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Netze zukunftssicher gestalten
Am 21. Januar 2015 hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) den Evaluierungsbericht zur Anreizregulierung veröffentlicht. Der Bericht kommt zum Ergebnis, dass sich das Anreizregulierungssystem grundsätzlich bewährt hat, gleichwohl aber weiterentwickelt und angepasst werden sollte.
Zu einigen Eckpunkten des Berichtes sprachen wir mit dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Jochen Homann.
Herr Homann, welche Erkenntnisse zieht der BNetzA -Präsident aus der bisherigen Phase der Anreizregulierung?
Aufgrund der Energiewende ist in den kommenden Jahren insbesondere in den Stromverteilernetzen ein erheblicher Aus- und Umstrukturierungsbedarf für die netzseitige Integration von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien erforderlich. Vor allem der genaue Blick auf das Inves titionsverhalten der Stromnetzbetreiber hat uns des halb in den letzten Monaten stark beschäftigt. Der beruhigende Befund ist, dass die Anreizregulierung hier einen positiven Effekt gezeigt hat und sie hatte keine negativen Auswirkungen auf die Investitions- tätigkeit der Strom- und Gas netzbetreiber. Auch die Versorgungs qualität ist trotz realisierter Effizienzsteigerungen weiterhin hoch.
Vergangenheitsorientierte Ergebnisse allein reichen allerdings mit Blick auf zukünftige Entwicklungen im Kontext der Energiewende nicht aus. Daraus ergibt sich auch der Auftrag an ein reformiertes Regulierungs system. Dieses sollte in der Lage sein, auch langfristig die Investitionsfähigkeit der Netzbetreiber zu gewährleisten, damit die notwendigen energiewendebedingten Investitionen tatsächlich finanziert werden können. Wir schlagen einige Anpassungen vor, damit die Regulierung auch künftig energiewendetauglich bleibt.
Bezieht sich das auch auf die Rahmenbedingungen für Netzinvestitionen?
Die Diskussion über das gegenwärtige Regulierungssystem wird dadurch geprägt, ob ausreichend Anreize für notwendige In ves ti tionen und für einen effizienten und langfristig sicheren Betrieb der Gas- und Strom netze gesetzt werden. Dieses Thema hat der Bericht aufgenommen. Er kommt zum Ergebnis, dass sich die Einführung der An reizregulierung nicht grundsätzlich negativ auf die Inves titionstätigkeit ausgewirkt hat. Die Effizienz der Netzbetreiber ist gestiegen und die Versorgungszuverlässigkeit ist nach wie vor auf international höchstem Niveau.
Natürlich besteht inzwischen ein breiter Konsens, dass die Investitionsbedingungen vor allem in den Verteilernetzen verbessert werden müssen. Dazu muss der Zeitverzug zwischen Aufgabenzuwachs und Erlös wirksamkeit des Erweiterungsfaktors, der im Verteilernetzbereich bei zusätzlichen Aufgaben die zusätzlichen Gelder zur Verfügung stellt, beseitigt werden. Dadurch werden die Investitionsbedingungen energiewendefreundlicher ausgestaltet.
Daneben sollen Regelungen geschaffen werden, die den Netzbetreiber anreizen, in intelligente Lösungen zu investieren. Mit der Ausrichtung „Intelligenz statt Leitung“; so beziffert die Verteilernetzstudie des BMWi das Einsparpotenzial durch intelligente Lösungen mit ca. 10- 20 % gegenüber dem konventionellen Netzausbau. Dies zu erreichen, wird ein Rahmen geschaffen werden, der es dem Netzbetreiber erlaubt, Effizienzgewinne u. a. aus intelligenten Lösungen über die Dauer einer Regulierungsperiode hinaus („Efficiency Carry Over“) zu behalten.
Ebenso wollen wir das Instrument der Investitionsmaßnahme, das bisher Erweiterungen in den Übertra gungs netzen regelt, auf besonders von der Energiewende betroffene Vertei lernetz betrei ber ausweiten, um deren besondere Situation angemessen zu berücksichtigen.
Welche Instrumente tragen künftig zur Steigerung der Innovationstätigkeit bei?
Das gegenwärtige System der ARegV bewirkt noch Hemmnisse für langfristig wirksame Innovationen und für Innovationen, die bei einer Einsparung von Kapitalkosten mit erhöhten Betriebskosten verbunden sind. Um Innovationshemmnissen künftig zu begegnen, empfiehlt die BNetzA entweder ein Bonussystem oder einen „Efficiency-Carry- Over“-Mechanismus.
Beim Bonussystem können Netzbetreiber mit einem DEA-Effizienzwert von 100% einen Aufschlag auf die Erlösobergrenze unter Berücksichtigung ihres Abstandes zu den übrigen effizienten Netzbetreibern erhalten.
Beim „Efficiency-Carry-Over“ würde im Basisjahr die Differenz zwischen der bestehenden Erlösobergrenze und den aktuellen Kosten ermittelt werden. Ein Teil (z. B. 50 %) des Effizienzgewinns könnte als Bonus in der nächsten Erlösobergrenze berücksichtigt werden. Wir gehen davon aus, dass beide Instrumente die Anreize zur Kostensenkung verstärken.
Und wie steht es um den Kapitalkostenabgleich?
Modelle, die zur Verbesserung der Investitionsbedingungen einen jährlichen Kapitalkostenabgleich vorsehen, adressieren zwar ebenfalls den bestehenden Zeitverzug zwischen Investition und Refinanzierung. Sie reizen aber eher kapitalintensive Netzaus baustrategien an. Anreize, durch intelligente und innovative Lösungen Kosten einzusparen, würden geschmälert.
Diese Modelle gibt es in unterschiedlichen Spielarten, die je nach Ausgestaltung die Energiewende unnötig um bis zu 8 Mrd. Euro verteuern können. Die Kapitalkostenmodelle setzen auch alle deutlichen Verfahrens verein fachungen voraus, die den Verwaltungs aufwand von Netzbetreiber und Regu lierungsbehörden verringern. Ohne solche Vereinfachungen kann ein jährlicher Abgleich nicht funktionieren.
Übertragungsnetzbetreiber reiben sich am internationalen Effizienzvergleich, wie sieht dies die BNetzA?
Die fehlende Belastbarkeit der Datengrundlage für einen internationalen Effizienzvergleich ist ein berechtigter Kritikpunkt der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Die Er fahrung aus den ersten beiden Effizienzvergleichen hat gezeigt, dass wegen eingeschränkter Bereitschaft der anderen europäischen ÜNB, ihre Daten transparent zu machen, eine hinreichende Belastbarkeit der Datengrundlage schwierig ist. Diese Bereitschaft und damit die Möglichkeit zur Berücksichtigung nationaler und struktureller Besonderheiten werden zukünftig kaum besser werden.
Deshalb denken wir darüber nach, die Durchführung des ÜNB-Effizienzvergleichs unter einen Prüfvorbehalt zu stellen und bezüglich der Methodik die Referenznetzanalyse als gleichrangige Alternative neben dem internationalen Effizienzvergleich in der ARegV zu verankern.
Bekannt ist, dass sich Erschwer nisse bei der Strecken- bzw. Trassenführung, genehmigungsrechtliche Auflagen, politische Entschei dungen oder Auflagen zum Natur schutz auf die Standardkosten auswirken und so von den ÜNB faktisch nicht beeinflussbar sind. Wir sind der Meinung, dass die generellen Anforderungen an die Referenznetzanalyse weiter zu qualifizieren sind.
www.bundesnetzagentur.de