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Globale Szenarien und Prognosen zur Energieversorgung
Die Energiewirtschaft steht weltweit vor großen Herausforderungen. Der aktuelle Sonderbericht „Globale Szenarien und Prognosen zur Energieversorgung“ des Weltenergierates beleuchtet, wie sich unsere Energiemärkte im Rahmen der Transformation der Energiesysteme in der Zukunft entwickeln werden. Wir befragten Dr. Hans-Wilhelm Schiffer, Leiter der Redaktionsgruppe „Energie für Deutschland“ beim Weltenergierat zu Kernaussagen des aktuell veröffentlichten Berichtes.
Energieszenarien und -prognosen geben Orientierung für Entscheider aus Wirtschaft und Politik, für die Wissenschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen. Sie helfen dabei, weltweite Trends zu erkennen und einzuordnen.
Auch der aktuelle Sonderbericht des Weltenergierates belegt: Trotz aller Differenzen in Methodik und Erkenntnis lassen sich deutliche Gemeinsamkeiten in der Bewertung der zukünftigen globalen Energieversorgung erkennen, teilweise bis zum Jahr 2040 oder sogar bis zum Ende des Jahrhunderts.
Herr Dr. Schiffer, was gab den Anstoß für den Sonderbericht des Weltenergierates?
Wir wollten die zentralen Erkenntnisse der 2019 von internationalen Organisationen, Energiekonzernen und Beratungsunternehmen veröffentlichten Szenarien und Prognosen zur Weltenergieversorgung transparent machen. Darüber hinaus haben wir uns damit befasst, wie COVID-19 die geopolitische Landschaft verändern und die nationalen Politiken beeinflussen könnte. Eine hierzu weltweit durchgeführte Umfrage zeigt ambivalente Ergebnisse. So wird von einer durch die Pandemie ausgelösten Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit ausgegangen, gleichzeitig aber von einer Abnahme des Vertrauens zwischen den Staaten. Wie sich dies konkret auf die Energiemärkte auswirkt, wird weiterer Analysen sein.
Lassen sich aus dem Bericht Kernaussagen qualifizieren?
Zu den identifizierten Schlüsselbotschaften der vorliegenden Studien gehören: Die Zuwachsraten im globalen Energieverbrauch fallen künftig deutlich geringer aus als in der Vergangenheit. Die Welt wird elektrischer. Die globale Stromnachfrage steigt doppelt so stark wie der Primärenergieverbrauch. Der vermehrte Stromeinsatz dient insbesondere der Dekarbonisierung im Verkehrs- sowie im Wärme- und Kältesektor. Die Transformation der Energieversorgung ist ein weltweites Phänomen. Und die verzeichneten Verbrauchszuwächse werden vor allem durch erneuerbare Energien gedeckt.
Wachstumstreiber sind Wind- und Solarenergie. Digitalisierung, Dezentralisierung und Dekarbonisierung kennzeichnen die neue Welt, in der sich die ökonomischen und geopolitischen Schwerpunkte in den nächsten Jahrzehnten Richtung Asien verschieben. Klimafragen gewinnen an Bedeutung. Alle Projektionen, mit Ausnahme der normativen Szenarien, bei denen die Zielerfüllung als Prämisse gesetzt ist, kommen zu dem Ergebnis: Die in Paris vereinbarten ambitionierten Klimaziele werden nicht erreicht.
Und welche Schlussfolgerungen lassen sich ableiten?
Es besteht erheblicher Handlungsbedarf, um die im Übereinkommen von Paris als Langfristziel verankerte Klimaneutralität zu erreichen. Ergänzend zum Einsatz von Technologien zur Vermeidung von Emissionen an Treibhausgasen sind Maßnahmen zur Erzielung negativer Emissionen unverzichtbar. Dazu gehören unter anderem Aufforstungen sowie Biomasse-Verstromung mit Abscheidung und Speicherung von CO2. Der Weg zur Treibhausgasneutralität unter Integration von negativen Emissionen in Klimaschutzstrategien ist Schwerpunkt- Thema der neuen Schrift Energie für Deutschland 2020, die der Weltenergierat-Deutschland Ende Juni 2020 veröffentlichen wird.
Zur Studie: https://www.weltenergierat.de/globale-szenarien-zurenergieversorgung/