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Energie und Klimaschutz vernetzt und global denken
„Ein globaler Markt für grüne Moleküle ist zwingend erforderlich, ebenso gute Investitionsbedingungen.”
Anfang November fand die erste Green Fuels Import Conference in Berlin statt – gemeinsam veranstaltet vom en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie e. V. und dem Weltenenergierat - Deutschland. Prof. Dr.-Ing. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer en2x, reflektiert in einem Gastbeitrag für die Leser von THEMEN!magazin Kernbotschaften der Konferenz.
Woher kommt unsere Energie von morgen? Neben der Stromwende braucht Deutschland auch rasch eine Molekülwende, um die Klimaziele erreichen zu können: Ein globaler Markt für grüne Moleküle ist zwingend erforderlich. Dies ist die zentrale Botschaft unserer ersten Green Fuels Import Conference in Berlin.
Bedarf an „grünen Molekülen“ wird unterschätzt
Deutschland führt heute rund 70 Prozent der genutzten Energie ein, überwiegend aus fossilen Quellen. Lediglich 20 Prozent unseres Energieverbrauchs werden durch Strom gedeckt, 80 Prozent durch Moleküle. Bereits diese Zahlen lassen erkennen, dass sich die Klimaziele hierzulande nicht allein durch heimische Wind- und Solaranlagen erreichen lassen. Deutschland wird trotz Effizienzsteigerung und Elektrifizierung langfristig große Mengen von CO2 -neutralem Wasserstoff und daraus gewonnenen Kohlenwasserstoffen benötigen, um Klimaneutralität in Industrie, in der Mobilität und im Wärme- und Stromsektor erreichen zu können.
Grüne Moleküle und Klimaziele
Grüne Moleküle sind somit eine notwendige Ergänzung zur Elektrifizierung vieler Anwendungen. Sie stehen nicht in Konkurrenz zu einer sinnvollen Elektrifizierung, sondern sind zwingend erforderlich zum Erreichen der Klimaziele sowie für eine sichere Energieversorgung. Jedoch wird der Bedarf und die Rolle von CO2 -neutralem Wasserstoff und seinen Derivaten – und in der Folge die Notwendigkeit von entsprechenden Energieimporten – bisher immer noch massiv unterschätzt.
Deutschland bleibt Energieimportland: Einfuhr von Wasserstoff notwendig
Viele Studien gehen davon aus, dass der überwiegende Anteil des Wasserstoffbedarfs künftig importiert werden muss, da erneuerbarer Strom in Deutschland auf absehbare Zeit ein knappes Gut bleiben wird. Zudem zeichnet sich ab, dass die Strombereitstellungskosten in Deutschland höher als in anderen Weltregionen liegen werden. Die Bundesregierung sollte vor diesem Hintergrund – parallel zum Aufbau der inländischen Wasserstoffproduktion samt Verteilnetz – ihre Wasserstoff-Importstrategie zügig weiterentwickeln und massiv ausbauen. Als klimaschonende Optionen bieten Wasserstoff und dessen Folgeprodukte wie Ammoniak, Methanol oder synthetisches Rohöl die beste Möglichkeit, erneuerbare Energie aus Ländern der Sonnen- und Windgürtel der Erde einzuführen. Klimapolitische und wirtschaftliche Entwicklungsziele lassen sich so global in Übereinstimmung bringen. Denn auch den Erzeugerländern bieten sich dadurch neue Perspektiven. Der Import von CO2 -neutralem Wasserstoff und seinen Folgeprodukten wird somit künftig eine entscheidende Rolle spielen, um die Klimaziele erreichen zu können. Umso wichtiger sind nun der Aufbau eines globalen Marktes und der Aufbau großer Produktionskapazitäten in Ländern, die für Wind- und Sonnenstrom günstige Voraussetzungen bieten. Doch ist Europa überhaupt schon bereit für den Import von klimaschonender flüssiger Energie? Noch bestehen große Handelshemmnisse, bedingt durch die regulatorischen Unklarheiten und Divergenzen insbesondere in der Anerkennung von „grünem“ bzw. CO2 –armen Wasserstoffderivaten auf EU- und nationaler Ebene. Zu den Rahmenbedingungen, die bei der Entwicklung eines globalen Marktes für grüne Moleküle eine wichtige Rolle spielen, gehören auch transparente, nachvollziehbare Zertifizierungen.
Aufbau internationaler Energiepartnerschaften
Deutlich wurde in Berlin auch: Bei den verschiedenen Rohstoffen und Energieträgern geht es um ein „Sowohl-als-auch“, nicht um ein „Entweder-oder“. Für den notwendigen Import von Wasserstoff und seiner Folgeprodukte sind jetzt die Infrastrukturen und Anlagen aufzubauen. Auch künftiger Bedarf an klimaneutral verwendetem Kohlenstoff muss berücksichtigt werden. Dies erfordert die Ergänzung der Nationalen Wasserstoffstrategie durch eine umfassende Nationale Kohlenstoffstrategie. Die Anbindung von Raffinerien an die neu zu errichtenden Wasserstoff- und CO2 - Netze sind weitere Bausteine der anstehenden „Molekülwende“. Im Verlauf der Konferenz wurde immer wieder betont, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik sowie der Aufbau internationaler Energiepartnerschaften bedeutende Grundsteine beim Aufbau eines globalen Marktes sind. Dabei sind neben klimatischen, ökonomischen und rechtsstaatlichen Gegebenheiten insbesondere auch langfristige außen-, sicherheits- und entwicklungspolitische Aspekte zu beachten. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern muss besonders den normativen und technologischen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards als Voraussetzung für international anerkannte und zuverlässige Lieferketten gerecht werden.
Die Zeit läuft – Politik ist gefordert
Das Fazit ist klar: Deutschland wird auch in Zukunft Energieimportland bleiben und grüne Moleküle werden einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten. Notwendig ist der daher der Aufbau großer Produktionskapazitäten – nicht nur, doch vor allem in Ländern, die dafür besonders günstige Voraussetzungen bieten. Die Technologien sind vorhanden, die eigentliche Herausforderung sind nun Investitionen, Skalierung und Markthochlauf. Eine sektorenübergreifende Absatzstrategie von alternativen Fuels und chemischen Vorprodukten ist dabei eine wesentliche Voraussetzung für deren ökonomischen Erfolg. Gefordert sind mehr Pragmatismus in der Politik auf europäischer und nationaler Ebene – und auch mehr Tempo. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik sowie der Aufbau internationaler Energiepartnerschaften sind Grundbedingungen beim Aufbau eines globalen Marktes. Denn die notwendigen Kapazitäten müssen rasch aufgebaut werden. Derzeit bleiben die erforderlichen finalen Investitionsentscheidungen gerade bei Wasserstoff- und PtX-Projekten zu häufig aus, da sich aus den regulatorischen Vorgaben und den aktuellen Förderinstrumenten noch keine stabilen Geschäftsmodelle ableiten lassen. Die Regulatorik und die entscheidende Frage, wie ein rascher Marktaufbau für „grüne Moleküle“ am ehesten gelingen kann, verlangt nach schnellen politischen Entscheidungen.
Weitere Informationen unter: www.en2x.de