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17.07.2017 05:30 Alter: 7 yrs

Humankapital – dem Wandel aktiv begegnen

Die Energiewelt dreht sich immer schneller – das erfolgreiche Geschäftsmodell der Zukunft wird durch eine Vielzahl neuer Faktoren bestimmt. Wie sich die Energiewende auf die Unternehmen und insbesondere das Humankapital auswirkt, dazu haben die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die Personalberatung Odgers Berndtson im Rahmen ihrer Studie „Trendbarometer Energiewende“ Vorstände und Geschäftsführer von Energieversorgungsunternehmen in Deutschland befragt.


Nikolaus Graf Kerssenbrock, Partner Deal Advisory und Leiter Öffentliche Unternehmen der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft benennt in einem Gastbeitrag wesentliche Ergebnisse der Untersuchung.

Foto: Die Hoffotografen GmbH Berlin

Mit rund 50 % Anteil an der elektrischen Erzeugungsleistung und einem Erzeugungsanteil von rund einem Drittel sind die erneuerbaren Energien inzwischen aus der deutschen Stromwirtschaft nicht mehr wegzudenken. Gerade im Elektrizitätssektor haben die Energiewende und der Gedanke der Dekarbonisierung einen enormen Einfluss auf die Unternehmen im Markt und ihre Geschäftsmodelle. 

Herausforderungen wie beispielsweise gesunkene Börsenpreise, die Integration neuer dezentraler Erzeugungseinheiten, der Ausstieg aus der Kernkraft oder Verzögerungen im Netzausbau führen aus Sicht von 52 % der Energieversorgungsunternehmen zu negati­ven Auswirkungen der Energiewende auf die Geschäftsentwicklung. Für 89 % der befrag­ten Führungskräfte resultiert hieraus ein zunehmender Veränderungsdruck, der wesentlich von den folgenden fünf Themen getrieben wird:

1. Digitalisierung (78 %)

2. Unsichere politische Entwicklungen (74 %)

3. Steigende Komplexität des Regulierungssystems (71 %)

4. Dezentralisierung der Versorgungsstrukturen (71 %)

5. Wandel der Kundenanforderungen (67 %).

Themen miteinander verknüpfen

Im Fünfeck zwischen Nachhaltigkeit, Versor­gungssicherheit, Digitalisierung, Regulierung und veränderten Kundenanforderungen gilt es sich zu positionieren als auch die richtigen The­men miteinander zu verknüpfen. Die klassische Wertschöpfungskette verändert sich und erfolgreich ist, wer agil und schnell Trends erkennt und Geschäftsmodelle innovativ darauf ausrichtet. Zusätzlich steigt auch der Druck durch branchenfremde Player, die in den Markt drängen, weil Sek­torgrenzen verschwimmen und Konver­genz­themen wie Elektromobilität, Demand Side Management, neue Transformations- und Speichertechno­logien oder Smart Home in den Vordergrund rücken. 

Demnach sind sich die befragten Vorstände und Geschäftsführer mehrheitlich (83 %) einig, insbesondere die Technologieanbieter werden ihren Einfluss im Energiemarkt ausweiten. Auch die Anbieter der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sehen drei von vier Befragten auf dem Vormarsch.

Disruption und Transformation sind die Be­griffe der aktuellen Stunde, die sowohl die Energiewende als auch die Digitalisierung mit sich bringen. Unternehmen müssen sich auf sich verändernde Regulatorik und Marktbe­dingungen einstellen, teilweise traditionelle Geschäftspfade verlassen und rechtzeitig neue Wachstumsfelder besetzen. Der schon erwähnte Veränderungsdruck ist allgegenwärtig. 

Die wichtigsten operativen Handlungsfelder mit Transformationsbedarf sehen die befrag­ten Entscheider aus der Energiewirtschaft in den Bereichen des Innovationsmanagements (82 %), der operationalen Exzellenz (79 %) und der Kundenzentrierung (66 %). Mit dem einher gehen ebenfalls die Entwicklung des Humankapitals und der dynamischen Pla­nung, die von 57 % bzw. 32 % der Befragten genannt wurden.

Flexible Anpassungsstrategien für die genannten Bereiche sind also wichtiger als je zuvor. Wer sich in der steigenden Markt­dynamik behaupten will, muss über Flexibilität verfügen und sicherstellen, dass diese zu einem wesentlichen Teil seiner Strategie sowie seines Business- und Target Operating-Modells wird. Flexibilität muss in allen Ge­schäftsprozessen implementiert werden. Hierfür sind ein ganzheitlicher Ansatz und eine übergreifende Koordination erfolgsentscheidend. Dies gilt insbesondere für den Bereich Humankapital, bei dem es darum geht, neue Talente zu binden, zu fördern und flexible Karrierepfade anzubieten.

Adaption und Flexibilität auf allen Ebenen

Mit der Veränderung der klassischen Ge­schäftsfelder befinden sich auch die Anfor­derungen an das Humankapital der Energie­versorgungsunternehmen im Wandel. Die steigende Digitalisierung von Geschäfts­pro­zes­sen, die zunehmende Bedeutung von Data & Analytics sowie Themen von Daten­schutz bis zum Schutz Kritischer Infra­struk­turen (Cyber Security) rücken zunehmend in den Vordergrund und bedingen eine angemessene Flexibilisierung des Stammpersonals. 

68 % der befragten Führungskräfte geben an, dass die unterschiedlichen Tätigkeits­felder in ihren Unternehmen mittleren bis sehr großen Veränderungen unterliegen. Mit den veränderten Stellenprofilen gehen auch Qualifika­tions­lücken einher. Diese Lücken entstehen an den Stellen, an denen die Fähigkeiten des bestehenden Human­kapitals die Anforderungen der neuen Ener­gie­welt nicht mehr erfüllen können. Die größten Defizite sehen die Studienteilnehmer erwartungsgemäß bezüglich Strategie (47 %), Technologie (46 %) und Vertrieb (45 %). Das spiegelt gleichzeitig die Bereiche wider, in denen die wichtigsten Veränderungen in der Branche stattfinden.

Steigende Qualifikationslücken (30 %) gehören laut Trendbarometer Energiewende zu den fünf größten Herausforderungen im Bereich Human Resources. Auch die hohe Zustimmung der Studienteilnehmer zu den Punkten wachsende Unsicherheit des Arbeits­umfeldes (58 %) und die fehlende Flexibilität der Mitarbeiter (77 %) basieren auf dem fortschreitenden Transformationsprozess des gesamten Energiesektors. Während die Branche noch die alternde Arbeitnehmerschaft (82 %) als größte Challenge sieht, geht mit dieser Herausforderung auch ein zunehmender Führungskräftemangel (62 %) einher.

Durch restriktive Personalpolitik und Um­strukturierungen in vielen Unternehmen der Energiebranche ist das Risiko des Führungs­kräftemangels aktuell lediglich bei 10 % der Befragten gegeben. Die Entwicklung für die nächsten drei Jahre wird allerdings nur von jedem Dritten als nicht negativ angesehen. In Verbindung mit der Herausforderung einer alternden Arbeitnehmerschaft kann der Mangel an potenziellen Führungskräften mittel- bis langfristig Unternehmen entscheidend in ihrer strategischen und operativen Entwicklung stören.

Auch zukünftig wird es Aufgabe der Führungskräfte sein, Mitarbeiter für den weiteren Wandel zu sensibilisieren und der Unsicherheit der Belegschaft über die Zu­kunft ihres Arbeitsumfelds mit klaren Struk­turen und offener Kommunikation entgegenzuwirken. Die Führungskräfte von morgen müssen mehr denn je mit eigener Flexi­bilität und Anpassungsfähigkeit vorangehen und über den Tellerrand ihres Tagesgeschäfts schauen können. Sie bilden die entscheidenden Säulen auf einem Fundament von neuen oder reformierten Geschäftsmodellen unter dem Dach der Energiewirtschaft. Ein guter Unter­neh­men­sarchitekt hat sie bereits heute in seiner Planung.

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