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Klima und Energieziele 2030: Mehr Realismus notwendig
Das Ziel der Vollendung des EU-Binnenmarktes für Energie bis zum Jahr 2014 ist nicht erreicht.
Zur Diskussion stehen die 2030 Energie-und Klimapläne der EU. Hierzu hat das Europaparlament in einer umstrittenen Abstimmung eine Position formuliert, die drei verbindliche Ziele für 2030 fordert: Eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990, eine Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf 30 Prozent sowie eine Steigerung der Energieeffizienz um 40%. Diese Ziele sind unrealistisch und industriefeindlich, sagt der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament (EP), Herbert Reul im Gespräch mit ThemenMagazin Energie.
Herr Reul, Sie werten die kürzlich er folgte Abstimmung des Europa parla ments zu den 2030 Zielen der EU als unrealistisch, warum?
Es passt nicht in unsere Zeit, immer weiter starre EU-Zielvorgaben zu setzen und damit weitere Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie zu schaffen. Einiges aus dem beschlossenen Forderungskatalog ist vollkommen unrealistisch, wie etwa ein Energieeffizienzziel von 40 Prozent Stei gerung bis 2030. Die bestehenden Maßnahmen, wie beispielsweise die EU-Energieeffizienzrichtlinie müssen erst einmal vollständig umgesetzt werden, bevor man über eine Verschärfung der Effizienzziele nachdenken kann. Wir müssen doch erst mal sehen, ob unser jetziger Ansatz wirklich funktioniert.
Haben Sie ein Beispiel parat?
Beim Ziel für die Reduzierung des CO 2 -Ausstoßes bis 2030 sind die Abgeordneten wie auch die Kommission sehr anspruchsvoll. Eine Reduzierung von 40 Prozent gegenüber 1990 ist sehr ambitioniert, da sie ausschließlich über eigene Maßnahmen erreicht werden soll. Das wird sehr viel Geld kosten und es werden sich sicher noch einige Leute über die Auswirkungen wundern. Denn das bedeutet schließlich auch weitergehende EU-Regulierung für Haushaltsgeräte, Autos und vieles andere. Glühbirne und Staubsauger waren nur der Anfang. Zusätzlich fordert das EP, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien bis 2030 auf 30 Prozent ansteigen soll. Hier ist möglichst viel Flexibilität für die Mitgliedstaaten wichtig, und dass die Erneuerbaren dort eingesetzt werden, wo sie am effizientesten sind. Windräder in Athen machen ebenso wenig Sinn wie Solarkraftwerke im Harz. Positiv zu werten ist, dass wir eine realistische Reform des EU-Emissionshandels gefordert haben und die Kollegen der Versuchung wiederstanden haben, aus dem temporären Backloading einen Dauerzustand zu machen.
Es gab auch Kritik an den Abläufen im Parlament?
Die Abstimmung von Industrie- und Umweltausschuss kam unter immensen Zeitdruck zu Stande. Erst am Vorabend war endgültig klar, worüber am nächsten Morgen abstimmt werden sollte. Es war keine Zeit, die einzelnen 920 Änderungsanträge nochmal anzusehen. Damit wurden die Rechte des einzelnen Abgeordneten missachtet. Mündige Abgeordnete müssen die Chance haben, zu wissen, worüber sie abstimmen. Ich bedauere, dass der Antrag auf Verschiebung der Abstimmung keine Mehrheit gefunden hat. Vor dem Plenum war dann zwar genügend Zeit, aber die linken Meinungsführer haben es verstanden, die hohen Forderungen des Ausschusses auch dort durchzusetzen. Die Utopie hat sich leider mal wieder durchgesetzt. Das Parlament wäre besser beraten, auf Realismus zu setzen.
Kann die Beziehung zwischen der nati onalen und europäischen Energiepolitik zufrieden stellen?
Leider schotten eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Energiemärkte weiterhin ab, statt sie für den Wettbewerb zu öffnen. Laut Kommission werden noch in acht Mitgliedstaaten mehr als 80% der Stromerzeugung von einem etablierten Unternehmen kontrolliert. Andere Energieunternehmen haben so kaum eine Chance, auf diesen Märkten aktiv zu werden. Deshalb ist zu begrüßen, wenn sich die Energieminister der Europäischen Union erneut zum Energiebinnenmarkt bekennen. Ich kann nachvollziehen, dass Bestrebungen in Richtung nationaler Energieautarkie, staatliche Einflussnahme auf Großhandels- und Endkundenpreise und Alleingänge bei der Bepreisung von CO 2wie beispielsweise in Großbritannien derzeit das weitere Zu sam menwachsen der Märkte in der EU erschweren. Wir vergeben damit in Europa die Chance auf Effizienzgewinne und Kosten redu zie rungen, von denen Verbraucher und Wirt schaft profitieren könnten. Das dritte EU-Binnenmarktpaket muss von allen Mit gliedstaaten endlich konsequent umgesetzt werden.
Die Energielandschaft erlebt derzeit weitreichende Veränderungen. Es ist klar, dass sich in der Zeit bis zum Jahr 2030 der Energiebedarf weltweit erhöhen wird, insbesondere in den aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens. Steigender Energiebedarf kann voraussichtlich teilweise durch die Erschließung von neuen Rohstoffen und durch technologische Fortschritte erfüllt werden, wie beispielsweise Fracking zur Erschließung unkonventioneller Ressourcen. Diese Chancen sollten wir uns in Europa nicht verbauen.
Die deutsche Energiewirtschaft fordert eine vollständige Öffnung der Energiemärkte in der Europäischen Union, wie ist Ihre Sicht?
Ich finde das richtig, denn gerade in Deutschland wurde bei der Liberalisierung des Energiemarktes schon viel erreicht. Diejenigen Mitgliedstaaten, die noch nicht so weit sind, sind gefordert. Ein voll integrierter und wettbewerbsfähiger Energiemarkt könnte zu Kosteneinsparungen von 40-70 Mrd. € bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu heute führen. Und zwar für Verbraucher und Unternehmen, denen die Liberalisierung auch große Chancen bietet. Das muss natürlich Hand-inHand gehen mit dem notwendigen Netzausbau.
Bleibt auch die Entlastung energie intensiver Unternehmen ein Thema?
Natürlich. Gerade die energieintensive Industrie, die in Europa 30 Millionen Menschen beschäftigt, muss weltweit wettbewerbsfähig bleiben. Problem sind die nationalen Alleingänge. Wenn Deutschland bei den Erneuerbaren Energien wie in der Vergangen heit derart voranschreitet, das erhebliche EnergieMehrkosten verursacht werden, müssen auch Ausgleichsmöglichkeiten möglich sein. Für Deutschland ist das Kernproblem das EEG, und da muss die Bundesregierung nun ran.
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