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Klimaschutz verlangt kommunales Infrastrukturmanagement
Mit Koordination und Abstimmung kann Klimaschutz in Städten und Gemeinden schneller und kostengünstiger umgesetzt werden. Erfahrungen in NordrheinWestfalen zeigen die positiven Wirkungen von kommunalem Infrastrukturmanagement. In seinem Gastbeitrag benennt Rechtsanwalt Martin Brück von Oertzen von Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB den Nutzen dieses kommunalen Infrastrukturmanagements.
Die Erreichung der ambitionierten Klimaziele erfordern tiefgreifende Veränderungen insbesondere in gut 1,75 Mio. km erdverlegten, lokalen Versorgungsnetzen. Diesen Umbau gemeinsam mit den Kommunen vor Ort zu koordinieren und kostenoptimiert umzusetzen, ist Aufgabe und Herausforderung der Versorgungswirtschaft im Rahmen von kommunalem Infrastrukturmanagement.
Die Zeichen stehen auf Veränderung; mit seinen Entscheidungen aus April diesen Jahres hat das Bundesverfassungsgericht nun in Sachen Klimaschutz das 1,5-Grad-Ziel von Paris und die EU-Vorgaben für 2030 (55-prozentige Reduktion des C02 -Ausstoßes gegenüber 1990) und die Klimaneutralität im Jahre 2050 zum Verfassungsrang erhoben. Die noch amtierende Bundesregierung hat dies zum Anlass genommen, mit einer Verschärfung des Klimaschutzgesetzes (65 % in 2030 und 2045 klimaneutral) nachzulegen. Als Ergebnis der Wahlen zum zwanzigsten Bundestag lässt sich jetzt schon festhalten, dass Klimaschutz das bestimmende Thema dieser Legislatur sein wird.
Klimaschutz findet „vor Ort“ statt
Die Veränderungen in allen Lebensbereichen (Sektoren) werden einschneidend sein müssen, da die Ziele ambitioniert sind und die Zeit für langsame Entwicklungspfade fehlt. Insbesondere lokale Versorgungsstrukturen werden von den notwendigen Veränderungen massiv betroffen sein, denn „Klimaschutz findet vor Ort statt“. Sowohl Energiewende als auch Wärme- wie auch Mobilitätswende sind Themen, die alle „sichere, zuverlässige und leistungsfähige“ Versorgungsnetze erfordern und diese sind mehrheitlich im kommunalen Straßenraum verortet. Zu Umbau und Anpassung dieser Versorgungsstrukturen sind nach den rechtlichen Vorgaben (§ 11 Abs. 1 EnWG) zu bedarfsgerechter Optimierung, Verstärkung und Ausbau die Betreiber von Energieversorgungsnetzen ohne jede Alternative verpflichtet.
Die Dimension der anstehenden Aufgaben wird selten adressiert, aber wir sprechen über 600.000 km allein kommunalen Verkehrsraums, in dem sich 1,3 Mio. km Stromnetze, 370.000 km Gasnetze und 144.000 km Wassernetze befinden. Die Entfernung der Erde zum Mond beträgt im Vergleich hierzu „nur“ 384.400 km. Selbst wenn nur ein Teil dieser Infrastrukturen betroffen sein wird, so sind die Herausforderungen klar zu erkennen. Die erforderlichen Veränderungen müssen zudem in den kommenden 24 Jahren erfolgen, wobei der Handlungsdruck schon in den ersten Jahren groß sein wird (C02 -Reduktion 2019 - 35,1 %, Zielgröße in 2030 - 65 %).
Umbau auf dezentrale Versorgungsstrukturen
Innerhalb dieses Zeitraums muss sich der Umbau von zentralen auf dezentrale Versorgungsstrukturen, zumindest betreffend Strom, vollziehen. Die anstehenden Maßnahmen müssen zukünftig nicht nur wie gehabt zwischen den kommunalen Straßenbaulastträgern und den Betreibern erdverlegter Versorgungs- und Entsorgungsinfrastrukturen kommuniziert und genehmigt werden, sie müssen auch organisiert, koordiniert und geplant werden.
Hierzu zwingen die faktischen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: Das öffentliche Leben und der Straßenverkehr finden weiterhin statt und können nur in Maßen beeinträchtigt werden. Die Tiefbaukosten haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt und der Preistrend hält bei gleichzeitig geringen Kapazitäten an. Bei der Koordination von Maßnahmen sind daher neben Kostengesichtspunkten auch Synergien bei den vorzunehmenden Maßnahmen zur besseren Kapazitätsauslastung ein Thema.
Das Management von Infrastrukturen verbinden
Diese Erkenntnisse sind nicht neu, ihre Umsetzung scheitert in der Praxis jedoch häufig an rechtlichen Fragen (Regulatorik, Vergaberecht), aber noch viel häufiger am Fehlen einer geordneten, regelbasierten und ergebnisorientierten Zusammenarbeit zwischen Infrastrukturbetreibern und den kommunalen Straßenbaulastträgern. Dies ist meist nicht böser Wille, sondern es fehlt an einem akzeptierten, verbindlichen Workflow, der das Management von Infrastrukturen verbindet und die wechselseitigen Belange für jeden Beteiligten erkennbar und transparent macht. Dies bezieht Alter und Zustand der Infrastrukturen (Leitungen wie Straßenoberflächen) genauso mit ein, wie technische Änderungsbedarfe und zeitliche wie sachliche Spielräume und Alternativen. In Kenntnis dieser Parameter könnten Netzbetreiber wie Kommune ihre Planungen und Maßnahmen optimieren.
Zu diesem Zweck könnte ein kommunal orientiertes Infrastrukturmanagement Wunder wirken. Eine Plattform und eine Struktur maßgeblich von Versorgungsnetzbetreibern entwickelt, die umfassende Informationen zu vorhandenen Assets unterschiedlicher Versorgungsträger bündelt und über standardisierte Schnittstellen lokale Verwaltungsinformationen aufnehmen kann und allen Akteuren im öffentlichen Verkehrsraum als Planungs- und Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht.
Auf dieser Plattform können geplante Maßnahmen und ihre Auswirkungen und Nebeneffekte sachlich wie zeitlich abgebildet werden. Jedoch nicht nur das; sie könnte auch in unterschiedlichen Szenarien helfen, Synergien unterschiedlicher Baumaßnahmen zu bewerten und zur Optimierung beizutragen. Idealiter führt dies zu einer kostenreduzierenden und den öffentlichen Verkehrsraum schonenden Planung, die ob der gewonnenen wirtschaftlichen Spielräume einem Mehr an notwendigen Veränderungen zur Umsetzung verhilft.
Versorgungswirtschaft ist in der Pflicht
Die Versorgungswirtschaft ist schon im Eigeninteresse hier in der Pflicht, proaktiv auf ihren jeweiligen kommunalen Partner zuzugehen und mit dem Angebot einer standardisierten Plattform oder auch Plattformen eine sinnvolle und effiziente Abstimmung der handelnden Akteure zu ermöglichen. Die Branche ist deshalb gefragt, da die überwiegende Anzahl von Kommunen mit einer Eigenentwicklung schlicht überfordert wäre und auch deshalb gut beraten, da ansonsten das Risiko besteht, dass eine solche Abstimmungsplattform Opfer politischer Einflussnahme wird.
Mag der eine oder andere befürchten, eine solche Managementplattform könnte seine Freiheiten beschneiden, so sind Kapazitäts- wie Kostenfragen hier schlagend. Erfahrungsgemäß machen eine planbare und verlässliche Koordination und die Schaffung und Hebung von Synergien ein Vielfaches von den gemeinsamen Maßnahmen möglich, als ein jeder für sich allein erreichen könnte. Die Zeit drängt im Klimaschutz und ist reif für mehr Kooperation und Koordination im Bereich von Baumaßnahmen bei erdverlegten Infrastrukturen zwischen Versorgern und der öffentlichen Hand.
Der Autor ist erreichbar unter: www.wolter-hoppenberg.de