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< Sichere Energieversorgung nicht riskieren
01.04.2015 08:33 Alter: 9 yrs

Europa hat ein Vertrauensproblem

Wie steht es um die europäische Perspektive der Energie- und Infrastrukturpolitik, um Netze und Kapazitäten? Europa hat kein Kapazitätsproblem, Europa hat ein Vertrauensproblem, meint DI Walter Boltz, Stellv. Vorsitzender im Regulierungsrat, Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und Vorstand der Energie-Control Austria, Wien/Österreich mit einem europäischen Blick.


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Europa hat kein Kapazitätsproblem, Europa hat ein Vertrauensproblem, meint DI Walter Boltz, Stellv. Vorsitzender im Regulierungsrat, Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) und Vorstand der Energie-Control Austria, Wien/Österreich mit einem europäischen Blick.

Herr Boltz, wie steht es aktuell um die Versorgungssicherheit in Europa?

Wir haben erkennbar einen steigenden Stromverbrauch in vielen Ländern. Eine fortschreitende Marktintegration erhöht die grenz überschreitenden Stromflüsse. Und wir verzeichnen einen deutlichen Anstieg an Erneuerbaren Energien und damit zunehmende Integration verbrauchsferner (Offshore- Wind) und verbrauchsnaher Erzeugung (PV). Dem zufolge wächst der Bedarf an intelligenten, wirkungsvollen und wettbewerbsfähigen Energienetzen! Im Ergebnis einer Europäischen Energienetze-Bestandsaufnahme Strom zeigt sich ein Investitionsbedarf in das europäische Stromnetz von rd.150 Mrd €. An Investitions bedarf in das Gasnetz ergeben sich rd. 73 Mrd €.

Welche Herausforderungen stehen vor den europäischen Energienetzen?

Ein Ausbau und die Modernisierung der Energienetze stehen oben auf der Agenda. Neben der Beschleunigung des Baus fehlender Netzteile (insbesondere in Osteuropa) ist vor allem die Festlegung europäischer Prioritäten notwendig. Und der Koordinationsbedarf auf europäischer Ebene ist weiter zu qualifizieren. Es gibt aber auch Unsicherheiten: zukünftige Technologien, Nachfrage, Erzeugung und Quellen: Auch ist die Gefahr von Fehlinvestitionen nicht auszuschließen. Und nicht zuletzt nationale Genehmigungsverfahren und die soziale Akzeptanz. Ebenso ist darauf zu achten, dass keine regionale Ungleichverteilung von Kosten und Nutzen entsteht.

Mit „A Bridge to 2025“ wurden fünf Ziele für den Internen Energiemarkt festgelegt. Worauf konzentriert sich dieser Maßnahmenkatalog?

Im Kern geht es um Versorgungssicherheitsthemen sowie koordinierte und konsistente An sätze zu "System Adequacy”. Wir müssen mehr Erzeugungs- und Verbraucherflexibilität er mög lichen und gemeinsame Kriterien für einen gut funktionierenden Verbrauchermarkt erstellen. Denn Verbraucherschutz und aktive Beteili gung der Verbraucher in Energiemärkten ist unabdingbar.

Wir benötigen auch den Ausstieg aus der Preisregulierung. Es ist sicherzustellen, dass der Markt für neue Dienstleister nicht durch die Energieversorger blockiert wird. Deshalb macht sich eine Prüfung und Verbesserung der Regulierungsaufsicht über ENTSOs und andere Körperschaften erforderlich. Die Stärkung der Beziehungen mit Regulatoren aus angrenzenden Nicht-EU-Ländern – und deren formellere Beteiligung im Arbeitsprogramm von ACER/CEER ist eine weitere Aufgabe.

Abschließend die Frage, wie geht es weiter mit dem EU-Energiebinnenmarkt?

Hier müssen wir an Tempo zulegen. Ziel ist doch, einen zukunftstauglichen Rahmen für die Energiewende schaffen – kein nationales Flickwerk unkoordinierter nationaler Strategien, Marktbarrieren und isolierter Regionen.

Koordination und Harmonisierung nationaler Markteingriffe wie Kapazitätsmechanismen und Förderregime für erneuerbare Energien sind die strategischen Linien. In der Praxis zeigt sich aber: Europa hat kein Kapazitätsproblem, Europa hat ein Vertrauensproblem.

www.ceer.eu; www.e-control.at