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Gas kann grün: Mit Gas für eine effiziente Klimawende
Gas ist ein idealer Partner für ein zukunftsorientiertes und klimafreundliches Energiesystem der Zukunft. Doch wird das Potenzial von Gas bislang nicht annähernd ausgeschöpft.
Mit der Strom zu Gas-Technologie konnte die Thüga-Gruppe bisher nur positive Erfahrungen sammeln, wie Michael Riechel, Vorsitzender des Vorstandes der Thüga Aktiengesellschaft, in einem Gastbeitrag hervorhebt.
Foto: Falk Heller
Die Kopplung des Stromsektors mit dem Gassektor über die Strom zu Gas-Technologie führt zu einer deutlichen Entlastung der Stromnetze und verringert deren Ausbaubedarf. Aus Sicht der Thüga-Gruppe sprechen volks- und energiewirtschaftliche Gründe für eine kluge Kombination von Strom zu Gas -Technologie (SzG) und Gasverteilnetzen.
Strom zu Gas ist auf lange Sicht eine hochwirtschaftliche Energiewendetechnologie und dient der Versorgungssicherheit betont Michael Riechel, Vorstandsvorsitzender der Thüga AG und Präsident des DVGW Deutscher Verband des Gas-und Wasserfaches e. V.
Wann immer wir mit der Politik in den zurückliegenden Wochen über die Ausgestaltung der Energiewende diskutiert haben, entstand der Eindruck, dass die Diskussion über die Ausgestaltung der Sektorenkopplung die richtige Richtung nimmt. Das ist gut so, denn eine ideologische „all electric society“-Orientierung hilft nicht wirklich weiter. Die entscheidende Frage ist, wie wir das Gesamtenergiesystem optimieren, um eine kosteneffiziente Integration der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Die Sektorenkopplung kann dazu beitragen.
Ideologische „all electric society“- Orientierung hilft nicht wirklich
Bisher ist das Potenzial der bestehenden Gas- und Wärmeinfrastruktur noch lange nicht ausgeschöpft. Ein Ansatz zur Kopplung bietet beispielsweise die Strom zu Gas oder auch Power to Gas genannte Technologie. Diese verfolgt das Ziel, überschüssige Strommengen aus erneuerbaren Quellen in Gas umzuwandeln und damit der Nutzung im Wärme-, Mobilitäts- oder Stromerzeugungsmarkt zuzuführen. 13 Unternehmen der Thüga-Gruppe haben in diesem Jahr dazu eine mehrjährige Erkundung der Strom zu Gas-Speichertechnologie erfolgreich abgeschlossen.
Im Fokus stand dabei die Prüfung der Praxistauglichkeit. Wir konnten beweisen, dass die notwendigen Voraussetzungen für den Praxiseinsatz erfüllt werden. So wurde die Anlage während des Livebetriebes mit Wind- und Solaranlagen, einem Blockheizkraftwerk (BHKW) und dem Stromverbrauch mittels Computersimulation in einem virtuellen Smart Grid zusammen geschaltet. Nach Ansicht aller Projektpartner hat sich die Technologie damit auch als Komponente bei intelligenten Netzstrukturen bewährt.
Entscheidende Gründe für eine Kombination von SzGTechnologie und Gasverteilnetzen
Aus Sicht der Thüga-Gruppe sprechen vier volks- und energiewirtschaftliche Gründe für eine kluge Kombination von SzG-Technologie und Gasverteilnetzen: Erstens: Die notwendige Gasnetzinfrastruktur ist als Speichermedium vorhanden. Zweitens: Nur das Gasnetz verfügt über die Kapazität, um den enormen Gesamtspeicherbedarf der Energiewende zu decken. Drittens: Ein großer Anteil des 2020 bestehenden Speicherbedarfs kann bereits durch die Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und dessen Einspeisung in das Gasverteilnetz gedeckt werden. Erfährt der erzeugte Wasserstoff eine zusätzlich Methanisierung, dann bietet die bestehende Gasinfrastruktur nahezu unbegrenzte Speicherkapazitäten. Und viertens: Die Kopplung des Stromsektors mit dem Gassektor über die SzG-Technologie führt zu einer deutlichen Entlastung der Stromnetze und verringert deren Ausbaubedarf.
In unserer Auffassung fühlen wir uns auch durch aktuelle Studien bestätigt. Zum einen kommt die Studie der Unternehmensberatung enervis zu dem Ergebnis, dass erstens Erdgas bis mindestens 2040 die kosteneffizienteste CO2-Vermeidungsoption für Wärme und bis 2050 und darüber hinaus ein kosteneffizienter CO2-armer Energieträger für Backup- Kraftwerke bleibt. Und zweitens, dass eine dekarbonisierte Welt mit einer Umwandlung von Strom zu Gas volkswirtschaftlich günstiger sein kann als eine Welt ohne Gas. enervis hatte dazu verschiedene Pfade zur Sektorenkopplung, also der Vernetzung von Strom und Wärme bis 2050, analysiert. Im Fokus standen die Themen Kosten und Versorgungssicherheit.
Leitstudie „Integrierte Energiewende“
Zum anderen liegen die Zwischenergebnisse der Leitstudie „Integrierte Energiewende“ der dena vor. Die Zwischenbilanz zeigt mögliche realistische Transformationspfade auf und gibt Impulse für die Gestaltung des Energiesystems bis 2050. Eine zentrale Erkenntnis der Studie: Um die angestrebten Treibhausgasminderungen von 80 bis 95 Prozent bis 2050 zu erreichen, muss die Energiewende technologieoffen gestaltet werden. Hierbei wird das Gasnetz ein wichtiger Baustein in diesem sektorübergreifenden Energiesystem sein.
Gas ist in allen Szenarien der dena-Leitstudie ein wichtiger Leistungsträger des Energiesystems. Das Gasnetz wurde in der Studie als wichtiger Baustein in einem sektorintegrierten Energiesystem identifiziert, auch wegen des zunehmenden Anteils an grünem Gas. Es kann außerdem als Speicher zur Flexibilität des Energiesystems und zur Versorgungssicherheit beitragen. Durch die Speicherkapazität der deutschen Gasnetze kann die gesicherte Leistung auch über lange Zeiträume autark bereitgestellt werden.
Das ist ein gewichtiges Argument, denn Energiespeicher sind für die Energiewende und die Integration erneuerbarer Energien unerlässlich. Mit der Strom zu Gas-Technologie kann erneuerbarer Strom saisonal gespeichert werden. Aus unserer Sicht ist Deutschland gut beraten, die Einführung der notwendigen Technologien zu unterstützen und außerdem auf internationaler Ebene für die Entstehung globaler Märkte für Strom zu Gas zu werben. Eine frühzeitige Verbreitung dieser Technologie ist auch aus industriepolitischer Sicht für Deutschland vorteilhaft.
Hochwirtschaftliche Energiewendetechnologie
Strom zu Gas als ein zentrales Sektorenkopplungselement ist kein unwirtschaftlicher Luxus, bei dem es lediglich Wandlungsverluste gibt. Strom zu Gas ist auf lange Sicht eine hochwirtschaftliche Energiewendetechnologie. Und sie dient zudem der Versorgungssicherheit, denn zwei Infrastrukturen – Gas und Strom – sind eben besser als eine.
In meiner Funktion als Vorsitzender des Vorstandes der Thüga aber auch als Präsident des DVGW führe ich mit unterschiedlichsten Branchen viele Gespräche über die Energiewende. Besonders bei Industrievertretern höre ich immer wieder sorgenvolle Fragen, wie es um die Zukunft der Gasversorgung als grundlastfähiger Energieträger gestellt ist.
Kein Wunder, denn energieintensive Industriezweige werden auch in Zukunft nicht vollständig elektrifiziert werden können. Gasförmige synthetische Brennstoffe werden daher auch bei einem hohen Grad an Elektrifizierung des Energiesystems ein wichtiger Bestandteil des zukünftigen Energiesystems sein. Daher wird der Bedarf an aus erneuerbaren Energieträgern gewonnenen synthetischen Brennstoffen sukzessive zunehmen.
Gasinfrastruktur ist wichtig für Strom
Aus Sicht der Unternehmen der Thüga- Gruppe ist die bestehende Gasinfrastruktur aber auch im Bereich der Stromerzeugung wichtig. Denn neben den volatilen erneuerbaren Energien werden Gaskraftwerke eine wichtige Rolle in der Energieversorgung spielen, weil sie als kostengünstigste Technologie zur Bereitstellung der erforderlichen gesicherten Leistung beitragen.
Erst vor wenigen Tagen habe ich als Präsident des DVGW im Rahmen der GAT 2017 deutlich gemacht, dass durch den Umstieg von Braunkohle auf Erdgas sofort 110 Millionen Tonnen CO2 jährlich eingespart werden können. Der gleiche Effekt könnte auch durch den Zubau von rund 18.000 Windrädern erzielt werden – was allerdings 20 Jahre dauern würde. Das ist für das Klima zu spät.
Eine kontinuierlichere Auslastung der Gaskraftwerke kann erheblich zur Systemstabilität beitragen, da sie gesicherte Leistung bereitstellen. Zudem können Gaskraftwerke aufgrund ihrer flexiblen Betriebsweise die volatile Einspeisung durch erneuerbare Energien kurzfristig und sicher ausgleichen. Das energiepolitische Optimum aus Klimaschutz, Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit kann damit zügig erreicht werden. Gas und erneuerbare Energien sind in der Energiewende und beim Klimaschutz die perfekten Partner. Es bleibt festzuhalten: Eine dekarbonisierte Welt mit einer Umwandlung von Strom zu Gas wird volkswirtschaftlich günstiger sein als eine Welt ohne Gas.
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