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< Erdgas ist Teil der Klimawende
12.12.2016 12:24 Alter: 8 yrs

Europas Pläne in Sachen Versorgungssicherheit

Die Vollendung des Binnenmarktes Gas und die weitere Verbesserung der Versorgungssicherheit bleiben weiter auf der Tagesordnung europäischer Politik. Aus Sicht der EU informiert hierzu Stefan Moser, Referatsleiter bei der Generaldirektion für Energie bei der Europäischen Kommission über den aktuellen Stand.


Foto: Stefan Moser

Das am 16. Februar 2016 von der Kommission vorgelegte Paket zur nachhaltigen Sicherung der Energieversorgung enthält Vorschläge zur Novellierung der Verordnung zur Versorgungssicherheit mit Gas sowie zur Novellierung des Beschlusses über zwischenstaatliche Abkommen im Energiebereich, eine Strategie für Flüssigerdgas (LNG) und die Speicherung von Gas, und eine Strategie für die Wärme- und Kälteerzeugung. Diese sind Teil des Arbeitsprogramms der Kommission nach Maßgabe der Rahmenstrategie zur Energieunion vom 25. Februar 2015 und der Bemühungen der EU, nach Maßgabe des UN-Klimaschutzabkommens von Paris vom 12. Dezember 2015 den Übergang zu einer nachhaltigen Klima- und Energiepolitik sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang spielt die weitere Steigerung der erneuerbaren Energiequellen und eine Verbesserung der Energieeffizienz eine wichtige Rolle. Mit der vorgeschlagenen Strategie sollen vor allem die Hindernisse für die Senkung der CO2-Emissionen, die durch das Heizen und Kühlen von Gebäuden und in der Industrie verursacht werden, beseitigt werden. Zur Unterstützung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird gerade Gas als der sauberste der fossilen Energieträger weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die Kommission geht davon aus, dass die Importe der EU mittelfristig zumindest stabil bleiben und voraussichtlich sogar leicht steigen werden. Die sogenannten Stresstests aus dem Jahre 2014 haben allerdings gezeigt, dass die EU im Hinblick auf mögliche Unterbrechungen von Importen verletzlich bleibt, vor allem in ihren östlichen Mitgliedstaaten, die zu einem erheblichen Teil immer noch stark von einer einzigen Gasimportquelle abhängen und noch nicht ausreichend von wettbewerblichen und liquiden Gasmärkten profitieren. (Abb. Seite 4)
Vor diesem Hintergrund bleibt Mittelpunkt der Bemühungen der Kommission die Schaffung eines gut funktionierenden und integrierten Gasbinnenmarkts in allen Mitgliedstaaten, der die beste Garantie dafür bietet, die Versorgungssicherheit zu erhöhen, Preise zu verringern und durch entsprechende Preissignale die Investitionen in die nötige Infrastruktur zu steuern.

Strategie zu Flüssigerdgas (LNG) und Speichern

LNG stellt für die EU aufgrund des erwarteten steigenden Angebots und sinkender Preise eine besondere Chance dar, einerseits um die zurückgehende heimische Produktion teilweise zu kompensieren, und um andererseits den Zugang zu Gas auf besonders flexible Art und Weise zu erhalten und auf mögliche Versorgungsprobleme schnell reagieren zu können. Die EU verfügt schon heute über erhebliche LNG-Importinfrastruktur, die allerdings wegen fehlender Verbindungen noch nicht ausreichend von allen Mitgliedstaaten genutzt werden kann. Die Speicherung von Gas stellt ebenfalls ein sehr wichtiges Flexibilitätsinstrument dar, um auf etwaige Schwierigkeiten bei der Lieferung von Gas durch Pipelines zu reagieren.
Gemäß der Strategie soll der Gasbinnenmarkt durch die vollständige Umsetzung des dritten Energiepaketes, insbesondere durch die Überwindung regulatorischer Hindernisse wie grenzüberschreitende Zugangsbeschränkungen vervollständigt werden. Der Gasbinnenmarkt kann außerdem nur dann optimal funktionieren, wenn die noch benötigte Gasinfrastruktur zur besseren Ausnutzung der bereits bestehenden geschaffen wird. Gasspeicher sollen ihre Rolle bei der Gewährleistung von Versorgungssicherheit voll wahrnehmen können. Das soll dadurch geschehen, dass der physische Zugang zu Gasspeichern grenzüberschreitend auf effiziente Weise ermöglicht wird. Außerdem soll durch regelmäßige Gespräche die Zusammenarbeit mit wichtigen gegenwärtigen und zukünftigen Partnerländern auf internationaler Ebene weiter verbessert werden, um Handelsbarrieren abzubauen und den freien Handel mit LNG weiter voranzutreiben.

Links: Kooperatives Szenario. Rechts: Nicht-kooperatives Szenario. Wahrscheinliche Versorgungsengpässe im Februar am Ende einer 6-monatigen Unterbrechung der Versorgung mit russischem Gas unter gewöhnlichen Winterbedingungen; Quelle: ENTSOG

Novellierung der Verordnung zur Gasversorgungssicherheit

Im Zentrum des Kommissionsvorschlags zur Novellierung der Verordnung steht eine Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit. Nachbarstaaten sollen zur Vermeidung und Bewältigung eines Notfalls besser zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen wechselseitig ausgleichen. Ferner soll die Vergleichbarkeit der einzelnen Pläne untereinander verbessert werden, indem eine für alle Pläne gleiche Struktur verwendet wird. Durch eine Überprüfung seitens der Gaskoordinierungsgruppe, die aus Vertretern aller Mitgliedstaaten und betroffenen Kreise zusammengesetzt ist, sollen mögliche negative Auswirkungen auf den Energiebinnenmarkt insgesamt verhindert werden und beste Praktiken in der EU verbreitet werden. In diesem Rahmen sollen nach Möglichkeit wirtschaftlich effiziente Lösungen bevorzugt werden, wie z. B. Maßnahmen zur freiwilligen Verringerung der Nachfrage.

Sozusagen als Versicherung für den Fall, dass trotz aller anderen Vorsorge- und Notfallmaßnahmen nicht mehr ausreichend Gas zur Verfügung steht, konkretisiert die Novellierung der Verordnung außerdem das Solidaritätsprinzip. Damit sollen im äußersten Fall besonders schutzwürdige Verbraucher wie Haushalte und essenzielle soziale Dienstleistungen durch zu vergütende Hilfslieferungen von Gas aus direkt verbundenen Nachbarstaaten unterstützt werden.

Außerdem soll die Verordnung zukünftig zu einer verbesserten Risikoanalyse und Risikovorsorge verhelfen. Hierfür wird die notwendige Informationsgrundlage erweitert und transparenter ausgestaltet, indem alle für die Versorgungssicherheit relevanten Risiken einfließen. Zu diesen Risiken gehören außerdem etwaige Restriktionen, die in Verträgen enthalten sein könnten und die u. U. im Notfall neu auszurichtenden Gasflüsse zwischen den Mitgliedstaaten behindern könnten. Hierzu sollen die zuständigen mitgliedsstaatlichen Behörden und die Kommission verbesserten Zugang zu bestimmten Verträgen zwischen Gaslieferfirmen und deren Kunden erhalten.

Das Europäische Parlament unterstützt nach den bisherigen Beratungen weitgehend den Kommissionsvorschlag, geht aber in einigen Punkten wie bei der Transparenz von Verträgen und durch die Einführung einer zusätzlichen grenzüberschreitenden Analyse der Risiken innerhalb von Notfallkorridoren über diesen hinaus. Die Mitgliedsstaaten vertreten bisher zu einigen Punkten untereinander verschiedene Auffassungen, wobei einige den Kommissionsvorschlag hinsichtlich der regionalen Zusammenarbeit grundsätzlich unterstützen und andere fordern, die Zusammenarbeit nicht in festen Gruppen vorzunehmen, sondern in wechselnder Zusammensetzung je nach dem im Einzelfall zu beurteilenden Risiko.

Die konkreten Verhandlungen zwischen Parlament und den im Rat vereinten Mitgliedsstaaten sollen Anfang 2017 beginnen und innerhalb einiger Monate abgeschlossen werden, so dass die neue Verordnung bis etwa Mitte 2017 in Kraft treten kann. Parallel dazu werden die nötigen vorbereitenden Arbeiten zur praktischen Umsetzung durch die Kommission, die Mitgliedsstaaten und betroffenen Kreise innerhalb der Gaskoordinierungsgruppe sowie ENTSOG vorgenommen.

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