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08.02.2024 14:01 Alter: 253 days

Kapazitätsmarkt für Strom – was steckt dahinter?

Mit der Kampagne #VORORTWENDE wollen wir als Thüga Aktiengesellschaft zeigen, dass wir mit unseren 100 Partnerunternehmen deutschlandweit die Energiewende mit innovativenProjekten erfolgreich meistern.


Bernhard Vogt, Politischer Berater, Thüga AG Foto: Bernhard Vogt

In Brüssel befindet sich die Reform des Ordnungsrahmens für den europäischen Strommarkt auf der politischen Zielgeraden. In Berlin arbeitet die Bundesregierung mit der nationalen Kraftwerkstrategie an einem Konzept für Deutschland. Die Task Force für Politische Willensbildung des Thüga-Beirates hat sich aktuell zum Thema Strommarktdesign und Kapazitätsmarkt positioniert. Bernhard Vogt, Bereich Politikberatung der Thüga AG reflektieret für die Leser von THEMEN!magazin die fünf wichtigsten Fragen – und die Antworten aus Sicht der Thüga.

Seit mehr als zehn Jahren wird in Deutschland über die Einführung eines Kapazitätsmarktes für Strom diskutiert. Regional kommt es bereits zeitweise zu Engpässen in der Stromversorgung. Gründe hierfür sind begrenzte Netzkapazitäten auf der einen sowie zu geringe regionale Erzeugungskapazitäten auf der anderen Seite. Diese Engpässe werden sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen unter anderem durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung, die Stilllegung von Kohlekraftwerken, den schleppenden Ausbau der Transportkapazitäten im Übertragungsnetz sowie die steigende Stromnachfrage in den Sektoren Verkehr, Wärme und Industrie.

Strommarktdesign muss aktualisiert werden

Mit der Energiewende muss das Strommarktdesign neu ausgerichtet werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten Das hat auch die Politik in Brüssel und Berlin erkannt und es werden derzeit Maßnahmen diskutiert, um das Strommarktdesign weiterzuentwickeln. Neben Differenzkontrakten (Contracts for Difference) geht es hierbei auch um Möglichkeiten, Kapazitätsmärkte auf nationaler Ebene zu etablieren. Ein Vorschlag, den Thüga bereits vor zehn Jahren eingebracht hat und der jetzt wieder auf der politischen Agenda steht. Unter anderem hat sich jüngst die deutsche Monopolkommission dafür ausgesprochen.

Kommunale Stimmen für gesicherte Kraftwerksleistung

Auch die Mitglieder der Task Force für Politische Willensbildung des Thüga-Beirates, dem mehr als 100 (Ober-)Bürgermeister und Akteure der kommunalen Ebene sowie der Länder angehören, haben sich bei ihrer jüngsten Sitzung in Berlin für regionale Kapazitätsmärkte nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage als Ergänzung zum bestehenden Energy Only-Markt ausgesprochen. Konkret fordern sie von der Bundesregierung, räumlich abgegrenzte regionale Märkte für Flexibilitäten und gesicherte regionale Kraftwerksleistung zu schaffen. Damit sollen vor Ort Anreize für die Errichtung beziehungsweise Nutzung von regionaler Flexibilität und steuerbarer Kraftwerksleistung gesetzt werden. Gefordert wird ebenso eine stärkere Berücksichtigung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), die schon heute einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Stromversorgung leistet, sowie insbesondere die Verlängerung der KWKG-Förderung, denn in den kommenden Jahren wird die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung noch weiter steigen. Gerade in der Hochlaufphase der Wasserstoffwirtschaft sollten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit ihrer effizienten Stromerzeugungstechnik breit eingesetzt und weiter ausgebaut werden, um die volkswirtschaftlichen Kosten möglichst gering zu halten und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Foto: freepik/coolboy

Die fünf wichtigsten Fragen zum Kapazitäsmarkt und die Antworten aus Sicht der Thüga.

Bislang erzielen Kraftwerksbetreiber nur durch den Verkauf von erzeugten und verkauften Strommengen Erlöse. Doch dieses Strommarktdesign ist den Herausforderungen der Energiewende nicht gewachsen. Durch seine Neuausrichtung würde sich nicht nur die Bereitstellung von Strom, sondern auch das Vorhalten von Kapazitäten lohnen. Diese zusätzliche Einnahmequelle begünstigt Investitionen in steuerbare Kraftwerke und eine höhere Versorgungssicherheit.

1. Wie sieht die aktuelle Regelung aus?

Bislang gilt auf dem Strommarkt das Energy-OnlyPrinzip: Kraftwerksbetreiber erzielen Erlöse ausschließlich durch den Verkauf von tatsächlich erzeugten und verkauften Strommengen. Doch dieses Strommarktdesign ist den Herausforderungen der Energiewende nicht mehr gewachsen: Es bietet nicht genügend Anreize für Investitionen in neue Kraftwerke. Deshalb diskutiert die Politik in Brüssel und Berlin Maßnahmen zur Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen. Eines der auf EU-Ebene angedachten Instrumente zur Förderung des Baus neuer Kraftwerke sind sogenannte Differenzverträge (Contracts for Difference, kurz CfDs). Dabei vereinbaren Staaten und Stromerzeuger einen garantierten (Mindest-)Strompreis. Liegt der aktuelle Börsen-Strompreis darunter, würde der Staat die Differenz übernehmen. Liegt der Strompreis darüber, müsste der Erzeuger die Differenz an den Staat abgeben.

2. Was will die Thüga erreichen?

Die Energiewende ist eine #VORORTWENDE. Nur wenn die jeweils vorhandenen lokalen und regionalen Potenziale optimal genutzt werden, kann die Energiewende zeitnah und kosteneffizient umgesetzt werden. Stadtwerke und Regionalversorger spielen hierbei eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Erstellung und Umsetzung der kommunalen Wärmeplanungen und künftigen Wärmeversorgung. Doch ausgerechnet regional kommt es schon heute wegen begrenzter Netzkapazitäten und zu geringer Erzeugungskapazitäten zu Engpässen in der Stromversorgung. Engpässe, die sich in den nächsten Jahren verschärfen werden: durch die geplante Stilllegung von Kohlekraftwerken, den schleppenden Ausbau der Transportkapazitäten sowie die steigende Stromnachfrage in den Sektoren Verkehr, Wärme und Industrie. Der Ausbau der Erneuerbaren kann dies nur zum Teil auffangen, zumal deren Ausbau sehr stark im Norden und abseits der Verbrauchszentren stattfindet. Um die Versorgungssicherheit während und nach der Energiewende zu gewährleisten, brauchen wir zwingend eine Neuausrichtung des Strommarktdesigns, in dem sich nicht nur die Bereitstellung, sondern auch das Vorhalten von Kapazitäten lohnt. Nur dann werden genügend Investitionen in steuerbare Kraftwerke erfolgen, die insbesondere zur „Abpufferung“ der schwankenden Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unbedingt erforderlich sind.

3. Welcher Weg führt ans Ziel?

Konkret fordert die Thüga, den bisherigen Energy-OnlyMarkt (EOM) um regional abgegrenzte Märkte für Kapazitäten zu ergänzen, in denen sich Angebot und Nachfrage nach gesicherter Leistung über Marktmechanismen ausgleichen lassen. Regionale Besonderheiten sowie bestehende Netzengpässe sollen dabei Berücksichtigung finden. Dadurch lässt sich der Ausbaubedarf der Stromnetze reduzieren. Solche regionalen Märkte können Knappheitssignale senden, um die verstärkte Nutzung von Flexibilität auf der Verbrauchsseite sowie den Bau zusätzlicher Kraftwerkskapazitäten in einer Region anzureizen. Außerdem spricht sich die Thüga dafür aus, die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im künftigen Energieversorgungsmix zu stärken. Schon heute bieten die Anlagen aufgrund ihrer sehr hohen energetischen Effizienz ein großes CO2 -Minderungspotenzial. Gerade in der Hochlaufphase der Wasserstoffwirtschaft sollten KWK-Anlagen im Sinne niedriger volkswirtschaftlicher Kosten sowie hoher Versorgungssicherheit deshalb weiter ausgebaut werden. Um Investoren die nötige Sicherheit zu bieten, setzt sich die Thüga für die Verlängerung der KWK-Förderung bis mindestens 2035 sowie eine substanzielle Erhöhung der Förderbeträge ein.

4. Welche Vorteile hat der Thüga-Vorschlag für Energieversorgungsunternehmen?

Ein Kapazitätsmarkt bietet für Stromproduzenten wie Stadtwerke mit einer KWK-Anlage eine zusätzliche Einnahmequelle. Sie werden dann nicht mehr nur für die tatsächlich gelieferte Strommenge bezahlt, sondern auch für die Bereithaltung der maximal benötigten Kapazität, selbst wenn diese nur selten benötigt wird. Dadurch verbessert sich die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Da der Kapazitätsmarkt Anreize für langfristige Investitionen schafft, profitieren Stromerzeuger auch von einer höheren Planungssicherheit.

5. Welche Vorteile hat der Thüga-Vorschlag für Endkunden?

Durch die Bereithaltung von zusätzlichen Kapazitäten wird das Risiko von Engpässen und Unterbrechungen in der Stromversorgung in Zeiten hoher Nachfrage oder unvorhergesehener Ereignisse reduziert und somit die Sicherheit der Stromversorgung in der jeweiligen Region grundsätzlich erhöht. Durch die Verringerung des notwendigen Netzausbaus werden Kosten eingespart, die sich in verminderten Netznutzungsentgelten und letztendlich niedrigeren Strompreisen niederschlagen werden.

www.thüga.de