Nachricht
Herstellung von Wasserstoff: Einführung von Umlageprivilegierungen
Die elektrochemische Herstellung von Wasserstoff ist stromkostenintensiv. Um diese Kosten zu senken und damit den Markthochlauf von Wasserstoff zu unterstützen, hat der Gesetzgeber zum 1. Januar 2021 neue Privilegierungen für die EEG-, KWKG- und Offshore-Netzumlage eingeführt. Rechtsanwalt Dr. Christian Hampel und Rechtsanwältin Dr. Sandra Flemming von Ernst & Young Law GmbH informieren in einem Gastbeitrag über die aktuelle Rechtslage, Möglichkeiten und Herausforderungen.
Um die Stromkosten zu verringern und damit den Markthochlauf von Wasserstoff schnell voranzubringen, hat der Gesetzgeber im Zuge der zum 1. Januar 2021 in Kraft getretenen EEG-Novelle neue Regelungen eingeführt, um die EEG-Umlage, die KWKGund die Offshore-Netzumlage zu reduzieren
Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Die neu eingeführten Umlageprivilegierungen zur Unterstützung des Markthochlaufs von Wasserstoff sowie die final noch ausstehende Konkretisierung der Anforderungen an Grünen Wasserstoff stehen daher momentan besonders im Fokus.
Besondere Ausgleichsregelung für die Herstellung von Wasserstoff
Mit der Aufnahme der Regelungen in §§ 63 Abs. 1a, 64a EEG in der seit dem 1. Januar 2021 geltenden Fassung wurde eine neue Besondere Ausgleichsregelung für die „Herstellung von Wasserstoff in stromkostenintensiven Unternehmen“ eingeführt. Unternehmen, die Industriegase herstellen, und bei denen die elektrochemische Herstellung von Wasserstoff den größten Beitrag zur gesamten Wertschöpfung ausmachen, können eine Reduzierung ihrer EEG-Umlage beantragen. An den jeweiligen Abnahmestellen, für die die Voraussetzungen vorliegen, erfolgt mindestens eine Reduzierung auf 15 %. Besteht eine Stromkostenintensität von 20 % und mehr, erfolgt darüber hinaus eine Begrenzung der EEG-Umlage auf höchstens 0,5 % der Bruttowertschöpfung für alle Antragsabnahmestellen.
Nach der (noch) aktuellen Rechtslage sind auch Graustrommengen privilegiert, wenn diese zum Betrieb von Elektrolyseanlagen genutzt werden. Nach dem neuen EEG ist die Bundesregierung jedoch ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Begrenzung nur von Unternehmen in Anspruch genommen werden kann, die Grünen Wasserstoff herstellen. Die Verordnung muss spätestens bis zum 30. Juni 2021 erlassen werden, ein erster Entwurf von Eckpunkten liegt seit dem 18.03.2021 vor.
Vereinfachungen gegenüber der Besonderen Ausgleichsregelungen für stromkostenintensive Unternehmen in § 64 EEG
Gegenüber dem schon bisher bestehenden Begrenzungstatbestand für stromkostenintensive Unternehmen in § 64 EEG enthält der neue § 64a EEG eine Vielzahl verschiedener Vereinfachungen, insbesondere:
• An der Abnahmestelle ist kein Mindeststromverbrauch von 1 GWh erforderlich.
• Außer für die Inanspruchnahme des Super-Caps spielt eine bestimmte Stromkostenintensität keine Rolle; somit bedarf es für die Antragstellung keines EEG-Testats.
• Die Antragstellung kann neben selbstständigen auch durch nicht selbstständige Unternehmensteile erfolgen.
• Neu gegründete Unternehmen können den Antrag auf der Basis von Prognosedaten stellen.
• Die Begrenzungswirkung kann aufgrund der Möglichkeit eines Antrags auf der Basis von Prognosedaten ohne Zeitverzug unmittelbar mit Inbetriebnahme der Anlage erfolgen.
• Die Begrenzungswirkung tritt ab der ersten Kilowattstunde Stromverbrauch ein.
Begrenzung der KWKG-Umlage und Offshore-Netzumlage
Das KWKG enthielt schon bisher die Möglichkeit einer Begrenzung der KWKG-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen, sofern ihre EEG-Umlage nach § 64 EEG begrenzt war. Die Begrenzung der KWKG-Umlage ist jetzt auch möglich, wenn das Unternehmen über eine EEGUmlagebegrenzung nach dem neuen § 64a EEG verfügt. Durch einen entsprechenden Verweis im EnWG erfolgt auch bei der Offshore-Netzumlage eine entsprechende Begrenzung.
Besondere Ausgleichsregelung für stromkostenintensive Unternehmen
Eine Begrenzung der EEG-Umlage des für die Herstellung von Wasserstoff eingesetzten Stroms konnte– nach richtiger Auffassung – schon bisher über die reguläre Begrenzung für stromkostenintensive Unternehmen nach § 64 EEG erfolgen. Dies wird über den neuen § 64 Abs. 8 EEG nun indirekt klargestellt.
Die neue Regelung bestimmt, dass kein Stromverbrauch eines Elektrolyseurs über § 64 EEG begünstigt werden kann, wenn es sich nicht um die Herstellung von Grünem Wasserstoff handelt, und zwar von solchem, wie er für den Begrenzungstatbestand des neuen § 64a EEG in der Rechtsverordnung festgelegt wird.
Werden diese Voraussetzungen zukünftig nicht erfüllt, erfolgt nicht nur keine Begrenzung für den eingesetzten Strom, sondern der Stromverbrauch, die Stromkosten und die Bruttowertschöpfung dieser Einrichtungen dürfen auch nicht mehr bei der Ermittlung des Stromverbrauchs, der Stromkostenintensität und der Bruttowertschöpfung berücksichtigt werden.
Im Rahmen der regulären Begrenzung für stromkostenintensive Unternehmen nach § 64 EEG hat der Gesetzgeber mit dem neuen § 64 Abs. 8 EEG aber einen Vertrauensschutztatbestand geschaffen. Demnach gilt diese Einschränkung der Herstellung von Grünem Wasserstoff nur für solche Elektrolyseure, die erst nach Inkrafttreten der Rechtsverordnung in Betrieb genommen werden.
Vollständige Befreiung für die Herstellung von Grünem Wasserstoff
Im neuen § 69b EEG wurde eine Regelung zur vollständigen EEG-Umlagebefreiung für den Strom aufgenommen, der zur Herstellung von Grünem Wasserstoff eingesetzt wird. Das Privileg erstreckt sich im Gegensatz zur Besonderen Ausgleichsregelung nicht auf den Stromverbrauch des gesamten Unternehmens bzw. der Unternehmensteile an einer Abnahmestelle, sondern gilt nur für den in den Einrichtungen zur Herstellung von Wasserstoff verbrauchten Strom und zudem nur für solche Einrichtungen, die vor dem 1. Januar 2030 in Betrieb genommen wurden. Zur Regelung der Anforderungen an Grünen Wasserstoff bedarf es einer Rechtsverordnung der Bundesregierung, die bis zum 30. Juni 2021 vorliegen muss. Ihre Verabschiedung ist nach den jetzt vorliegenden Eckpunkten für Juni 2021 geplant. Vorher ist § 69b EEG nicht anwendbar.
Für die KWKG-Umlage und die Offshore-Netzumlage gibt es eine entsprechende Befreiungsregelung.
Fazit
Die neu geschaffenen Begrenzungstatbestände für die Herstellung von Wasserstoff durch elektrochemische Verfahren sind ausdrücklich zu begrüßen, da sie die hohen Stromkosten der Wasserstofferzeugung reduzieren und so zum Markthochlauf der Wasserstoffherstellung beitragen können. Mit dem neuen § 64a EEG werden zudem in verschiedener Hinsicht zusätzliche Erleichterungen und Verbesserungen für die Antragstellung gegenüber der „herkömmlichen“ Besonderen Ausgleichsregelung nach § 64 EEG geschaffen. Die Beurteilung fällt jedoch nicht uneingeschränkt positiv aus. Die neuen Regelungen werfen eine ganze Reihe von Fragen auf. Neben einigen Unklarheiten in den Regelungen zur Besonderen Ausgleichsregelung führt die Frage der Ausgestaltung des Grünstromerfordernisses zu Unsicherheiten und voraussehbar zu – jedenfalls kurzfristigen – Unwägbarkeiten, die die Planung von und Investitionen in Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff beeinträchtigen können. Es bleibt zu hoffen, dass kurzfristig eine praxistaugliche Rechtsverordnung erlassen wird.
Weitere Informationen unter: Recht der Energiewirtschaft (RdE) 2021, S. 125 ff. und www.ey-law.de