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Marktorientierte Lösung statt Kapazitätsmechanismen
Mit Blick auf die Diskussion um das zukünftige Strommarktdesign bekräftigt der Übertragungsnetzbetreiber TenneT seine Überzeugung, dass marktorientierte Lösungen Kapazitätsmechanismen vorzuziehen seien. TenneT begrüßt, dass sich dies im Grünbuch Strommarkt des Bundeswirtschaftsministeriums wiederfinde.
Eine von TenneT beauftragte Studie des international tätigen Beratungsunternehmens E-Bridge zeigt nun erstmals auf, wie ein solches ‚Fangnetz‘ an Kapazitätsreserve sinnvoll ausgestaltet sein kann. Dr. Urban Keussen, Vorsitzender der Geschäftsführung der TenneT TSO GmbH im Gespräch.
Herr Dr. Keussen, was war der Hintergrund für die aktuelle Studie?
Als Übertragungsnetzbetreiber ist es für uns entscheidend, dass die Versorgung mit Strom auch in Zukunft zu jeder Minute und in ausreichendem Maße sichergestellt werden kann und die Systemstabilität gewährleistet ist. Deshalb haben wir auch bereits Anfang 2014 eine Studie zu einem nachhaltigen Strom marktdesign vorgelegt, die das Beratungs un ternehmen E-Bridge in unserem Auftrag erarbeitet hatte. Einige der darin enthaltenen Vorschläge sind mittlerweile politisch aufgegriffen worden, so auch im aktuellen Grünbuch des Bundeswirtschaftsministeriums zum Strommarktdesign.
Die jetzt vorliegende Studie baut nun darauf auf und beschreibt erstmals die konkrete Ausgestaltung einer Kapazitätsreserve (‚Fangnetz‘) als letzte Absicherung, um bei Kapazitätsengpässen die zwangsweise Abschaltung von Verbrauchern zu verhindern. Damit wollen wir einen Beitrag zum laufenden Grünbuch-Prozess leisten.
In der Diskussion um das Strommarktdesign, spricht sich TenneT für marktorientierte Lösungen statt Kapazitätsmechanismen aus, warum?
Weil wir davon überzeugt sind, dass es aktuell keinen Bedarf für Kapazitätsmärkte gibt. In Deutsch land verzeichnen wir gegenwärtig ausreichende Kraftwerkskapazität. Außerdem läuft ein Kapazitätsmarkt Gefahr, teuer und ineffizient zu sein. Er greift in den Wettbewerb ein und kann dadurch notwendige Innovationen bei der Erzeugung bremsen.
Stattdessen reicht es aus, den Strommarkt zu optimieren und zu stärken. Er ist in der Lage, genügend Kraftwerkskapazität vorzuhalten und die Versorgung zu sichern. Zusätzlicher Eckpfeiler ist dann eine Kapazitätsreserve, die wie ein Fangnetz funktioniert. Sie sichert im Notfall die Versorgung, wenn es tatsächlich zu Kapazitätsengpässen kommen sollte, die nicht durch den Markt aufgefangen werden können. So ein Fangnetz greift nicht in den Markt ein, sondern unterstützt ihn. Damit ist es letztlich deutlich effizienter und wirtschaftlicher als ein Kapazitätsmarkt. Zudem soll das ‚Fangnetz‘ auch keine dauerhafte Einrichtung sein, sondern nur für die Übergangszeit zur Verfügung stehen, bis der Strommarkt sich eingependelt hat. Anders als die Netzreserve, die bereits heute genutzt wird, um Netzengpässen aufgrund hoher Einspeisung zu begegnen, sollen die ‚Fangnetz‘-Reserven vor allem Erzeugungs defizite aufgrund von fehlender Einspeisung von Erneuerbaren Energien abfangen und so die Versorgung sichern.
Ein Fangnetz für die Systemstabilität?
So kann man es sehen. Die Fangnetzreserven kommen erst zum Einsatz, wenn alle anderen Maßnahmen wie etwa am Markt vorhandene Flexibilität und die verfügbare Regelleistung zur Stabilisierung des Netzes nicht ausreichen, um Kapazitätsengpässen entgegenzuwirken. Dann sichert das ‚Fangnetz‘ die Systemstabilität ab und verhindert die kontrollierte Abschaltung von Verbrauchern in einzelnen Gebieten. Es greift damit lediglich absichernd in die Funktionsweise des Strommarkts ein und überlässt es den Marktparteien, die effektivsten Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu ergreifen. Damit für die Marktteilnehmer ein Anreiz entsteht, das ‚Fangnetz‘ möglichst nicht zu verwenden und die Möglichkeiten des Strommarkts optimal auszunutzen, sollen diejenigen Marktteilnehmer, die die ‚Fang- netz‘-Reserve in Anspruch nehmen, grundsätzlich die Kosten hierfür tragen.
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