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21.06.2019 11:59 Alter: 5 yrs

Netzengpässe im europäischen Netz

Der Umgang mit Engpässen im europäischen Netz bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den europäischen Stromhandel.


Auf der Euroforum-Konferenz Regelenergiemarkt Strom & Intraday-Handel sprachen wir mit Dr. Bastian Schwark, Head of Market Operations & Network Planning bei Swissgrid AG, zum Umgang mit solchen Engpässen und zur speziellen Situation der Schweiz im europäischen Strommarkt.

Foto: Swissgrid

Herr Dr. Schwark, wie zeigt sich aus Schweizer Sicht das europäische Engpassmanagement?

Wir verzeichnen eine ungewöhnliche Situation. Die Schweiz hat mit 41 grenzüberschreitenden Hochspannungsleitungen das am dichtesten vermaschte Netz in Europa und ist aufgrund der geographischen Lage essentiell für den europäischen Stromtransport. Die EUGesetzgebung bezieht die Schweiz in das geplante grenzüberschreitende Engpassmanagement jedoch nicht mit ein, sie ist aus den Kapazitätsberechnungsregionen (den sogenannten CCRs) ausgeschlossen. Diese sind für die koordinierte Kapazitätsberechnung und den Redispatch-Einsatz verantwortlich.

Als Folge des Blackouts in Norditalien im Jahre 2003 haben die Übertragungsnetzbetreiber an den norditalienischen Grenzen eine nahezu CACM-konforme Kapazitätsberechnung unter Einbeziehung der Schweiz entwickelt. Im Rahmen der Implementierung des CACM ist die Koordination zwischen EU-ÜNB und der Schweiz allerdings gefährdet. Dies hätte insbesondere eine Auswirkung auf die Stromversorgung in Italien, da Italien sowohl kommerziell als auch physisch rund die Hälfte des importierten Stroms aus oder via der Schweiz bezieht.

Wie ist aktuell die Schweizer Netzsituation im europäischen Kontext?

Das Verbundnetz ist das Rückgrat für die stabile Stromversorgung der Schweiz und auch Europas. Aufgrund der geographischen Lage fließt ein Großteil des Stroms durch unser Netz. Beispielsweise werden knapp ein Drittel des Stromaustauschs zwischen Frankreich und Deutschland durch die Schweiz transportiert. Für uns sind dies „ungeplante“ Flüsse. Früher hatten wir durch koordinierte Beschränkung der Grenzkapazitäten, gemeinsam mit unseren Nachbarn, eine ausgeglichene Netzsituation. Die durch die EU-Richtlinien vorgegebenen Prozesse erhöhen die grenzüberschreitenden Kapazitäten, u. a. zwischen Frankreich und Deutschland, auf Kosten der Schweiz. In dieser «Neuen Welt» berechnet ein Algorithmus die Kapazitäten. Das Problem dabei ist, dass die Beschränkungen der Schweizer Netzelemente nicht berücksichtigt werden.

Diese ungeplanten Flüsse durch die Schweiz haben massiv zugenommen und bergen die Gefahr einer Überlastung. Dadurch sind vermehrt Eingriffe im Echtzeitbetrieb notwendig – so werden eigentliche Notfallmaßnahmen zum Normalfall. Durch diese Entwicklungen im EU-Umfeld verzeichnet die Schweiz vermehrt (n-1)-Verletzungen von mehr als 120 %. Letztendlich gefährdet dies die Netzstabilität und damit auch die Versorgungssicherheit in Europa.

Welche Auswirkungen hat dies für die Netzstabilität in der Schweiz?

Bisher fehlt ein bilaterales Stromabkommen mit der EU. Ohne gleichwertige Spielregeln in Gestalt eines Stromabkommens ist die Netzstabilität eindeutig gefährdet. Die Zunahme der Spitzenflüsse zwischen Deutschland und Frankreich ist eine operationelle Herausforderung für die Schweiz. Und die Konsequenzen eines Ausschlusses der Schweiz zeigen sich in einer ineffizienten Kapazitätsvergabe und einer sinkenden Im- und Exportfähigkeit.

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