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< Nur Strukturpolitik allein reicht nicht
20.06.2019 16:01 Alter: 5 yrs

Netzengpässe effizienter bewirtschaften

Im Netzgebiet von 50Hertz lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch im Jahr 2018 bereits bei über 56 %. Der darüber hinaus in Deutschlands Osten produzierte grüne Strom kann aber aufgrund von Netzengpässen nicht immer in die Verbrauchszentren in Süd- und Westdeutschland transportiert werden. Folge: Kraftwerke müssen gedrosselt und erneuerbare Anlagen eingesenkt werden. Neben dem weiteren Ausbau und der Verstärkung des Netzes soll es ab Ende 2021 aufgrund des jüngst novellierten Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG) nun möglich sein, Redispatch auch mit erneuerbaren Anlagen zu betreiben.


Mit Dr. Dirk Biermann, Geschäftsführer Märkte und Systembetrieb bei 50Hertz Transmission GmbH, sprachen wir über neue Modelle der Netzsteuerung.

Foto: Jan Pauls

Im Projekt WindNODE haben sich die Netzbetreiber unter anderem um die sogenannte Flexibilitätsplattform gekümmert. Was war der Antrieb?

Wir wollen das Abregeln von erneuerbaren Anlagen reduzieren, das heute bei Netzengpässen durchgeführt wird, wenn der klassische Redispatch mit konventionellen Kraftwerken nicht mehr weiter hilft. Das Motto lautet: Grünstrom nutzen statt abregeln. Wir und die Verteilnetzbetreiber Stromnetz Berlin, E.dis, Enso und Wemag Netz haben diese Plattform entwickelt, damit regionale Erzeuger, Verbraucher und Speicherbetreiber einen flexiblen und damit netzdienlichen Einsatz ihrer Anlagen anbieten können. Bei diesem Piloten steht vor allem die Koordination zwischen den Netzbetreibern im Vordergrund.

Engpassbewirtschaftung ist auch Teil des NABEG, Stichwort „Redispatch mit erneuerbaren Anlagen“. Worum geht es hier genau?

Bislang ist es so, dass wir bei Netzengpässen als erste Gegenmaßnahme Redispatch durchführen, also die Erzeugung aus konventionellen Kraftwerken diesseits des Engpasses reduzieren, um das Netz zu entlasten. Jenseits des Engpasses werden Kraftwerke entsprechend hochgefahren, damit die Energiebilanz stimmt. Reicht das nicht aus, wird die Stromerzeugung aus Erneuerbaren gedrosselt. Dies geschieht bisher als Notfallmaßnahme. Dabei kann es zu Ungleichgewichten in den Bilanzkreisen der Vermarkter kommen, weil es keinen energetischen Ausgleich gibt. Mit der NABEG-Novelle wird ab Ende 2021 das bisherige reine Abregeln von Erneuerbaren in einen planwertbasierten Prozess überführt. Damit wird die Energiebilanz in einem geordneten Prozess räumlich passend ausgeglichen, ohne neue Netzengpässe zu verursachen.

Wie schätzt 50Hertz das neue NABEG generell ein? Was muss für eine erfolgreiche Energiewende passieren?

Im NABEG sind erfreulicherweise Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren verankert worden. Auch die Möglichkeit, über „vorausschauende Planung“ bei Erdkabelprojekten Leerrohre mit zu planen und beim Bau gleich mit zu legen, wenn eine künftige Kapazitätserhöhung absehbar ist, hilft uns wirklich weiter. Darüber hinaus werden wir vielfältige Maßnahmen für eine optimierte Netznutzung implementieren, so die Installierung von Phasenschiebertransformatoren zur besseren Lastflusssteuerung. Um die Klimaziele zu erreichen, brauchen wir natürlich Fortschritte bei der Sektorkoppelung, bei Powerto- X-Technologien und beim Thema Speicher.

A propos Speicher: Hier kann auch der Netzausbau helfen. 50Hertz steht, gemeinsam mit dem schwedischen Netzbetreiber Svenska Kraftnät, mitten im Netzausbauprojekt Hansa Power Bridge, einer Verbindung zwischen den beiden Ländern durch die Ostsee. Ziel ist es, die schwedischen Wasserspeicher nutzbar zu machen, wenn bei uns viel grüner Strom produziert wird, der in der Region nicht verbraucht werden kann. Die Nutzung erfolgt indirekt, indem die Schweden dann unseren Strom nutzen, anstelle ihre Wasserspeicher zu leeren.

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