2014 12:30 Alter: 10 yrs

Notwendiger Netzaus- und -umbau trotz sinkendem Energiebedarf

Der EU-Klimagipfel hat im Oktober beschlossen, den Energieverbrauch in Europa bis 2030 um 27 % zu senken. Der Anteil der Erneuerbaren Energien hingegen soll bis 2030 auf mindestens 27 % ansteigen. Durch den hierfür erforderlichen Netzausbau und -umbau ergibt sich das Paradoxon, trotz sinkenden Bedarfs flächendeckend in diese Infrastruktur zu investieren. Die für Netzbetreiber so wichtige Effizienz, das Verhältnis zwischen Output und Input, nimmt hierdurch zwangsläufig ab. Einen Ansatz, diesen Widerspruch zu lösen, bieten netzebenenund gebietsübergreifende Zielnetzstrukturuntersuchungen. Mehr im Gastbeitrag von Jens Apelt, Geschäftsführer der Creos Deutschland GmbH, Saarbrücken.


Schemaplan des Gasnetzes der Creos Deutschland GmbH nach der Netzstrukturuntersuchung. Durch Berücksichtigung der vor- und nachgelagerten Netze konnten Redundanzen abgebaut werden, die bei ausschließlicher Betrachtung des eigenen Netzes nicht ersichtlich sind.

Während der Primärenergieverbrauch sinkt, müssen gleichzeitig alte Leitungen erneuert und an den zukünftigen Verbrauch angepasst werden. Die Erneuerbaren Energien brauchen Speicher- und Pufferkonzepte und die Angleichung der Versorgung von Nord- und Süddeutschland fordert Investitionen in den Netzausbau. Leitungen haben eine kalkulatorische Abschreibungsdauer von mehr als 40 Jahren. Die Bevölkerungszahlen sind rückläufig, was gerade in dünn besiedelten Gebieten immer wieder die Frage nach effizienter Infrastruktur aufwirft. Gleichzeitig sind die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen ungewiss, da sich die Energiewende evolutionär entwickelt. Ob die eingesetzten Kapitalkosten in angemessener Zeit mit einer angemessenen Rendite erwirtschaftet werden können, steht ebenfalls in den Sternen.

Kostenerstattung ist noch kein Gewinn

Energieinfrastrukturen (Strom- und Gasnetze) unterliegen in Deutschland der Anreizregulierungsverordnung. Deren Prinzip besagt, dass einem 100 % effizienten Netzbetreiber sämtliche Kostenpositionen (Lohn, Material, Fremdleistungen etc.) über die Netzentgelte erstattet werden. Mit der 100%igen Erstattung vorgenannter Kosten ist aber noch kein Cent verdient. Gewinne im Netzgeschäft werden quasi ausschließlich durch die Verzinsung des eingesetzten Kapitals erwirtschaftet. Das eingesetzte Kapital wird in der Regel in Infrastrukturanlagen wie Leitungen, Armaturen, Gasdruckregelanlagen, Trafostationen usw. investiert. Auf Basis dieses Anlagevermögens berechnet sich nach den Netzentgeltverordnungen die Eigenkapitalverzinsung. Ein 100 % effizienter Netzbetreiber kann demnach rein rechnerisch eine maximale Verzinsung von ca. 4,8 % nach Steuern erwirtschaften.

 

Infrastruktur muss effizient sein

Die entscheidende Frage für die Erwirtschaftung dieser Maximalrendite ist demgemäß: Wie werden 100 % Effizienz erreicht?

Die Effizienzwertbestimmung erfolgt über ein definiertes Benchmarkverfahren, in dem die Netzbetreiber miteinander verglichen werden. Grundsätzlich muss hierbei ein möglichst gutes Verhältnis zwischen Output und Input erzielt werden. Das Output stellt in der Regel die energiewirtschaftliche Leistung dar, das bedeutet, wie viele Menschen über diese Infrastruktur mit welcher energetischen Leistung versorgt werden, während der Inputparameter sowohl operative Kosten als auch oben genannte Kapitalkosten beinhaltet. Wichtigste Voraussetzung für einen 100 % effizienten Netzbetreiber ist nicht nur ein möglichst effizienter Betrieb des Netzes, sondern eine möglichst effiziente Infrastruktur, das heißt, dass wirklich nur die absolut notwendigsten Leitungen und Anlagen vorgehalten werden dürfen.

Die Energienetze in Deutschland sind teilweise 100 Jahre alt. Erfahrungsgemäß sind in historisch gewachsenen Infrastrukturen gesamtheitlich betrachtet auch oft nicht unbedingt notwendige Anlagen vorhanden. Schätzungen zufolge gibt es in allen Infrastrukturnetzen (Gas, Wasser, Strom, Telekommunikation etc.) 10 % überflüssige Betriebsmittel.

Netzstrukturuntersuchungen im Fokus

Die Creos Deutschland GmbH betreibt im Saarland und in Rheinland Pfalz ein 1.700 km langes Gasnetz. Dieses Netz gehört zu den ältesten Gasnetzen in Deutschland. Aus diesem Grund stehen in den nächsten 20 Jahren Investitionen in Höhe von ca. 200 Mio. € für die Modernisierung des Netzes an. In diesem Zusammenhang wurde eine Netzstrukturuntersuchung durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass mehr als 100 km Leitungsabschnitte nicht mehr erneuert werden müssen und stillgelegt werden können; und dies ohne Einbußen der Leistungsfähigkeit des gesamten Netzes.

Bei derartigen Netzstrukturuntersuchungen ist es ratsam, auch vor- und nachgelagerte Netzbetreiber in die Überlegungen mit einzubeziehen, denn nur eine ganzheitliche Sichtweise der gesamten Energieinfrastruktur gewährleistet eine 100%ige Effizienz für alle Netzbetreiber. Insofern dürfen Netzstrukturuntersuchungen nicht halt vor Konzessionsgebieten oder Netzebenen machen.

 

Redundanzen reduzieren

Am Anfang aller Investitionsüberlegungen standen auf Basis des n-1 Redundanzkriteriums drei Fragen:

1. Welche Funktion hat das jeweilige Betriebsmittel? 2. Sind die Funktionen der Betriebsmittel aufeinander abgestimmt? 3. Sind alle Betriebsmittel erforderlich?

Großes Einsparpotential zeigt sich oft bei Gasübergabestationen – den Schnittstellen zu den Stadtwerken und großen Industrieanlagen. Im Laufe der Jahre wurde sukzessive, analog des steigenden Bedarfes hinzugebaut. Hierbei wurden umfangreiche Redundanzen geschaffen, die ohne Einbußen an Versorgungssicherheit reduziert werden könnten.

Eine Verringerung der Übergabestationen schafft einfache Netzstrukturen, reduziert Betriebsmittel und senkt dadurch nicht nur Kapital- und Instandhaltungskosten - weniger Betriebsmittel sind auch weniger störanfällig.

Von der weitreichenden Planung profitiert nicht nur der einzelne Netzbetreiber und die anliegenden Stadtwerke und Industrieanlagen: Der verantwortungsvolle Umgang mit den Betriebsmitteln bedeutet gleichzeitig eine höhere Effizienz und dadurch kostengünstige Netzentgelte.

 

Anwendung auch bei der Wärmeversorgung

Selbst spartenübergreifend lassen sich so komplexe Fragestellungen gemeinsam lösen, zum Beispiel bei der Wärmeversorgung von Neubaugebieten oder beim Thema Speicherung von Erneuerbaren Energien.

Gerade im Zuge der Energiewende ist die Zusammenarbeit aller Protagonisten unerlässlich, um volkswirtschaftlich und gesamtwirtschaftlich sinnvolle Konzepte zu entwickeln, die allen – Netzbetreibern, Erzeugern und Netznutzern - langfristig Vorteile verschaffen und gleichzeitig die gesetzlich definierte Maximalverzinsung des eingesetzten Kapitals gewährleisten.

Ganz im Sinne des Paragraphen 1 des EnWG: auch in Zukunft eine sicher, preisgünstige und effiziente Versorgung sicherzustellen.

www.creos-net.de