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Energiewende ist eine Technologiewende
Eine technisch effektive und ökonomisch effiziente Umsetzung der Energiewende ist gefordert. Hierbei spielen innovative Energietechnologien zur Erreichung der Zielsetzung eine zentrale Rolle. Die technischen Bausteine sind heute bereits im Grundsatz vorhanden. Es sind aber weitere Optimierungen, Standardisierungen und Hochskalierungen erforderlich.
Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner verantwortet als Vorstandsmitglied die Kraftwerks-, Netz- und technischen Innovationsaktivitäten der Mainova AG in Frankfurt/Main. Mainova ist einer der zehn größten regionalen Energieversorger in Deutschland und beliefert die Region als Vollversorger mit Strom, Gas, Wärme und Wasser.
Prof. Birkner, das traditionelle Energiesystem wird zunehmend in ein regeneratives System überführt, ist damit die Energiewende erklärt?
Eine solche Erklärung greift zu kurz. Die Energiewende erschließt im Kern die Primärenergiequellen, solare Strahlung und Wind. Diese zeichnen sich durch eine geringe Energiedichte sowie eine stark schwankende und nicht steuerbare Verfügbarkeit aus. Technisch besteht die größte Herausforderung darin, dieses fluktuierende Aufkommen von Strom aus Sonne und Wind in den Griff zu bekommen. Mit Blick auf die künftige von volatilen regenerativen Stromquellen geprägte Energielandschaft müssen wir dabei das gesamte Strom-, Gas- und Wärmesystem berücksichtigen. Und eine technisch effiziente und effektive Durchführung des Transformationsprozesses im Blick haben sowie Prinzipien wie Technische Subsidiarität, Diversität und Modifikation mehr Augenmerk schenken.
Können Sie dies näher erläutern?
Das Prinzip der technischen Subsidiarität bedeutet, Probleme dort zu lösen, wo sie entstehen. Hier bedeutet es die Errichtung von modular aufgebauten, teilautonomen Strukturen. In der aktuellen Diskussion wird die Lösung des Problems der Erzeugungsschwankungen fast vollständig auf das Transportnetz verlagert. Alternativ ließen sich durch klug strukturierte Nieder-, Mittel- und Hochspannungsnetze gestaffelte, teilautonome Energiecluster schaffen, die innerhalb ihrer Grenzen einen Beitrag zur Beherrschung der Erzeugungsschwankungen leisten. Nur die darüber hinaus zum Ausgleich erforderliche Energie würde in diesem Fall noch über die vorgelagerte Ebene des Transportnetzes bereitgestellt werden.
Was ist mit dem Prinzip der Diversität gemeint?
Das Prinzip der Diversität beschreibt den Versuch, durch die netzbasierte Kopplung unterschiedlicher Erzeugungs- und Verbrauchsmuster die Erzeugungsschwankungen des regenerativen Energiesystems zu beherrschen. Eine Fokussierung auf die besten Wind- und Sonnengebiete erhöht zwar die spezifische Energieausbeute, schafft aber Probleme in Zeiten von Überschussproduktion. Darum wäre es sinnvoll, verschiedene Kraftwerke wie Windparks sowie Solar- oder Biomasseanlagen über ein großes Gebiet möglichst homogen zu verteilen. Durch eine netzbasierte Kopplung unterschiedlicher Erzeugungs- und Verbrauchsmuster kann die Volatilität des regenerativen Energiesystems beherrscht werden. Zudem minimiert eine Durchmischung unterschiedlicher Energiequellen den Speicherbedarf.
Und was ist unter Modifikation zu verstehen?
Unter Modifikation ist die veränderte Anwendung vorhandener Infrastruktur im Sinne der Energiewende zu verstehen. Hierbei geht es um die preisgünstigste Etablierung der künftig erforderlichen Funktionalitäten.. Städtische Fernwärmesysteme könnten z. B. ergänzt um Elektroheizer, also Power-to-Heat, zu Pufferspeichern werden. Bei Stromüberschuss kann so die speisende Kraft-Wärme- Kopplungsanlage auf das Stromminimum reduziert werden, die fehlende Wärmemenge wird mit regenerativem Strom erzeugt. Geeignete Informations- und Kommunikationstechnologien können Elektrische Netze zu sogenannten Smart Grids weiterentwickeln. Die Erfassung und Berechnung der Lastflüsse, eine Erweiterung des Netzes um Steuerelemente wie Spannungsregler und fernsteuerbare Schalter oder die Einbindung der Kunden über eine direkte Last- oder Erzeugungsbeeinflussung kann die Transportkapazität bestehender Verteilernetze um rund 30 bis 50 Prozent erhöhen. Diese wenigen Beispiele zeigen, Themen wie Subsidiarität, Diversifikation und Modifikation sollten in die strategische Ausrichtung der Energiewende systemrelevant einbezogen werden.
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