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Energiemarkt 2025 – Trends, Perspektiven, Strukturbrüche
Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln (EWI) widmet sich seit mehr als 65 Jahren der energiewirtschaftlichen Forschung. Intensive Diskussionen zwischen Wissenschaft und Praxis sind hierbei ein wichtiges Anliegen des Instituts. So war auch die ewi Energietagung am 15. November 2016 zum Thema „Energiemarkt 2025 – Trends, Perspektiven, Strukturbrüche“ ein interessanter und erkenntnisreicher Tag – im wahrsten Sinne eben ein Tag, der Wissen schafft. Wesentliche Aussagen seines Key Note Vortrages fasst Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge, Direktor des Instituts, für themen.magazin zusammen.
Entsprechend dem Leitsatz „Energiemärkte erforschen – Entscheidungen verbessern“ analysieren die EWI-Wissenschaftler die aktuellen Herausforderungen in der Energiewirtschaft und suchen nach innovativen Lösungen für staatliche und unternehmerische Entscheidungsträger. In diesem Sinne war es das Ziel der diesjährigen ewi Energietagung, gemeinsam mit den Kongressteilnehmern einen Blick auf den Energiemarkt im Jahr 2025 zu werfen und mögliche Entwicklungslinien detailliert zu reflektieren.
Der für die ewi Energietagung 2016 gewählte mittlere Zeithorizont bis zum Jahr 2025 ist dabei als bewusster Kontrapunkt zur Jahreszahl 2050 zu sehen. Dieses weit entfernte Jahr 2050 wird zwar in Politik und Gesellschaft für die Festlegung von Zielmarken stark strapaziert, stellt aber angesichts der vielen Unwägbarkeiten bis dorthin nicht viel mehr als eine gesellschaftliche Projektionsfläche dar.
Zwar ergibt sich aus dem langfristigen Ziel Ansporn und Richtung vor allem im Bereich der Erforschung und Entwicklung von Zukunftstechnologien. Doch ist letztlich vor allem die kurze und mittlere Frist relevant für Maßnahmen, welche von den heutigen Entscheidungsträgern in Politik und Industrie gestaltet und verantwortet werden können.
Deutsche Klimapolitik als Unsicherheitsfaktor
Über der Entwicklung des Energiemarkts im kommenden Jahrzehnt schwebt vor allem die Unsicherheit über die weiteren politischen Entscheidungen bezüglich der Minderung von Treibhausgasen in Deutschland. Für heutige Entscheidungsträger sind dabei die von der Politik angekündigten Ziele von geringerer Bedeutung als die Frage nach konkreten Umsetzungsmaßnahmen. Vor dem Hintergrund der absehbaren, deutlichen Verfehlung des Ziels für 2020 und die damit verbundene Diskrepanz zwischen politischer Ankündigung und energiewirtschaftlicher Realität entsteht ein hohes Maß an Unsicherheit für alle Marktteilnehmer. Nicht zuletzt angesichts des weiteren Abschaltens von Kernkraftwerken in Deutschland bis zum Jahr 2022 wird deutlich, dass die aktuell formulierten Ziele wohl nur durch eine drastische Verschärfung von Minderungsmaßnahmen erreicht werden können. Alle Marktteilnehmer richten also an die Politik die Frage, mit welchen konkreten Maßnahmen zu rechnen ist, und mit welcher Konsequenz der Staat die Durchsetzung des ausgerufenen Ziels für 2030 tatsächlich verfolgen wird.
Einschätzung des Klimaschutzplans und Anregungen
Der am Wochenende vor der ewi-Energietagung veröffentlichte neue Klimaschutzplan der Bundesregierung trägt wenig zur Verringerung der Unsicherheit über die zukünftige Politik bei. Denn in diesem Plan werden keine konkreten politischen Maßnahmen benannt, sondern das Gesamtziel lediglich auf einzelne Sektoren aufgeteilt. Die offene Frage wird also lediglich in Teilfragen zerlegt, und die Sektoren werden politisch gegeneinander in Stellung gebracht.
Gleichzeitig werden grundsätzliche Dissonanzen und Inkonsistenzen fortgeführt statt geklärt. So wird beispielsweise der Rahmen für die deutsche Minderungspolitik in Europa gesetzt. Auf EU-Ebene gibt es eine klare, schlüssige Unterteilung in ein europaweites Ziel für die vom EU-Emissionshandel (EUETS) erfassten Sektoren und in nationale Ziele für alle anderen Sektoren. Dieses europäische Raster wird allerdings vom deutschen Plan nicht reflektiert.
Auch wird die Aufteilung des deutschen Gesamtziels auf einzelne Sektoren nicht näher begründet oder erläutert. Ökonomisch müsste man die jeweiligen marginalen Vermeidungskosten in den einzelnen Sektoren untersuchen und miteinander vergleichen. Solche oder ähnliche Überlegungen sind weder dem Klimaschutzplan noch den politischen Debatten hierzu zu entnehmen. Und schließlich fehlt vollständig eine Bewertung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen einer Umsetzung der genannten Ziele. Das betrifft sowohl die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten bei effizienter oder ineffizienter Zielerreichung als auch die damit jeweils verbundenen Verteilungseffekte. Letztlich hat die Politik es bislang versäumt, ihre klimapolitischen Zielsetzungen mit ihren Zielen für die wirtschaftliche Entwicklung als auch den gesellschaftlichen Interessenausgleich in Einklang zu bringen.
EE-Ausbau und damit verbundene Herausforderungen
Eine gewisse Verlässlichkeit geht für die Marktteilnehmer von der deutschen Förderung der „Erneuerbaren Energien“ (EE) aus. Zwar führt diese Maßnahme zu weiter wachsenden Mehrkosten, ohne dabei wirksam Treibhausgase zu mindern. Aber sie erscheint politisch weiterhin relativ robust, da sie letztlich als Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Stromverbraucher, organisiert ist. Auch wenn die Debatten um die Höhe der EEG-Umlage zunehmen, so drehen sich diese Diskussionen zumeist um die Ausweitung der Finanzierungsbasis; nur wenige politische Kräfte fordern die komplette Abschaffung des Fördersystems für den weiteren EE-Zubau.
Der Ausbau der wetterabhängigen EE führt zu einer stetigen Erhöhung des Flexibilitätsbedarfs im Stromsystem. Hieraus ergeben sich interessante Potenziale zur Aufnahme von temporärem Überschussstrom vor allem im Wärmesektor. Diese können aber aufgrund der aktuellen Strompreissystematik derzeit nicht angemessen genutzt werden: elektrische Energie ist teuer, weil sie mit einer Vielzahl von Abgaben und Umlagen belastet wird; und der tatsächlich zu entrichtende Preis für elektrische Energie reflektiert weder die zeitliche noch die räumliche Struktur von Knappheit im Stromsystem. Eine Anpassung dieser Systematik zur Verbesserung der EEBild Integration wäre ein veritabler Strukturbruch, welcher viele interessante und innovative Anpassungsprozesse freisetzen würde.
Gleichwohl ist unklar, in welchem Umfang der Gesetzgeber hierzu bereit und fähig ist, da hiermit Verteilungseffekte verbunden wären und die politisch vergleichsweise einfach durchzusetzende Refinanzierung des EE-Ausbaus durch Belastung der elektrischen Kilowattstunde in Frage gezogen würde. Die deutsche Energiepolitik bewegt sich in dieser Frage auf ein zunehmend kritisches Dilemma zu: Ohne Anpassung der Entgeltsystematik entstehen nicht die Marktreaktionen, welche geeignet wären, die weiter anwachsenden EE-Mengen sinnvoll zu integrieren. Passt man die Systematik aber an, so geht die Finanzierungsbasis für genau diesen EE-Ausbau verloren. Man wird also auf absehbare Zeit mit Zwischenlösungen rechnen dürfen, welche die historisch aufgelaufenen EE-Kosten vom Stromverbraucher weg verschieben, um so die Freiräume für die Förderung neuer Anlagen zu erhalten.
Weitere Trends und Initiativen des EWI
Ein weiterer wichtiger Trend für die Energiewirtschaft ist die Digitalisierung. Diese nimmt, nicht zuletzt dank der Liberalisierung, auch im Energiesektor mittlerweile Fahrt auf. Besonders wichtige Anwendungsgebiete der neuen technologischen Möglichkeiten sind die Optimierung von Prozessen und die Verbesserung der Marktorganisation, z. B. durch Aggregatormodelle oder Plattformen. Relevant bis zum Jahr 2025 wird sicherlich auch die E-Mobilität werden, wenngleich mit Macht vermutlich frühestens gegen Ende dieses Zeithorizontes und damit kurzfristig weniger bedeutsam als der weitere EE-Ausbau und die fortschreitende Digitalisierung.
Das EWI stellt sich mit etlichen neuen Initiativen auf die genannten Entwicklungen im Energiemarkt und auf die damit verbundenen Herausforderungen für die politischen Entscheidungsträger ein. Diese umfassen die Dezentralisierung von Strom- und Wärmeerzeugung und deren Zusammenspiel, die systematische Berechnung von CO2-Vermeidungskosten über alle Sektoren in hoher mikroökonomischer Auflösung, die Digitalisierung und die damit verbundenen Chancen vor allem mit Blick auf Marktorganisation und entsprechende Geschäftsmodelle, sowie schließlich die Infrastruktur für E-Mobilität an der Schnittstelle zwischen dem Strommarkt und potenziell mehreren Millionen E-Fahrzeugen. Neben diesen Zukunftsinitiativen wird das EWI naturgemäß auch die Themen weiter erforschen, für die das Institut bereits seit Jahren steht, wie Strommärkte, Marktdesign und Regulierung, Gas- Versorgungssicherheit der EU und Deutschland sowie die Weltmärkte für Kohle, Öl und Gas.
Das EWI wird also auch weiterhin ein aktiver und zukunftsorientierter Begleiter der Entwicklungen in den globalen, europäischen und deutschen Energiemärkten sein.
Weitere Informationen unter: www.ewi.uni-koeln.de