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21.12.2022 09:56 Alter: 2 yrs

Mieter und Wohnungsunternehmen vor finanziellem Ruin schützen

Eine neue Umfrage des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW zeigt eine finanzielle Überlastung von fast der Hälfte der ostdeutschen und fast einem Drittel der westdeutschen Wohnungsunternehmen. In einem Gastbeitrag für THEMEN!magazin benennt Axel Gedaschko, Präsident des GdW aktuelle Anforderungen an die Bundespolitik.


Axel Gedaschko, Präsident GdW Foto: Copyright GdW / Urban Ruths

Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.

Die sozial orientierten Wohnungsunternehmen und ihre Mieter sind angesichts der Gaspreiserhöhungen und der zusätzlichen Gasumlage von einem massiven Preisschock bis hin zur Insolvenz bedroht. In Wolfen in Sachsen-Anhalt beispielsweise ist die Lage jetzt schon absehbar so ernst, dass zu der dort sehr niedrigen Kaltmiete bei einer Wohnungsgenossenschaft von monatlich unter 300 Euro für 60 Quadratmeter monatliche Nebenkosten allein für Heizung und Warmwasser in Höhe von fast 750 Euro hinzukommen. Denn dort haben sich die Preise beispielsweise für Fernwärme gegenüber Oktober 2020 um fast 400 Prozent erhöht. Sehr kurzfristig ist die Entlastung vieler Mieterhaushalte bei den Nebenkosten sowie Bürgschaften für insolvenzbedrohte Unternehmen notwendig.

Kostenkrise wird konkret

Insgesamt wird die Kostenkrise durch die Gaspreise in ganz Deutschland konkreter: 38 Prozent der Wohnungsunternehmen können laut einer neuen GdW-Umfrage die Gaspreissteigerungen nicht aus eigener Liquidität bewältigen und sind auf staatliche Hilfen angewiesen. In den ländlich geprägten Regionen Ostdeutschlands ist die Situation mit 47 Prozent der Wohnungsunternehmen dramatischer als in Westdeutschland, wo aber auch bereits 32 Prozent der Unternehmen nicht über die finanziellen Mittel für die massiven Kostensprünge verfügen.

Existenzbedrohend kann die Situation für 22 Prozent der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland werden – davon 39 Prozent in Ostdeutschland und allein in Sachsen-Anhalt für 53 Prozent der Wohnungsunternehmen. Sie können die Kosten nicht durch die Aufnahme zusätzlicher Kredite bewältigen und brauchen staatliche Hilfen.

In einigen Regionen Deutschlands wird derzeit mit Heizkostensteigerungen um 200 bis 300 Prozent gerechnet. Wohnungsunternehmen im ländlichen Raum sowie deren Mieter treffen die Preissprünge besonders hart. Für eine Durchschnittswohnung mit einer Größe von 60 Quadratmetern müssen die Wohnungsunternehmen bereits jetzt mit teilweise über 1.600 Euro voraussichtlicher Jahreskosten bei den Energieversorgern in Vorleistung gehen. Unter anderem kleinere Wohnungsgenossenschaften bringen diese Verdoppelungen und Verdreifachungen der Vorleistungen schon jetzt an den Rand der Insolvenz. Zeitverzögert kommen damit auf die Mieter Nebenkosten zu, die sich auf die Höhe einer kompletten zusätzlichen Monatsmiete und mehr summieren.

Regierung muss endlich handeln

In dieser gefährlichen Krisensituation verstehen wir die zögerliche Haltung der Regierung nicht. Denn diese führt zu Verunsicherung bei Bürgern und Unternehmen. Mit dem dritten Entlastungspaket gibt es inzwischen zwar Lösungsansätze, doch diese sind zu kleinteilig. Die Bundesregierung sollte ganz oben ansetzen: Es muss einen Gaspreisdeckel geben. In Europa werden aktuell verschiedene Preisdämpfungsmodelle für den Wärmemarkt etabliert oder diskutiert. Auch in Deutschland gibt es diese Diskussion bereits. Ein Gaspreisdeckel bietet Kalkulierbarkeit für Unternehmen und Verbraucher. Für die Wohnungsunternehmen ist eine solche Verlässlichkeit Grundvoraussetzung für verbleibende, vorsichtige Investitionsplanungen.

Darüber hinaus müssen unverzüglich Bürgschaften von staatlicher Seite ermöglicht werden, um die jetzt schon in ihrer Existenz bedrohten Wohnungsunternehmen zu retten und ihre Mieter mit vielfach niedrigen Einkommen ebenfalls vor einem finanziellen Ruin zu schützen.

Wir halten das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung für wichtig und notwendig. Es dürfte damit gelingen, die größten ansonsten zu befürchtenden sozialen Verwerfungen zu verhindern und so letztlich auch den Zusammenhalt in schwierigen Zeiten zu wahren. Ebenso dringend ist aber nun Klarheit darüber notwendig, wie die Maßnahmen zügig umgesetzt werden können. Hier drängt die Zeit, denn eine wachsende Zahl der sozial orientierten Wohnungsunternehmen ist angesichts hoher Vorauszahlungen an die Energieversorger insolvenzbedroht und viele Mieterhaushalte mit geringen Einkommen stehen vor horrenden Nebenkostenrechnungen.

Die Ausweitung des Wohngelds inklusive einer Klimapauschale ist sehr zu begrüßen. Damit wird eine langjährige Forderung der sozial orientierten Wohnungswirtschaft im GdW umgesetzt. Statt bislang 600.000 werden nun 2 Mio. Haushalte entlastet, die am meisten unter den Energiepreisexplosionen leiden. Die genaue Umsetzung der Wohngeld-Ausweitung ist aber noch nebulös. Hier kommt es darauf an, dass eine Beantragung und Auszahlung an die bedürftigen Haushalte schnell und unkompliziert erfolgen kann.

Die Unterstützung für Wohnungsunternehmen, die in dem Entlastungspaket enthalten sind, helfen unseren Unternehmen bei dem bestehenden Problem „Liquiditätslücke“ nicht wirklich weiter. Wir drängen daher weiterhin auf tatsächlich greifende Liquiditätshilfen. Hierzu haben bereits Gespräche mit der Spitze des Bauministeriums stattgefunden. Das Signal an uns von dort lautet: ‚Wir wollen etwas schaffen, was den Unternehmen tatsächlich hilft‘. Dazu werden wir jetzt sehr kurzfristig weitere klärende Gespräche führen. Denn: es eilt sehr!“

Foto: R. Bartel, www.punkt191

Die Kostenkrise durch explodierende Gaspreise in ganz Deutschland wird konkreter. Besondrs davon betroffen sind ostdeutsche, sozial ausgerichtete Wohnungsbaugenossenschaften in strukturschwachen und ländlichen Regionen.

Energiehilfe ist notwendig

Eine pauschalierte und sozial gestaffelte Energiehilfe für einkommensschwächere Haushalte unabhängig von ihrer Wohnform ist dringend notwendig. Nur so lässt sich der soziale Frieden in Deutschland angesichts des jetzt schon absehbaren Ausmaßes der Gaskrise sichern. Um den Berechtigtenkreis in hoher Geschwindigkeit deutlich auszuweiten, muss das entsprechende Verfahren bis zur Auszahlung massiv vereinfacht und beschleunigt werden. Hier sollte vorübergehend eine glaubhafte Erklärung der Betroffenen für eine Berechtigung ausreichen und eine detaillierte Prüfung in einem nachgelagerten Verfahren erfolgen. Auch mit einer solchen Entlastung wird angesichts der weiter zu erwartenden Kostensprünge ausreichend Anreiz bestehen, beim Energieverbrauch zunehmend sparsam zu sein. Und um eine Wohngeldreform auch schnell umsetzen zu können, müssen die Wohngeldstellen zwingend personell und sachlich gestärkt werden.

Neben der Ausgestaltung der Einzelmaßnahmen muss letztlich vor allem noch eines geklärt werden: die Gegenfinanzierung der geplanten Vorhaben. Sie muss für alle transparent dargestellt werden.

Was konkret die ab Oktober vorgesehene Erhebung der Gasbeschaffungs- und Speicherumlage betrifft, sollten diese zeitlich wie auch der Höhe nach gestreckt werden, so dass die monatliche Belastung deutlich sinkt. Da keine mit EU-Recht konforme Ausnahmeregelung zur Erhebung der Mehrwertsteuer erwirkt werden konnte, muss zudem ein alternativer Ausgleichsmechanismus eingeführt werden. Auch sei angemerkt, dass Maßnahmen wie der vom Ministerium schlecht gemachte Vorschlag zum verpflichtenden hydraulischen Abgleich absolut kontraproduktiv sind.

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