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< Vom Stadtwerk zum Landwerk: Daseinsvorsorge neu gedacht
04.05.2018 16:11 Alter: 7 yrs

Engagiert für die Lebensqualität einer Zukunftsstadt

Im Jahr 2014 stellte sich Dr. Norbert Menke der Herausforderung, den kommunalen Leipziger LVV-Konzern fit zu machen für die Herausforderungen, die mit dem rasanten Bevölkerungswachstum sowie der Energiewende in den Sektoren Strom, Wärme und Nahverkehr verbunden sind. Heute kann der Konzern auf eine positive Geschäftsentwicklung der zurückliegenden Jahre zurückblicken.


Anlass für einen Rückblick mit dem Sprecher der Geschäftsführung der LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH, welcher das Unternehmen in Kürze verlassen wird. Foto: Jeibmann Photographik

Stadtkonzerne stehen symbolisch für die Kommunalwirtschaft und sind zugleich unverzichtbar für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und die Lebensqualität ihrer Bürger. Besonderen Stellenwert erhält diese Aufgabe in der Energiemetropole und Messestadt Leipzig, die sich seit Jahren einem starken Einwohnerwachstum und damit besonderen Anforderungen an den Ausbau und Umbau der Versorgungsinfrastruktur stellen muss.

Herr Dr. Menke, mit welcher Zielstellung sind Sie 2014 angetreten?

Bei meinem Eintritt vor vier Jahren gab es den klaren Auftrag von Stadt und Aufsichtsrat, den Ausbau der Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV) zu einer echten konzernleitenden Holding zu forcieren und auf eine Steigerung der Zukunftsfähigkeit des LVV-Konzerns hinzuwirken. Einen Schwerpunkt bildete hierbei die Neuordnung der Führungsstrukturen und Governance im Konzern als wesentliche Grundlage für mehr Ergebnisorientierung und sektorenübergreifende Zusammenarbeit um damit das Unternehmen „Stadtkonzern“ zukunftsfähig aufzustellen.

Die LVV als Management-Holding hat als Kerngeschäft die sichere und nachhaltige Versorgung der Leipziger Wirtschaft sowie der Bürgerinnen und Bürger mit Energie, Mobilität und Wasser zu angemessenen Preisen im Fokus. Maßstab für Qualität und Preis sind hier vergleichbare kommunalwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland. In den zurückliegenden vier Jahren konnten wir als Konzern mit allen beteiligten Unternehmen die Eigentümerinteressen und damit auch die Erwartungen der Stadt regelmäßig übererfüllen.

Wie zeigt sich diese Entwicklung konkret?

Der LVV-Konzern ist wieder in einer guten Verfassung. Wirtschaftlich stand die Unternehmensgruppe noch nie so gut da wie heute - trotz der Belastungen durch die Energiewende. Ertragslage (rund 30 Mio. Euro in 2016), Investitionen (rund 175 Mio. Euro in 2016) und Risikovorsorge liegen auf hohem Niveau. Die Eigenmittelausstattung ist kontinuierlich gestiegen (von 820 auf 920 Mio. Euro (2014-2016). Gleichzeitig wurde die Nettoverschuldung im Konzern kontinuierlich gesenkt (615 auf 572 Mio. Euro (2015- 2016). Risiken die den Konzern in der Substanz gefährdet haben, sind durch den Sieg gegen die UBS-Bank abgewendet. Finanzspekulationen gehören der Vergangenheit an. Der Konzern ist heute nahezu ausschließlich auf Konzernebene finanziert. So diversifiziert, dass wir möglichst langfristig von dem günstigen Zinsumfeld profitieren. Die Unternehmensgruppe hat eine gemeinsame Konzernstrategie erarbeitet um sowohl ein Bevölkerungswachstum auf 700.000 Einwohner, wie auch die urbane Energiewende und Mobilitätswandel zu gestalten. Mit einer langfristigen Investitionsplanung, die in Abhängigkeit der Bevölkerungsentwicklung bis zu rd. 3 Mrd. Euro Investitionen bis 2030 vorsieht, ist diese Strategie konkretisiert. Damit sind wichtige Weichen für die Zukunft gestellt.

Und wie steht es um die Managementphilosophie?

Umfassende Regeln einer guten Führung öffentlicher Unternehmen sind heute implementiert, u. a. mit dem LCGK Leipziger Corporate Government Kodex, und kennzeichnen die Unternehmenskultur. Die Gremienarbeit wurde professionalisiert. Unser Zielbild ist das eines fachkundigen und aktiven Aufsichtsrates. Die Zusammenarbeit in den Gremien gestaltet sich heute sehr transparent und konstruktiv. Viele Bereiche sind heute durch eine einheitliche Unternehmensphilosophie gekennzeichnet. Beispielsweise bei der Konzernfinanzierung, der Revision, Personalstrategie, dem Informationsmanagement oder in der Strategiearbeit. Das war und bleibt eine Herkulesaufgabe.

Wir versuchen wie ein Flottenverband zu agieren. Jeder Teilkonzern arbeitet eigenverantwortlich und ergebnisverantwortlich, ist jedoch einer Zusammenarbeit in der Unternehmensgruppe verpflichtet. Innerhalb der Unternehmensgruppe orientiert die LVV als Managementholding auf Harmonisierung, Kooperation und die Nutzung von Synergien im Verbund. Im Mittelpunkt steht der Erfolg des gesamten LVV-Konzerns, er orientiert sich an den Zielsetzungen unseres kommunalen Anteilseigners. An erster Stelle steht da die auskömmliche Finanzierung von Umbau und Ausbau der Versorgungsinfrastruktur für die wachsende Stadt und der finanziellen Verpflichtungen für den öffentlichen Nahverkehr in Leipzig. Das ist uns in den letzten Jahren sehr gut gelungen.

Dies zeigt sich auch in den wirtschaftlichen Ergebnissen?

Durchaus. Der LVV-Konzern hat das operative Ergebnis in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert, er setzt seine Investitionsoffensive fort und senkt kontinuierlich den Verschuldungsgrad. Der Konzern konnte seit 2014 jedes Geschäftsjahr positiv abschließen. So haben wir in 2016 das operative Ergebnis im laufenden Geschäft (EBITDA) auf rund 215 Mio. Euro gesteigert. Das Konzernergebnis nach Finanzierung der Nahverkehrsleistung liegt bei etwa 30 Mio. Euro. Die Investitionen in die wachsende Stadt Leipzig liegen mit etwa 175 Mio. Euro auf Rekordniveau und werden weiter steigen. Unsere aktuelle Mittelfristplanung sieht Investitionen von rund 1,2 Mrd. Euro bis 2022 vor. Das sind jährlich im Durchschnitt rd. 240 Mio. Euro! Für dieses Mammutprogramm haben wir uns mit der Orientierung auf die Ertragskraft und mit einer Reduzierung der Nettogesamtverschuldung in den letzten Jahren gut gerüstet. Damit zeigt sich der Konzern heute als ein zuverlässiger Partner für eine wachsende und nachhaltige Stadt Leipzig.

Was geschieht mit den erzielten Gewinnen?

Die erzielten Gewinne werden gezielt für Rücklagen eingesetzt und wir sichern mit dem finanziellen Ergebnis auch den notwendigen Zuwachs an Investitionen. Damit verbessert sich unsere Ausgangssituation für die kommende investive Phase weiter. Auch die Finanzierung der ÖPNV-Leistungen erfolgt aus eigener Kraft, womit LVV eine zentrale Erwartung der Stadt Leipzig erfüllt. So wie die Investitionen wird auch der Finanzierungsbedarf für den ÖPNV in einer wachsenden Stadt steigen. Dafür wollen wir gerüstet sein.

Sie sprachen über die ÖPNV-Leistungen, können Sie hier ein Beispiel für Investitionen nennen?

Leipzig fährt im ÖPNV einen marktorientierten Wachstumskurs. Seit einigen Jahren mit gutem Erfolg. Entscheidend für ein steigendes Fahrgastaufkommen ist weniger das Niveau der Fahrpreise sondern vielmehr ein gutes und bedarfsgerechtes Angebot. Das zeigen alle einschlägigen Untersuchungen und auch die Erfahrung unserer Verkehrsbetriebe in den letzten Jahren. Auch deshalb haben wir seit 2012 von einer eher konsumorientierten auf eine investive Unternehmenspolitik bei unseren Verkehrsbetrieben umgesteuert. Also Investitionen in Betriebshöfe und moderne Werkstätten, in die Gleisinfrastruktur zur Lärmminderung und Beschleunigung, in ein neues glasfaserbasiertes Betriebsleitsystem, in die Verbesserung der Kundenschnittstelle durch neue Fahrscheinautomaten und eine digitale, multimodale Mobilitätsplattform sowie insbesondere auch in die Modernisierung der Fahrzeugflotte. Leipzig ist eine Straßenbahnstadt. Seit 2016 läuft die Beschaffung von rund 60 neuen Straßenbahnzügen. Das Programm umfasst Investitionen von über 180 Mio. Euro und wird etwa 2022 abgeschlossen sein. Ich freue mich, dass mit den neuen Straßenbahnen der Modernisierungskurs endlich im Markt sichtbar und spürbar wird. Mit einer Steigerung von jährlich rund 10 Millionen Fahrgästen in den letzten zwei Jahren zeigen die Bürger unserer Stadt, dass sie diesen Kurs im ÖPNV unterstützen.

Wie lautet Ihre Botschaft für die weitere Entwicklung der LVV?

Leipzig wächst nachhaltig. Als LVV-Konzern haben wir dafür einen wichtigen Beitrag zu leisten. Die Stadt und die Kommunalwirtschaft haben in 2017 mehr als 700 Mio. Euro investiert. Damit war das Investitionsvolumen in Leipzig so hoch wie seit 1990 nicht mehr. Leipzig erlebt eine zweite Gründerzeit. Während Bereiche wie Bildung, Schulen, Kultur und Gesundheit im Fokus der Stadt liegen, konzentriert sich der LVV-Konzern auf die wesentlichen Infrastrukturen der Versorgung mit Energie, Wasser und den Nahverkehr. In den letzten Jahren sind die Stadt Leipzig und der LVV-Konzern gut damit gefahren, ihre Haushalte getrennt zu betrachten und unabhängig voneinander zu bewirtschaften. Mit unserer Strategie haben wir den Weg aufgezeigt, dies kann unserer Unternehmensgruppe auch in der Zukunft gelingen. Ansonsten gilt es die Bürgerinnen und Bürger im Auge zu behalten. Sie stehen im Zentrum unseres zunehmend digitalisierten kommunalen Ökosystems. Das gilt insbesondere in wettbewerbsrelevanten Bereichen wie der Mobilität und der Energie. Denn hier ist die Digitalisierung Fluch und Segen zugleich.

Digitalisierung bedeutet insbesondere eine enorme Machtverschiebung zum Kunden und zum Bürger. Kommunale Konzerne genießen hohes Vertrauen und stehen damit in der ersten Reihe, um diese digitalen Veränderungen gemeinsam zu gestalten. Die ganzheitliche Betrachtung über die Sektoren hinweg ist nicht nur eine Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende, sondern auch eine Grundlage für smarte, digitale Produkte als auch Services einer Daseinsvorsorge 4.0.
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