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Kreislaufwirtschaft gehört auf die internationale Agenda
Die europäische Debatte um Klimaschutz darf sich nicht allein auf die Themen Energie und Verkehr beschränken. Auf der UN- Klimakonferenz in Kattowitz war deshalb auch der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. mit der Forderung vertreten, das Thema Kreislaufwirtschaft auf die internationale Agenda zu setzen.
Peter Kurth, Präsident des BDE, mahnt an, statt ideologischer Diskussionen und pauschaler Schuldzuweisungen die Diskussion zum Klimaschutz sach- und faktenbezogen zu führen.
Foto: Die Hoffotografen GmbH Berlin
Rekordtemperaturen, Niedrigwasser in den Flüssen und ausgetrocknete Seen, aber auch Stürme und Starkregen belegen eindeutig, beim Wetter ist etwas in Bewegung geraten, das offensichtlich vom Menschen beeinflusst ist. Der Zusammenhang zwischen CO2- Ausstoß und Erderwärmung wird nur noch von einigen wenigen kühnen Experten in Frage gestellt. Leider wird die Diskussion vielfach nur ideologisch geführt, mit entsprechenden pauschalen Schuldzuweisungen.
Fest steht, dass sich die Erde im Stress befindet. CO2 heizt die Atmosphäre auf. Hinzu kommt, dass die natürlichen Materialien, die der Planet der Menschheit liefert, nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Im Gegenteil: seit Jahren wird der Welterschöpfungstag errechnet.
Im letzten Jahr waren die natürlichen Güter für das Jahr 2018 bereits am 1. August und damit so früh wie nie verbraucht. Seit dem 213. Tag lebten die Menschen für den Rest des Jahres quasi auf Kredit der Erde. Was also ist zu tun? Aus meiner Sicht liegt es auf der Hand, das Thema Kreislaufwirtschaft weit vorn auf die Agenda zu setzen. Erste Erfolge stellen sich bereits ein. Inzwischen setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die großen globalen Herausforderungen der Menschheit, Klimawandel, Energiewende und Ressourcenschonung, nur zu lösen sind, wenn die Kreislaufwirtschaft international etabliert wird.
Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft
Ein Thema für die große Bühne also, und diese bot sich am 3. Dezember letzten Jahres beim Auftakt zur 24. UN- Weltklimakonferenz in Kattowitz. Die Veranstaltungsreihe im deutschen Pavillon begann mit einer Diskussion zum Thema „Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft“ und unterstrich dabei, dass Ökonomie und Ökologie einander nicht ausschließen, sondern sich eher ergänzen. Klimaschutz gelingt also nur, wenn wir unsere Systeme weiterentwickeln, vom Verbrauchen hin zum Gebrauchen, von einer linearen Wirtschaft hin zu einer Kreislaufwirtschaft. Wenn die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein will, dann verlangt es eine Nachhaltigkeitsoffensive, welche an drei Forderungen hängt:
- ein Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle in ganz Europa,
- mehr nachhaltige Beschaffung durch öffentliche Institutionen und den
- Ausbau der internationalen Zusammenarbeit in Sachen Kreislaufwirtschaft.
Gesetzgebung sollte auf den Prüfstand
Seit 2006 ist in Deutschland die Deponierung von unbehandelten Siedlungsabfällen verboten, mit entsprechendem Erfolg. Es ist deshalb unverständlich, dass die EU davor zurückschreckt, endlich ein Zieldatum für die Beendigung der Deponierung von Siedlungsabfällen für die EU- Länder zu beschließen. Ein solches Datum ist meines Erachtens unverzichtbar, um in jedem EU-Land das Fundament für den Aufbau von Anlagen zur stofflichen und thermischen Verwertung zu setzen.
Die Zahlen sprechen für sich: allein die Dualen Systeme in Deutschland sparen jährlich rund 3,1 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente hauptsächlich durch Kunststoffe ein. Deutschland sollte mindestens in dieser Frage Vorreiter der Problemlösung sein. Gleiches gilt für die Bundesregierung bei der Schaffung sachgerechter Rahmenbedingungen für das Recycling. Wenn wir einen Mindestsatz an Rezyklaten in neuen Produkten haben (Minimal-Content- Regelung), dann entwickelt sich ein echter Markt für Rezyklate.
Umweltfreundliche Beschaffung durchsetzen
Auf europäischer Ebene ist die Minimal- Content-Regelung Bestandteil der EU- Kunststoffstrategie. Bis 2025 sollen demnach alle Getränkeverpackungen aus Kunststoff mindestens 35 Prozent Rezyklate beinhalten. So entstehen Märkte. In Deutschland konnte sich Bundesumweltministerin Schulze bei der Vorstellung ihres 5-Punkte-Plans im vergangenen November nicht zu einer solchen Festlegung durchringen. Ein klarer Nachteil!
Dabei ist die öffentliche Hand nicht nur in der Gesetzgebung gefordert, wenn es um Kreislaufwirtschaft geht. Sie muss noch mehr tun. Sie kann beim Materialeinkauf in Bund, Ländern und Gemeinden schon jetzt die geltenden Regelungen des Green-Public-Procurement, der umweltfreundlichen Beschaffung, in die Tat umsetzen. Deutschland kauft jährlich Material für 400 Milliarden Euro ein. Die Anwendung bestehender Regeln in der öffentlichen Beschaffung würde der deutschen Kreislaufwirtschaft mit Sicherheit einen sehr nachhaltigen Schub verleihen und deutlich machen, dass Rezyklate Produktqualität haben und den Vergleich mit Primärmaterialien nicht zu scheuen brauchen.
Globale Lösungsansätze gefordert
Aber auch auf internationaler Ebene muss sich mehr tun. Die globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Nachhaltigkeit brauchen auch globale Lösungsansätze. Dafür muss die Politik den Rahmen schaffen und die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet politisch stärken. Voraussetzung für weltweit hochwertiges Recycling ist dabei die sinnvolle und saubere Trennung der Stoffe, zu der zwingend auch der Aufbau und Betrieb einer soliden Sammelinfrastruktur weltweit gehört. Die Kreislaufwirtschaft kann dazu das Know-how und die Technologie liefern.
Deutschland gibt ein Beispiel
Der Erfolg In Deutschland spricht für sich: bei uns gingen die Treibhausgasemissionen in den Jahren zwischen 1990 und 2015 um insgesamt rund 350 Millionen Tonnen CO2- Äquivalente zurück. Davon entfiel mit einem Rückgang von 38 Millionen Tonnen CO2- Äquivalenten im Jahr 1990 auf nur noch 12 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2015 mit 67 Prozent die deutlichste Minderung auf den Bereich der Abfallwirtschaft. Dieser erfolgreiche Ansatz lässt sich exportieren. Die deutsche Kreislaufwirtschaft ist bereit, hier ihren Beitrag zu leisten und dem Recyclinggedanken weltweit auch praktisch auf die Sprünge zu helfen. Aber auch die internationale Politik, gern auch unter deutscher Führung, ist gefragt. Nötig sind klare Regeln in Verbindung mit wirtschaftlicher Innovation, um Circular Economy weltweit zu etablieren. Wenn wir konsequent auf Nachhaltigkeit setzen, können wir das Klima retten. Dann hätte auch ein Begriff wie „Klimaentspannung“ einmal die Chance, Wort des Jahres zu werden.
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