Nachricht

< Das Energiewende-Paradoxon überwinden
29.04.2015 09:35 Alter: 10 yrs

Individuelle Kooperationen – mehr Effizienz

Die Bundesnetzagentur hat festgestellt, dass es unter den zahlreichen Netzbetreibern in Deutschland kaum Kooperationen gibt. Somit stellt sich die Frage, warum das so ist und unter welchen Voraussetzungen welche Arten von Kooperationen sinnvoll sind. Denn es gibt durchaus erfolgreiche Beispiele.   Jens Apelt, Geschäftsführer Creos Deutschland GmbH unterstreicht in seinem Gastbeitrag den Stellenwert von Kooperationen in der Energiewirtschaft am Beispiel der Netzbetreiber.


Foto: Wolfgang Klauke; Grafik: Creos Deutschland GmbH

In ihrem Evaluierungsbericht vom Januar 2015 kommt die Bundesnetzagentur (BNetzA) zu dem Schluss, dass es entgegen ihrer Erwartung zu keiner nennenswerten Veränderung der Verteilernetzbetreiber gekommen ist. Demnach haben sich die Netzbetreiber nicht zu Kooperationsgesellschaften zusammengeschlossen, um Synergien zu heben. Die BNetzA geht dabei von sogenannten „echten Kooperationsmodellen“ aus, die definiert sind als Zusammenführung historisch eigenständiger Netze unter dem Dach einer gemeinsamen Netzgesellschaft mit einheitlichen Erlösobergrenzen, Preisen und Marktauftritten. Demgegenüber stehen Kooperationen, wo ein Energieversorgungsunternehmen einem anderen ganz- oder teilweise die Netzführung im Wege der Betriebsführung oder Dienstleistungserbringung abnimmt, nach außen aber weiterhin mehrere Netzbetreiber mit jeweils getrennten Erlösobergrenzen und Preisblättern bestehen bleiben.

Vielfältige Netzbetreiberstruktur

Die Ausführungen der BNetzA lassen vermuten, dass „echte Kooperationsmodelle“ mehr Synergien bringen als alternative Kooperationsmodelle. Worauf sich diese Vermutung stützt, bleibt allerdings offen. Fakt ist, die Netzbetreiberstruktur in Deutschland ist aus historischen Gründen sehr vielfältig und individuell gestaltet. So sind die Größe, die angebotenen Sparten, die Eigentümerstrukturen oder das Versorgungsgebiet sehr unterschiedlich. Insofern kann es wohl keine allgemeingültige, für alle Netzbetreiber mit den gleichen Effekten resultierende Kooperationsmöglichkeit geben.

Mit der Vielfalt der Strukturen steigen auch die alternativen Möglichkeiten, Unternehmensverbindungen einzugehen. Unter anderem die Zusammenarbeit mit vorgelagerten Netzbetreibern, benachbarten Unternehmen, anderen etablierten Anbietern oder Dritten, die im nichtregulierten Geschäft tätig sind und beispielsweise Betriebsführungen, IT-Dienstleistungen oder sonstige Dienstleistungen anbieten. Individuelle Kooperationen, die die Vielfältigkeit und Heterogenität der einzelnen Netzbetreiber berücksichtigen, führen oft zu höheren Effizienzgewinnen als ein rein auf Skaleneffekte basierendes Konstrukt. In Betracht kommen sowohl Beteiligungsmodelle, als auch Dienstleistungs- und Kooperationsmodelle.

Horizontale Kooperationen, beispielsweise wenn zwei Stadtwerke – respektive Netzbetreiber – ein gemeinsames Rechenzentrum betreiben oder die gleiche Software einsetzen, sind ebenso möglich wie vertikale Kooperationen mit Tochtergesellschaften im Bereich des Messwesens oder anderen Servicedienstleistungen. Da Formen der Zusammenarbeit und Kooperation so vielfältig sind wie die Netzbetreiberstruktur in Deutschland, lässt sich auch keine Aussage darüber treffen, welche Kooperationsformen und welche Netzbetreiberkonstellationen als die effizientesten zu sehen sind.

 

Synergiepotenziale sinnvoll nutzen

Die in Relation zu anderen Ländern sehr große Zahl von 884 Stromnetzbetreibern und 711 Gasnetzbetreibern in Deutschland bedingt nicht automatisch ein insgesamt ineffizientes Netzgeschäft. Betreibt aber jeder Netzbetreiber sein eigenes IT-System und hält eigene 24/7 Bereitschaftsdienste vor, lässt sich erhebliches Einsparpotenzial zumindest vermuten. Von den insgesamt tausenden kaufmännischen und technischen Abteilungen ganz zu schweigen. So ist es nicht selten der Fall, dass zwei benachbarte Energieversorger die exakt gleichen Aufgaben, nämlich die Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, mit teilweise sehr unterschiedlichen Aufbau- und Ablauforganisationen völlig unabhängig voneinander erledigen.

Warum hier Kooperationen bestenfalls nur oberflächlich funktionieren, begründet sich in den meisten Fällen mit „weichen“ Faktoren wie unterschiedlichen Unternehmensphilosophien, Verlustängsten oder komplexen Anteilseignerstrukturen. Entscheidend sind aber nicht die Besitzverhältnisse und die Anzahl der Eigentümer und Betreiber – hier bedarf es keiner Veränderung. Es gilt bei der Netzeffizienz anzusetzen und diese mit jeweils individuellen Kooperationen zu erhöhen. Hier liegen Synergiepotenziale und somit bares Geld regelrecht auf der Straße, das die Eigentümer mit einer entsprechenden Zusammenarbeit einsammeln könnten.

Das Geld im Netzgeschäft wird mit der Verzinsung des Anlagevermögens verdient und nicht mit dem Betrieb desselben, sämtliche Betriebskosten stellen also im besten Fall (bei 100 % Effizienz) durchlaufende Posten dar. Auf Grund sich ständig anpassender Regelwerke wird die Arbeit zwar komplizierter, aber im aktuellen Regulierungsregime immer weniger lukrativ. Deshalb führt zumindest aus betriebswirtschaftlicher Sicht kein Weg an tiefergehenden Unternehmensverbindungen vorbei.

Das Energiegeschäft ist kleinteiliger und komplexer geworden und der Kostendruck nimmt stetig zu. Es findet zunehmend ein Verdrängungswettbewerb statt, den jene überleben, die schlanke und effiziente Prozesse implementiert haben, das jeweilige Geschäft perfekt beherrschen und sich ständig den Veränderungen stellen. Ein Patentrezept für die Hebung der Synergien gibt es allerdings nicht.

 

Erfolgreiche Kooperation im Saarland

Eine erfolgreiche Kooperation im Netz- und Energiegeschäft ist im Saarland gelungen. Hier bilden vier Energieversorgungsunternehmen seit 2009 die „Saarländische Kooperation“ und setzen im Hinblick auf eine effiziente und sichere Energieversorgung Maßstäbe. Die Unternehmen betreiben eine gemeinsame Netzleitwarte zur Versorgung von 680.000 Kunden an 365 Tagen im Jahr.

Gemeinsam wird die Netzdokumentation vorgehalten und ein gemeinsames grafisches Informationssystem genutzt. Auf einer digitalen Saarlandkarte sind alle Leitungen für Strom, Gas, Fernwärme und Wasser dokumentiert, jederzeit abrufbar und erweiterbar. Entscheidend für den Erfolg der „Saarländischen Kooperation“ ist, dass Betriebsräte und Mitarbeiter von Beginn an eingebunden waren, in Projektgruppen die Ziele der Zusammenarbeit selbst selbst erarbeiteten und übergreifende Aufgaben für alle Kooperationspartner übernehmen. Zudem bleiben die Mitarbeiter der Kooperationsfelder Beschäftigte bei ihren angestammten Unternehmen und sind durch Rahmenbetriebsvereinbarungen in allen Unternehmen abgesichert.

Diese Art von Zusammenarbeit ist bundesweit wohl einzigartig und garantiert ein hohes Maß an Organisations- und Rechtssicherheit sowie Datenschutz. Kooperationen und eine enge Zusammenarbeit im Netzgeschäft dürfen nicht vor Gemeindegrenzen, Netzebenen oder Energiesparten haltmachen. Nur wenn alle Akteure bereits bei der Planung der Umstrukturierung und Erneuerung ihrer Netze zusammenarbeiten und aktuelle Kapazitätsprognosen Berücksichtigung finden, kann die volks- und betriebswirtschaftlich optimale Lösung gefunden werden. Die Versorgungssicherheit muss dabei stets an oberster Stelle stehen.

www.creos.de