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Keine Experimente beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft
Am 14. April gab es im Deutschen Bundestag eine Anhörung zum Regierungsentwurf des Gesetzes „Zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht (Energiewirtschaftsrechtsänderungsgesetz EnWG)“. Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing zur Bewertung des Regierungsentwurfes aus Sicht des Verbandes Kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) im Gespräch mit THEMEN!magazin.
Die kommunalen Unternehmen investieren über alle Stufen der Wertschöpfungskette hinweg bereits vielerorts in dezentrale WasserstoffPilotprojekte. Charakterisierend ist, dass der klimafreundlich erzeugte Wasserstoff in unterschiedlichen Anwendungen – bspw. für die klimafreundliche Prozesswärme in der Industrie, im Rahmen der Wärmeversorgung von Haushalten oder als klimafreundlicher Kraftstoff für den ÖPNV oder für Müllsammelfahrzeuge – zum Einsatz kommt.
Herr Liebing, wie ist die Position des VKU zum aktuellen Gesetzesentwurf?
Mit der Energiewende gehen wir neue Wege hin zu einer klimafreundlichen Energieversorgung. Allerdings sollten wir dabei auch auf bestehende Erfahrungen und Fähigkeiten aufbauen. So kann die leistungsfähige deutsche Gasinfrastruktur entscheidend zum Aufbau einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft beitragen. Mit dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Gesetzentwurf, der eine Sonderregulierung für Wasserstoffnetze schaffen würde, lassen wir aber ohne Not die vorhandenen Potenziale der Gasinfrastruktur ungenutzt.
Welche inhaltlichen Aussagen sollten qualifiziert werden?
Besser wäre es, den bestehenden Gasbegriff im Energiewirtschaftsrecht auch auf Wasserstoff auszuweiten und diese Regulierung verpflichtend auf Wasserstoffnetzbetreiber zu übertragen. Eine einheitliche Anwendung der für Gasnetzbetreiber geltenden Regulierungsvorgaben auch bei Wasserstoffnetzen würde auf bekannte und bewährte Prozesse setzen und die Komplexität der gesamten Regulierung von Wasserstoffnetzen dadurch für alle betroffenen Marktakteure möglichst niedrig halten.
Unser Ansatz trägt auch folgendem Faktum Rechnung: Über 12,8 Mio. Haushaltskunden und 1,7 Mio. mittelständische Industrie- und Gewerbekunden sind an die Gasverteilnetze angeschlossen. Für diese Gruppen müssen kostengünstige Dekarbonisierungsangebote geschaffen werden. Die Wasserstoffwirtschaft der Zukunft wird auch dezentral strukturiert sein und gerade dadurch zusätzliche Potenziale eröffnen. Aus Sicht des VKU stehen europäische Regelungen dieser Ausweitung der Gasnetzregulierung auch auf Wasserstoffnetze nicht entgegen.
Können Sie dies noch konkretisieren?
Die Gasnetze verfügen über optimale Voraussetzung für die Einbindung von klimaneutralen Gasen wie z. B. Wasserstoff, Biomethan oder synthetischen Gasen. Wir fordern daher Rahmenbedingungen, damit die bereits bestehende und weitläufig ausgebaute Gasinfrastruktur als Grundlage für den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft zukunftsfest weiterentwickelt werden kann. Denn betriebs- und volkswirtschaftlich ist es ineffizient, Parallelstrukturen zu errichten.
Kurz: Der Weg zu einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft läuft mit und über die Transformation der bestehenden Gasnetzinfrastruktur. Dabei kommt es gerade auf die von kommunalen Unternehmen betriebenen Gasverteilnetze an. Durch den Gesetzentwurf der Bundesregierung besteht die Gefahr, dass wir einen teuren Irrweg einschlagen und in eine Pfadabhängigkeit geraten, von der aus wir nicht mehr zurückkehren können. Und es würde uns wertvolle Zeit kosten.
Wir bedanken uns für das Gespräch.
www.vku.de