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Energiepolitisches Programm der Großen Koalition
Unter dem Titel „Die Energiewende zum Erfolg führen“ widmeten sich die Autoren des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD zum Ende des Wahljahres am 27. November 2013 auf gut zwölf Seiten ihren energiepolitischen Aufgaben für die anstehende 18. Legislaturperiode.
Zu Beginn des Jahres 2014 hat der Gesetzgebungsprozess zum neuen Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) – dem Herzstück dieses Programms – bereits ordentlich Fahrt aufgenommen. Dieser Elan ist sicher auch mit dem am 18. Dezember 2013 „frisch eröffneten“ Beihilfeverfahren der Kommission gegen das aktuelle EEG zu erklären. Ein Fachbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Dominik Greinacher, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, SCHOLTKA & PARTNER, Berlin
I. Herzstück EEG-Reform
Zentraler Punkt des energiepolitischen Programms ist die Überarbeitung des Förderrahmens für Erneuerbare Energien. Hierfür werden für das EEG lang-, mittel- und kurzfristige Perspektiven aufgezeigt. Langfristig sollen die bisherigen Mindestziele linear zu einem Ausbaukorridor fortgeschrieben werden: Danach sollen Erneuerbare Ener gien 40 bis 45 % in 2025 und 55 bis 60 % in 2035 zu der Stromerzeugung beitragen. Mittelfristig soll es grundlegende Neuerungen bei der Vergütungsstruktur geben: Ab 2018 wird die Förderhöhe nur noch über Ausschreibungen ermittelt, wenn sich ein Ausschreibungsdesign in einem Pilotprojekt mit PhotovoltaikFreiflächenanlagen mit einer Gesamtleistung von 400 MW als tauglich erwiesen hat. Jedenfalls bis dahin bleibt es bei einer technologiespezifischen Förderung, wobei die Förderung von Energie aus Biomasse auf Abfall- und Reststoffe begrenzt wird.
Kurzfristig – innerhalb eines ambitionierten Zeitplans bis zur Sommerpause 2014 – wird das derzeitige Förderregime an zahlreichen Stellen umgebaut, wobei die Förderhöhen generell sinken. Der hierzu unter dem 18. Februar lancierte Referentenentwurf aus dem Wirtschaftsministerium konkretisiert auf immerhin 222 Seiten den durch den Koalitionsvertrag gesetzten Rahmen: Bonusregelungen und Grünstromprivileg haben keine Zukunft. Neuanlagen müssen ihren Strom direkt vermarkten. Sah der Koalitionsvertrag hierfür noch eine Schwelle bei einer „Anlagengröße“ von 5 MW vor, unter der Anlagenbetreiber für die feste Einspeise ver gütung hätten optieren können, so zieht der Referentenentwurf die Schwelle bei zunächst 500 kW ein, diese sinkt in den Folgejahren weiter auf 100 kW für Anlagen mit einer Inbetriebnahme nach dem 31. Dezember 2016 ab.
Die Besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Industrie unterliegt künftig streng eren Anforderungen: Nach dem Koalitionsver trag sollen z. B. energieeffizienzsteigernde Maßnahmen und nicht mehr nur ein Energie managementsystem Voraussetzung der Begünstigung sein. Der Referentenentwurf enthält unter ausdrücklichem Verweis auf das Beihilfeverfahren noch keine konkrete Regelung. Wie die Eigenerzeugung zur EEG-Umlage beitragen soll, ist noch offen, einen Regelungsvorschlag enthält der Entwurf ausdrücklich noch nicht. Eigenerzeuger sollen sich wohl oberhalb einer Bagatellgrenze an der EEG-Umlage beteiligen, wobei derzeit Schwellen von 10 kW und einer selbst verbrauchten Strommenge von 10 MWh pro Kalenderjahr in Rede stehen. Bestehende Eigenerzeugungsanlagen sollen noch „Vertrauensschutz“ genießen, jedoch – anders als im Koalitionsvertag ursprünglich vorgesehen – nicht mehr durch vollständige Befreiung von der Umlagepflicht.
Gerade beim Grünstromprivileg und der Besonderen Ausgleichsregelung wirft das inzwischen förmlich eröffnete Beihilfeverfahren seine Schatten voraus. Wie so häufig wird die juristische Dimension dieser Fragestellung in nicht unerheblichem Maße von einer politischen Diskussion überlagert. Wie es der Zufall will überarbeitet die Kommission gerade selbst ihre eigenen Leitlinien für staatliche Um welt schutzbeihilfen. Die Eröffnung des Beihilfe verfahrens dient dabei als gewichtiges Faust pfand beim Ringen um das Maß an unionsrechtlichem Einfluss auf die Energiepolitik Deutschlands.
II. Systemstabilität, Netze und Kraftwerke
Zurück zum Koalitionsvertrag: Die Energiewende stellt neue Anforderungen an den Netzausbau. Deswegen ist dieser mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu synchronisieren, wobei vor allem die Akzeptanz in der Bevölkerung verbessert werden soll. Zu dem liegt künftig ein Augenmerk auf der Ertüchtigung von Verteilernetzen. Für diese wird die Einführung von „Investitionsbudgets“ geprüft. Gleichzeitig bleibt es grundsätzlich beim Einspeisevorrang für EEG-Anlagen, allerdings sollen Neuanlagen für Netzbetreiber und Direktvermarkter generell ansteuerbar sein. Abregelungen in einer Größenordnung von bis zu 5 %der Jahresarbeit sollen die Netzbetreiber in bestimmten Situationen unentgeltlich vornehmen können. Darüber hinaus soll das Niveau der Entschädigungs zahlungen sinken. Weiterhin wird die Ver pflichtung zur „virtuellen Grundlast fähig keit“ von EEGAnlagen als Option ins Spiel gebracht.
Aussicht auf bessere Rahmenbedingungen haben die Betreiber von Pumpspeicher kraftwerken; sie sollen „auch künftig ihren Beitrag zur Netzstabilität wirtschaftlich leisten können“. Dies wäre wünschenswert, stellen PSW doch eine besonders ressourcenschonende und klimagünstige Erzeugungsform dar. Konventionelle Kraftwerke sollen durch weitere Mechanismen, die neben die bisherige Netzreserve treten, im Markt gehalten werden.
III. Klimaschutz
Beim Klimaschutz setzen die Koalitionsparteien zuvorderst auf verbesserte Energieeffizienz. Die diesbezüglichen Ausführungen bewegen sich dabei nahe an den europarechtlichen Vorgaben der Energieeffizienzrichtlinie. Der Emissionshandel soll wirksam weiterbetrieben werden. Maßnahmen wie das sogenannte Backloading, also die vorübergehende Still legung von Zertifikaten, sieht der Koalitions vertrag kritisch – obwohl die Bundesregierung ihren Widerstand auf europäischer Ebene schon aufgegeben hat.
IV. Atomkraft, Energieeffizienz, Fracking und Konzessionsvergabe
Die neue Bundesregierung will am Atomausstieg festhalten. Konventionelle Kraftwerke werden auf absehbare Zeit als „unverzichtbar“ eingestuft. Das Thema Energieeffizienz wird zu einer „zweite Säule“ der Energiewende und erhält durch einen nationalen Aktionsplan neuen Schub. Auch der Wärmemarkt und das Erneuerbare-EnergienWärmegesetz stehen stärker im Fokus. Dagegen steht die Koalition dem Fracking sehr kritisch gegenüber und verlangt vor allem weitere Erkenntnisse zur Beseitigung von Wissensdefiziten. Fracking erfordert künftig eine obligatorische Umweltver träglich keitsprüfung mit Öffentlichkeits beteiligung. Für die Konzessionsvergabe sollen eindeutige und rechtssichere Re gelungen, auch und gerade zur Bewertung von Netzen und zum Netzübergang erarbeitet werden. In der Vergangenheit hatte es der Gesetz geber trotz mehrerer Anläufe nicht geschafft, diese Streitthemen zu lösen. Dies geschieht auch mit Blick auf Rekommunali sierungen von Netzbetrieben. Wird doch hier mit über die Zukunft der Verteilnetze entschieden und damit auch über die Energiewende.
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