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Kritik an diskriminierender EEG-Reform
Der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) hat die neue Bundesregierung hohe Priorität eingeräumt. Seit Januar liegt ein Reformvorschlag vor.
Die Brancheninitiative Zukunft ERDGAS und andere Verbände stehen einigen Inhalten der Reform kritisch gegenüber. Im Interview sprachen wir mit Dr. Timm Kehler, Sprecher des Vorstands von Zukunft ERDGAS e. V., über die Gründe der Kritik.
Herr Dr. Kehler, was widerstrebt Ihnen an dem Reformvorschlag?
Im Koalitionsvertrag betrachtet die Bundesregierung die Kraft-Wärme-Kopplung als wichtigen Pfeiler der Energiewende. Das Ausbauziel von 25 % bis 2020 soll beibehalten und damit KWK gesetzlich gestärkt werden. Der Vorschlag zur EEG-Reform steht nun im klaren Widerspruch dazu: das KWK-G fördert während das EEG die KWK belastet. Die Einführung einer Bagatellgrenze ist sicher eine Möglichkeit, die Kosten der Energiewende besser zu verteilen. Aber die Höhe dieser Grenze muss sinnvoll gewählt werden. Der bisherige Vorschlag ist unserer Meinung nach zu niedrig.
Sie würden die Bagatellgrenze für KWK-Anlagen nach oben korrigieren?
Das Eckpunktepapier zur EEG-Reform sieht eine Bagatellgrenze von zehn Megawattstunden (MWh) für Anlagen mit einer installierten Leistung bis zehn Kilowatt (kW) vor. Die Strom erzeugenden Heizungen für Ein- und Zweifamilienhäuser mit einem Kilowatt Leistung würden somit zwar weiterhin von der EEG-Umlage befreit bleiben, allerdings wäre diese Grenze bei größeren KWK-Anlagen schnell erreicht.
In großen Wohnanlagen könnten wegen des hohen Wärme- und ganzjährigen Warm wasserbedarfs KWK-Anlagen mit einer Leis tung bis 50 kW und Laufzeiten bis 6.000 Stunden im Jahr wirtschaftlich betrieben werden. Jedoch nur, sofern der im Objekt selbst erzeugte Strom von der EEG-Umlage befreit bleibt. Die vorgeschlagene Grenze von zehn MWh hätte eine solche Anlage bereits nach 200 Betriebsstunden ausgeschöpft. Um den gezielten Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in größeren Wohneinheiten und kleineren Gewerbebetrieben nicht zu behindern, muss die Grenze auf 50 kW Leistung angepasst werden. Eine zusätzliche Deckelung der Erzeugungsmenge ist unsinnig und führt zu einem Bürokratieaufwand.
Welche Folgen sind Ihrer Meinung nach zu befürchten?
Die EEG-Reform, sofern sie in dieser Form beschlossen wird, könnte den weiteren Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung deutlich einschränken und behindern. Nun stellt sich für die Anlagenbetreiber mehr denn je die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Doch genau die muss vor allem bei den Strom erzeugenden Heizungen gewährleistet bleiben. Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen sparen CO 2 und Energie, sind hocheffizient und machen die Stromerzeugung in Deutschland sicherer, flexibler und dezentraler. Der Einsatz der Strom erzeugenden Heizungen muss weiter gefördert werden. Denn sie helfen dabei, den Wärmemarkt zu sanieren. Dem darf die EEG-Reform nicht entgegenwirken. Aber genau das hätte die Bagatellgrenze zur Folge.
Welche Rolle kann die KWK-Technologie unter den bisherigen Bedingungen bei der Energiewende spielen?
Der Wärmemarkt bietet enormes Potenzial für Klimaschutz und Energiewende. Aktuell sind mehr als drei Viertel der rund 20 Millionen installierten Heizungsanlagen technisch veraltet, verbrauchen viel zu viel Energie und müssten dringend erneuert werden. Beim notwendigen Austausch bietet die KWKTechnologie (Mikro-KWK) für den Wohnungsbereich entscheidende Vorteile: Die eingesetzte Energie erzeugt gleichzeitig Strom und Wärme. Dadurch wird ein hoher Wirkungsgrad erreicht. Das schont Ressourcen und senkt den CO 2 -Ausstoß. Mit Hilfe moderner Steuerungstechnik lassen sich KWK-Anlagen zu virtuellen Kraftwerken zusammenschließen, deren Leistung dem Stromnetz flexibel zur Verfügung steht. Dieser Strom kann als Regelenergie die aus der volatilen Einspeisung Erneuerbarer Energien entstehenden Angebotslücken schließen, Bedarfs- und Stromspitzen ausgleichen und den notwendigen Stromnetzausbau verringern und ergänzen.
Auch Bio-Erdgas steht mit in der Diskussion?
Geplant ist, die Förderung der Aufbereitung von Biogas, das ins Erdgasnetz eingespeist werden kann, auszusetzen. Das ist ein Schritt in die falsche Richtung. Mit Bio-Erdgas, damit ist auf Erdgas-Qualität aufbereitetes Biogas gemeint, steht ein regenerativer Energieträger flexibel zur Verfügung, der in der KraftWärme-Kopplung mit einer hohen Effizienz eingesetzt werden kann. Deutsche, mittelständische Unternehmen sind außerdem Marktführer bei der Technologie, Biogas auf Erdgasqualität aufzubereiten. Biogas kann das ganze Jahr über produziert, in großen Mengen ins Erdgasnetz eingespeist und gespeichert werden. Somit kann mit Bio-Erdgas auf eine plan- und regelbare Erneuerbare Energie zugegriffen werden. Deshalb fordern wir, die Förderung von Biogas zur Netzeinspeisung bei der Neufassung des EEG weiterhin besonders zu berücksichtigen.
Was wünschen Sie sich als Brancheninitiative Zukunft ERDGAS von den Reformen der Bundesregierung?
Wir wünschen uns eine technologieoffene Reform ohne Diskriminierung. Erdgas ist und bleibt ein wichtiger Baustein im Rahmen der Energiewende. Es ist umweltschonend, sorgt subventionsfrei für weniger CO 2 -Emissionen und ist flexibel einsetzbar. Innovationen und Technologien, die es in Verbindung mit Erdgas heute schon gibt, sollten genutzt und eingesetzt werden. Wenn die Bundesregierung das Ziel hat, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, braucht es Maßnahmen, die sich auch realistisch umsetzen lassen. Bei der Umgestaltung des EEG sollte mittelfristig die Regulierung durch mehr Markt ersetzt werden – so bleibt Energie bezahlbar.
www.erdgas.info, www.zukunft-erdgas.info