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Handbremse bei Transformation des Energiesystems gelöst?
„Das Regierungsprogramm enthält viele richtige Ansätze für eine zukunftssichere und leistbare Energieversorgung. Jetzt gilt es, diese ambitionierten Vorhaben zügig in die Praxis zu bringen.“
Die neue Bundesregierung in Österreich setzt in ihrem Regierungsprogramm auf eine konsequente Transformation des Energiesystems und nimmt längst fällige Maßnahmen in Angriff. Ein modernes Elektrizitätsrecht soll für mehr Systemeffizienz sorgen. Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft, begrüßt viele der vereinbarten Maßnahmen. THEMEN|:magazin sprach aktuell mit Barbara Schmidt, Oesterreichs Energie Generalsekretärin.
Frau Schmidt, wie sieht die E-Wirtschaft das Regierungsprogramm?
Die neue Bundesregierung hat in ihrem Regierungsprogramm weitreichende Maßnahmen für die E-Wirtschaft vorgesehen, um die Kosten für die Transformation des Energiesystems in vertretbarem Rahmen zu halten: Spitzenkappung bei PV und Wind, eine stärkere Betonung der Leistungskomponente bei der Netztarifierung, die Förderung von Speichern und einiges mehr.
Bis zum Sommer sollen wichtige energiepolitische Gesetzesvorhaben wie die geplante Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und das längst überfällige Elektrizitätswirtschaftsgesetz nun endlich beschlossen werden. Im Hinblick auf angekündigte Maßnahmen zur Senkung der Netzkosten begrüßt die Branche den geplanten Zugang zu öffentlichen Finanzierungsmöglichkeiten für Netzbetreiber und die Anreize zur rascheren Digitalisierung der Netzinfrastruktur. Es sind Maßnahmen, die teilweise seit langem von der Branche gefordert werden.
Welche Schwerpunkte sind noch gesetzt?
Positiv sehen wir, dass die Regierung auf eine integrierte Infrastrukturplanung setzt, die Mobilität, Telekommunikation, Energie und CO₂-Management miteinander verbindet. Ziel ist es, Synergien zu schaffen und Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern zu verbessern. Ein weiteres zentrales Thema ist die Reform der Netztarife, die stärker an der tatsächlichen Leistung und den Verursachern ausgerichtet werden sollen. Ein modernes, verursachergerechtes Netztarifmodell soll Anreize für ein systemdienliches Verhalten schaffen und langfristig die Kosten für Verbraucher reduzieren. Zudem soll laut Regierungsprogramm das bidirektionale Laden von Elektrofahrzeugen stärker berücksichtigt werden, um Flexibilität im Stromnetz zu ermöglichen.
Das Regierungsprogramm sieht auch die Sicherstellung einer nachhaltigen, digitalen Stromversorgung vor. Neben einem Sozialtarif für Haushalte werden gezielte Maßnahmen zur Wettbewerbsstärkung und Preisstabilität sowie zur Herstellung von Rechtssicherheit bei Preisanpassungen angekündigt.
Es gibt aber auch Kritik?
Im Sinne einer fairen und verursachergerechten Verteilung der Kosten sprechen wir uns für Regelungen mit Augenmaß aus. Denn die vergangenen Monate haben gezeigt: Anreize können den Ausbau deutlich beschleunigen – aber in irgendeiner Form finden sie immer den Weg auf die Rechnungen unserer Kundinnen und Kunden.
Auch die geplante Einführung eines „Standortbeitrags“ sehen wir sehr kritisch. Die E-Wirtschaft investiert jeden Cent, der nach der Abführung von Steuern, Abgaben und Dividenden übrig bleibt in den Umbau des Energiesystems und schafft dabei Arbeitsplätze. Wir leisten unseren Standortbeitrag bereits jetzt. Die geplante Belastung der Branche in der Höhe von 200 Mio. jährlich heißt, dieses Geld wird bei den Investitionen fehlen.