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< Klima­ und Energieziele 2030: Mehr Realismus notwendig
15.05.2014 09:06 Alter: 11 yrs

Konventionelle Erzeugung im Energiemarkt der Zukunft

Die Energiewirtschaft befindet sich in einem Transformationsprozess, der durch europäische Rahmenbedingungen und durch nationale Richtungsentscheidungen geprägt wird. Effizienz- und Umweltschutzvorgaben sowie Klimaschutzziele sorgen neben einem Wandlungsdruck auch für eine tiefgreifende Umbruchphase der kommunalen Energieerzeugung. Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der WSW Energie & Wasser AG und Vizepräsident Energiewirtschaft des VKU – Verband Kommunaler Unternehmen e. V. reflektiert das insbesondere für Stadtwerke aktuelle Thema der konventionellen Erzeugung im Energiemarkt der Zukunft.


Foto: WSW Energie & Wasser AG

Stadtwerke engagieren sich stark im Erzeugungsmarkt. Doch für die kommunale Energieerzeugung ist die aktuelle Lage momentan nicht einfach. Denn aus volkswirtschaftlicher Sicht zählen konventionelle Kraftwerke logisch zum Portfolio, sie lassen sich aber wirtschaftlich kaum noch betreiben. Wobei sie für die Versorgungsicherheit in Deutschland von enormer Bedeutung sind. Und es ist eine große Investitionsunsicherheit zu erkennen, nicht zuletzt in Bezug auf Erneuerbare Energien (EE). Hier haben Stadtwerke im Hinblick auf Klimaschutzziele in der Vergangenheit im Vertrauen auf die Politik nicht wenig investiert. Nun bringt die neue Bundesregierung zwar eine Reform des EEG auf den Weg. Die für Energieversorger jedoch wichtige Frage, auf welchem Wege die Marktintegration vollzogen werden soll, ist weiter offen.

Wie steht es um die Wirtschaftlichkeit der Erzeugungsanlagen?

Die Lage von Stadtwerken im Bereich Erzeugung spiegelt die VKU-Erzeugungsabfrage zum Jahresende 2013, an der sich 485 kommunale Unternehmen mit eigenen Erzeugungskapazitäten beteiligten. Trotz Anstieg von Stromerzeugungskapazitäten sank der An teil an der gesamten installierten Leistung in Deutschland auf 11,7 Prozent. Die Investitionen in neue Kraftwerke gingen 2012 gegenüber 2011 von 8,6 auf 6,2 Mrd. Euro zurück. Auch die Auslastung der Gas- und Steinkohle kraftwerke der VKU-Mitgliedsunternehmen ab 20 Megawatt Leistung zeigt eine abnehmende Kurve: In der Periode 2010 bis 2012 betrug der Rückgang bei Steinkohlekraftwerken 11,7 Prozent und bei Gaskraftwerken sogar 24,4 Prozent. Diese Reduktion der Auslastung zeigt auch die erzeugte elektrische Leistung der erfassten Kraftwerke, diese nahm gegenüber 2011 um 4,6 Prozent auf 70.621 Gigawattstunden ab. Aufgrund steigender Einspeisung von Er neuerbaren Energien hat sich die Wirt schaftlichkeit der Erzeugungsanlagen verschlechtert und scheint zunehmend gefährdet. Dies zeigt sich, indem Spreads unter Druck kommen, Preise volatiler werden und die Auslastung der konventionellen Erzeugung durch EE-Erzeugung stetig abnimmt. Unter dem Strich müssen wir somit stetig sinkende Erzeugungsmengen feststellen. 

Klimapolitische Ziele werden konterkariert

Der im Sinne der Energiewende starke Ausbau der regenerativen Erzeugungsanlagen stellt demzufolge Betreiber hocheffizienter flexibler Gas- und Kohlekraftwerke vor große Herausforderungen. Zum Teil werden diese zur Stilllegung angemeldet, auch Stadtwerke sind davon betroffen. Damit werden die klimapolitischen Ziele, der Ausbau der Kraft-WärmeKopplung (KWK) und die Diversifizierung des Erzeugungsmixes konterkariert. Was bleibt, ist ein relativ konstanter Kapazitätsbedarf bezogen auf die gesicherte Leistung. Denn auch langfristig werden steuerbare (konventionelle) Kraftwerke für die Vorhaltung gesicherter Leistung benötigt, allerdings mit geringerer Auslastung. Schauen wir auf die Qualität der Versorgungssicherheit in Deutschland, so wird diese durch einen hohen Anteil von Stadtwerken getragen. Denn nach §§ 1,2 EnWG sind Energieversorger (EVU) zu einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen Versorgung verpflichtet. Und wir haben mit ca. 15 Min. pro Jahr die wenigsten Stromausfälle weltweit, ein Spitzenwert.

„Versorgungssicherheit“ muss einen Preis bekommen

Die Stadtwerke brauchen Verlässlichkeit bei den gesetzlichen Rahmenbe dingungen, es wird ein Kapazitätsmechanismus im Rahmen eines neuen Marktdesigns benötigt. Nur durch einen Kapazitätsmarkt kann mittelfristig eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung gewährleistet werden. Mit dem VKU– Vorschlag eines integrierten Energiemarktdesign (iEMD) liegt ein praxisnaher Vorschlag für einen dezentralen Leis tungsmarkt auf dem Tisch, der als umfassender Kapazitätsmarkt die Bereit stellung von gesicherter Leistung honorieren soll. Das heißt, die Bereitstellung des Gutes „Versorgungssicherheit“ muss einen Preis bekommen. Mit dem Ziel einer Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der gesicherten Leistung. Damit kann der Einkommensstrom vorhersehbarer und verlässlicher werden. Eine geringere Wahrscheinlichkeit von Superpeaks erschwert Kraftwerkshedge. Und mit einem integrierten Energiemarktdesign werden außerdem Anreize geschaffen für Neuinves titionen in gesicherte Leistung.

Kommunale Unternehmen engagieren sich stark im Erzeugungsmarkt. Den größten Anteil haben KWK-Anlagen. Damit leisten kommunale Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der politischen Klimaschutz- und KWK-Ausbauziele. Grafik: VKU

Anforderung an ein Marktdesignfür konventionelle Erzeugung:

» Versorgungssicherheit erhalten,

» Wirtschaftlichkeit konventioneller Erzeugung sichern,

» Europarechtskonformität,

» Anreize für eine Flexibilisierung des Systems erreichen und

» Preiswürdigkeit.

Kapazitätsmechanismus in der Diskussion

Diskutiert werden auch andere denkbare Ausprägungen für einen Kapazitätsmechanismus. So das Modell einer Reservekraftwerksverordnung mit der These, dass eine Kapazitätslücke zu höheren Spreads führt und die Erzeugung wirtschaftlich machen kann. Hier ist angedacht, dass Übertragungs netz betreiber (ÜNB) in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur (BNetzA) Netzknapp hei ten planen. Mit dem Ziel, Stilllegungen zu verhindern. Hierzu schreiben sie Kapazitäten aus und bauen selbst neu. Am Erfüllungsgrad der Anforderungen zeigt sich aber: es ist kein marktliches Modell, wahrscheinlich nicht europarechtskonform und reizt keine Investitionen an. Das Modell Fokussierter Kapazitätsmarkt verfolgt den Ansatz, dass Probleme in regional begrenztem Umfang auftreten. Die Kapazi tätszahlung erfolgt nur regional oder für bestimmte Brennstoffe. Hier verweist der Er füllungsgrad der Anforderungen auf eine Diskriminierung von Technologien und Stand orten, was zu Marktverzerrungen führen kann. Zudem sind langfristig zwei Preiszonen wahrscheinlich und hohe volkswirtschaftliche Kosten. Aus der Betrachtung dieser beiden Modelle kann man das Fazit ziehen: Der Vorschlag des VKU zur Einführung eines Leistungs zertifikatemarktes entspricht den Anforderungen am Besten.

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