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04.02.2015 08:40 Alter: 10 yrs

Es ist wichtig, dass sich die ostdeutschen Länder in der Energiepolitik Gehör verschaffen

Im Gespräch mit dem THEMEN|:magazin Energie betont Tim Hartmann, seit wenigen Monaten enviaM-Vorstandsvorsitzender, dass die ostdeutschen Besonderheiten bei der Umsetzung der Energiewende stärker Beachtung finden müssen. Eine wichtige Grundlage dafür sei, dass die ostdeutschen Länder in der Energiepolitik mit einer Stimme sprechen.


Foto: Anke Jacob

Die enviaM-Gruppe ist der führende regionale Energiedienstleister in Ostdeutschland. Der Unternehmensverbund versorgt rund 1,4 Millionen Kunden mit Strom, Gas, Wärme und energienahen Dienstleistungen. Zur Unternehmensgruppe mit mehr als 4.100 Beschäftigten gehören die envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM) und weitere Gesellschaften, an denen enviaM mehrheitlich beteiligt ist. Anteilseigner der enviaM sind die RWE AG mit 58,6 Prozent und rund 650 ostdeutsche Kommunen mit 41,4 Prozent.

Herr Hartmann, Sie haben im Sommer des vergangenen Jahres die Unter nehmensspitze der enviaM übernommen. Wie ist Ihre Einschätzung nach den ersten Monaten?

Die ersten Eindrücke sind ausgesprochen positiv. Die enviaM-Gruppe ist sehr gut aufgestellt. Wir sind der größte regionale Energiedienstleister in Ostdeutschland und gehören zu den leistungsstärksten Regionalgesellschaften des RWE-Konzerns. Zu verdanken haben wir dies nicht zuletzt unseren hoch engagierten und qualifizierten Mitarbeiten. Wir dürfen uns allerdings nicht auf den erreichten Erfolgen ausruhen. Der mit der Energiewende einhergehende Wandel von der zentralen zur dezentralen Energieversorgung verlangt von uns in allen Geschäftsbereichen ein Umdenken.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte?

Wir werden unsere Investitionen in die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren deutlich ausweiten. Schwerpunkt ist die Windenergie.

Im Vertrieb ist es mit dem reinen Verkauf von Strom nicht mehr getan. Gefragt sind Energiedienstleistungen, die es den Kunden ermöglichen, Energie intelligent und effizient zu nutzen, selbst zu erzeugen, zu speichern und zu vermarkten. Auch hier gilt es, für alle Kundensegmente entsprechend auf gestellt zu sein. Im Netz werden wir den Netzausbau weiter vorantreiben. Dabei sind neben neuen auch intelligente Netze gefragt. Dazu arbeiten wir eng mit Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen zusammen.

Wichtig ist bei allen Vorhaben grundsätzlich, nicht nur der Herde hinterherzulaufen, sondern auch neue Ideen zu entwickeln, die uns von unseren Wettbewerbern unterscheiden.

Was kennzeichnet die Philosophie der enviaM-Gruppe?

Drei Buchstaben stehen bei der enviaM-Gruppe im Mittelpunkt: WIR. Damit meinen wir nicht nur uns selbst.

Das WIR umschließt auch die Region, unsere Kunden, Anteils eigner, Lieferanten und andere Partner. Für sie alle wollen wir täglich Mehrwerte schaffen, die dem Standort Ostdeutschland, den Unternehmen, Kommunen und der Bevölkerung zu Gute kommen.

 

Wie kann diese Zielstellung erreicht werden?

Grundlegend ist das Prinzip der Partnerschaft auf Augenhöhe. Das heißt, dass wir unseren Gegenüber nicht nur wahrnehmen, sondern ernst nehmen. Ein Beispiel ist der geplante Ausbau der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Hieran wollen wir Stadtwerke, Kommunen und Bürger beteiligen. So entsteht eine Win-Win-Situation für alle. Das verstehen wir unter WIR.

Sie sprechen öffentlich immer wieder an, dass Ostdeutschland eine gemeinsame Stimme zur weiteren Gestaltung der Energiewende benötigt, warum?

Es ist wichtig, dass sich die ostdeutschen Länder in der Energiepolitik Gehör verschaffen und mit einer Stimme sprechen, um ihren Interessen Geltung zu verleihen. Der Osten wird durch die Energiewende stärker belastet als der Westen, da hier die Entwicklung der Erneuerbaren Energien sehr viel schneller voranschreitet. Letztere decken in unserem Netzgebiet, das sich über Teile der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erstreckt, rein rechnerisch bereits 65 Prozent des Strombedarfs ab. Damit sind wir dem Bundesdurchschnitt um rund 20 Jahre voraus. Diese und andere Besonderheiten finden bundesweit viel zu wenig Beachtung. Auch bei den im neuen Jahr anstehenden Gesetzesinitiativen werden im hohen Maß ostdeutsche Belange betroffen sein, die nur Berücksichtigung finden, wenn die ostdeutschen Länder geschlossen auftreten.

Sie betonten die stärkere Belastung Ostdeutschlands durch die Energiewende. Wie kann die Politik hier gegensteuern?

Aus ostdeutscher Sicht ist vor allem die im Zuge der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes vorgesehene Neuregelung der Netzentgelte von großer Bedeutung. In den neuen Bundesländern haben wir in den zurückliegenden Jahren mehr investiert. Deshalb liegen hier die Netzentgelte höher als in den alten Bundesländern. Daher ist eine neue Systematik bei der Berechnung der Netzentgelte erforderlich, die zum Beispiel im Bereich der Erneuerbaren Energien auch die Erzeuger an den Kosten für die Vorhaltung der Netze beteiligt. Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten, die Lasten für die ostdeutschen Verbraucher zu begrenzen. Bundesweit einheitliche Netzentgelte, die momentan diskutiert werden, sind aus meiner Sicht keine Lösung.

 

Welche Rolle spielt die Braunkohle für die künftige Energieversorgung, die in Ostdeutschland einen besonders hohen Stellenwert hat?

Wir sind weiterhin auf Kohle- und Gaskraftwerke angewiesen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Deshalb macht es keinen Sinn, die Erneuerbaren Energien gegen die konventionellen Energien auszuspielen. Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass die Braunkohle auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, von dem zahlreiche Arbeitsplätze abhängen.

www.enviaM.de

www.energiezukunft-ostdeutschland.de