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28.04.2016 10:25 Alter: 9 yrs
Kategorie: Nachhaltigkeit

IT-Lösungen für Mieterstromprojekte

Nach dem novellierten Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) Ende 2015 können Mieterstrommodelle - die Belieferung von Mietern oder Wohnungseigentümern mit Strom aus einer dezentralen Erzeugungsanlage (PV- und BHKW-Anlagen) - wieder eine Option für Stadtwerke und Wohnungsgesellschaften sein. Eine wirtschaftliche Umsetzung verlangt jedoch, die Abwicklung von Messkonzept, Abrechnung und Wechselprozessen in einen vergleichbaren Automatismus zu überführen, wie bei „üblichen” Stromlieferungen aus dem Netz.


Foto und Grafik: msu solutions GmbH

Gefragt sind deshalb anwenderorientierte IT-Lösungen, unterstreicht Bodo Ruppach, Geschäftsführer des Softwareunternehmens msu solutions GmbH (MSU) aus Halle (Saale).

Herr Ruppach, Mieterstromprojekte sind wieder im Gespräch, Projekte gibt es in Berlin und anderen deutschen Städten. So richtig durchgesetzt hat sich das Thema aber noch nicht?

Die Idee, selbst produzierten, grünen Strom, Mietern zu preisgünstigen Tarifen ohne Netzdurchleitung anzubieten, ist durchaus zukunftsfähig. Bisher profitierten eher Hausbesitzer oder Gewerbetreibende von selbsterzeugten erneuerbaren Energien, den vielen klassischen Mietern blieb dieser Weg verschlossen.

Bei Unternehmen der Immobilienwirtschaft überwiegte die Skepsis, in die Erzeugung und Vermarktung von Strom aus Photovoltaikanlagen oder von Blockheizkraftwerken einzusteigen. Die organisatorischen Hürden erschienen zu hoch, die Vermarktungschancen zu gering. Dazu kam der einfache Umstand, dass die Standardsoftware die von der Branche der Wohnungswirtschaft benutzt wird, schlichtweg nicht für die Abrechnung von Strom geeignet ist.

 

Dann könnten doch aber die regionalen Stadtwerke in dieses Thema einsteigen?

Natürlich, für die Stadtwerke sind dies innovative neue Geschäftsfelder, die in ihrem eigenen regionalen Umfeld entwickelt werden können. Mieterstrommodelle können Chancen zur strategischen Geschäftsfelddiversifizierung und zur Kundenbindung bieten. Kerngeschäft von Stadtwerken ist doch, Strom zu erzeugen und zu verkaufen. Warum nicht mit Strom aus erneuerbaren Energien, der sozusagen direkt im Wohnumfeld erzeugt wird.

Hinzu kommt, dass sich rd. 89 % der im VKU organisierten Energieversorger zu den Herausforderungen des dezentralen Energiemarktes und der Digitalisierung erklärt haben: „Wir werden unser derzeitiges Energiedienstleistungsangebot für Haushalts- und Industriekunden gezielt erweitern.“ Es gibt nur ein Problem, sie sind nicht die Eigentümer der Immobilien.

 

Also eine Patt-Situation, weil sich Immobilienunternehmen mit dem Geschäft noch schwer tun, Stadtwerke mit ihrem Know-how aber nicht die Eigentümer der Immobilien sind?

Ja, aber auch eine Win-win-Situation, wenn man Geschäftsfelder aktiv gestaltet und aufeinander zugeht. Erfolgreich realisierte Projekte wie bei den Berliner Stadtwerken bestätigen dies. Mieter finden diese intelligente Energieversorgung aus finanziellen und ökologischen Gründen durchaus attraktiv.

Wichtig ist doch, dass man Mietern in Mehrfamilienhäusern mit einer PV-Anlage auf dem Dach oder mit einem Blockheizkraftwerk im Keller einen echten Nutzen bieten kann, das sind Millionen Menschen in Mietwohnungen, ein sehr großer Markt. Hier kann man viele Kunden gewinnen und langfristig halten. Wenn sich Verbraucher dem Trend zum „Prosumer“ öffnen, dann bieten Mieterstrommodelle dafür einen Ansatz.

Welche Anforderungen stellen sich für Stadtwerke, wenn Mieterstrommodelle vor Ort angedacht werden?

Die Dienstleistung der Stadtwerke im Mieterstrom beginnt bei der Planung, Installation und Wartung der EEG-Anlagen. Schwerpunkte sind aber auch eine flexible Tarifgestaltung, die Marktkommunikation und der Lieferantenwechsel, das Messstellenmanagement und die Abrechnung, kurz gesagt das komplette Handling des Mieterstromgeschäftes bis zur Reststromlieferung. Es bietet zudem die Chance, auch näher an die Kunden in der eigenen Region heranzukommen und über den Mieterstrom auch weitere Themen wie Smart Home und E-Mobilität voranzutreiben. Allerdings bedarf es hierzu erfahrener und leistungsfähiger Partner und IT-Dienstleister.

 

Erlebt die Immobilienbranche einen gewissen Druck, mehr als „normale“ Facility- Dienstleistungen anzubieten?

Ja, auch Immobilienunternehmen müssen für Kunden „sexy“ sein. Die Kunden wollen immer mehr Dienstleistungen rund um die Uhr. Die schnell wachsende ältere Generation will FULL-Service, einen Ansprechpartner rund ums Wohnen, da gehört die Energieversorgung unbedingt dazu. Nur wer als Unternehmen den Wert seiner Immobilen erhalten und steigern kann, wird sich im Markt langfristig erfolgreich behaupten. Mieterstrom ist eine besonders attraktive Form der Wertsteigerung, da der Nutzen für die Mieter so unmittelbar ist. Der Mieter von morgen könnte seine Entscheidung für einen Mietvertrag auch von einem Zugang zum kostengünstigen und ökologischen Mieterstrom abhängig machen, wie in heutigen Zeiten schon von dem Vorhandensein eines Kabelanschlusses für TV-Anschluss oder einem schnellen Internetzugang.

Was bietet ihr Unternehmen aus der Softwarebranche beiden Branchen?

Eine ganze Menge. Mieterstromprojekte fangen ja eher klein an, mit sehr wenigen Verbrauchsstellen und Kunden. Ein IT-Projekt in der Energiewirtschaft ist insbesondere in der Anfangsphase sehr aufwendig. Hier haben wir ein „Blitz-Start-Paket“ mit „Rundum- Sorglos- Service“ sowohl für Stadtwerke als auch für die Immobilienwirtschaft entwickelt. Je nachdem, wer für den Kundenservice verantwortlich wird, kann innerhalb von kürzester Zeit eine kostengünstige Cloud-Service-Lösung von MSU mit vorgefertigten Businessprozessen für die Mieterstromabrechnung nutzen.

Das klappt in der Praxis?

Ja, Feuertaufe bestanden. Wir konnten dies beim wohl deutschlandweit schnellsten Mieterstrom- Einführungsprojekt in den Berliner Stadtwerken beweisen. Zwischen Projektstart und Inbetriebnahme des Kundenportals lagen nur wenige Wochen. Der Vertragswechsel für den Mieter läuft komplett digital ab, wie bei einem gewöhnlichen Stromanbieterwechsel: Internetportal aufrufen, Zählernummer und Kontaktdaten eingeben, Abmeldung vom alten Versorger und Abrechnung erledigt der Kundenservice.

 

Sind Sie persönlich von diesem Thema inspiriert?

Ja, absolut. Es ist ein wirkliches gutes Beispiel für ein neues Energiekonzept. Betrachtet man die Sekundäreffekte ist der volkswirtschaftliche Nutzen immens, wenn es sich durchsetzt. Denn viele Verbraucher, die unmittelbar vor Ort erzeugten Strom nutzen, entlasten die Netze. Der Überlandtransport könnte erheblich reduziert werden. Wenn man den großen Streit in der Politik über den Netzausbau verfolgt, ist man doch überrascht, dass diese wirkliche Alternative, die genau diesen Netzausbau auf ein sinnvolles Maß reduziert, momentan so wenig Lobby in der Politik besitzt.

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